Ulli Brendel, Greenpeace - Mitarbeiterin in Hamburg, weiß aber auch, dass die Kleinbauern in den bolivianischen Anden meist nur für den eigenen Gebrauch Lebensmittel produzieren können- und auch das nur in Maßen. Die Kartoffel ist ihr Hauptnahrungsmittel. Sie gedeiht auch in dem trockenen, sandigen Boden des Hochlands. Geld zum Kauf von anderen Lebensmitteln oder Dünger haben die Familien nicht. Als die "Gringos" der Umweltorganisation "world neighbours" sagten, sie sollten einen Teil ihrer Bohnen- und Erbsenernte als Dünger auf die Felder streuen, machten die Bauern nicht mit. Denn: sie verehren ihre "Pachamama": die Mutter Erde. Und die hatte ihnen die Ernte doch geschenkt. In 3000 - 4000 Metern Höhe fanden sie eine Alternative: Tarwi, eine Lupinenart, deren Bohnen sehr scharf und deshalb für den Verzehr kaum geeignet sind. Wie Lupinen, die wie Klee oder Wicken zu den Schmetterlingsblütlern gehören, als grüner Dünger funktionieren, erklärt Dr. Karl-Heinz Linne von Berg, Botaniker an der Uni Köln:
Es ist bekannt, dass man mit einer ganzen Reihe von Schmetterlingsblütlern Grün-Düngungen machen kann. Und zwar liegt das daran, dass die Wurzeln der Schmetterlingsblütler eine Symbiose mit Bakterien eingehen und diese Bakterien sind in der Lage, aus Luftstickstoff pflanzenverwertbaren Stickstoff zu erzeugen, in Form von Amonium. Also, man kann sagen, dass Schmetterlingsblütler kleine Stickstofffabriken sind, weil sie sich diese stickstofffixierenden Bakterien einverleibt haben.
Was unter Biologen als Allgemeinwissen gilt, sichert den bolivianischen Kleinbauern mehr als regelmäßige Mahlzeiten: der grüne Dünger schützt auch ihren kargen Anbauflächen. Ulli Brendel:
Die Kartoffelernte wurde teilweise verdoppelt, hat sich aber auch manchmal verdreifacht. Für den Boden sind natürlich Lupinen, organischer Dünger, gesünder als die Ausbringung von chemischen Düngemitteln. Chemische Düngemittel haben in der Vergangenheit, oder tun es auch noch immer, vielerorts die Böden zerstört und das Grundwasser verseucht. Lupinen im Gegenteil, halten den Boden gesund und dadurch natürlich auch ertragsfähig.
Mit pflanzlichem Dünger, der wie Unkraut in der direkten Umgebung wächst, die Ernte verdoppelt und den Boden auch für nachfolgende Generationen fruchtbar hält, sind die Anforderungen an nachhaltige Landwirtschaft eigentlich erfüllt. Für Greenpeace und Brot für die Welt ist aber auch die soziale Sicherung der Bauern wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Agrarpolitik, so auch in diesem Projekt:
Die Lupinen waren natürlich eine Art, die Kartoffelernte zu steigern, aber das Projekt ist natürlich viel komplexer. Was world neighbours auch unterstützt, ist die Fortbildung der Bauern, die Schulung der Bauern: Bauern neue landwirtschaftliche Methoden beizubringen, um auch die Bauern zu trainieren, ihr Wissen an die Nachbarn in der umliegenden Umgebung weiter zu geben. Außerdem ist von grosser Bedeutung, wieder eine Vielzahl von Kartoffelsorten anzubauen. Anstatt sich auf eine Kartoffel zu konzentrieren, werden Experimente, auf Versuchsfeldern mit vielen verschiedenen regionalen Kartoffelsorten probiert, um für jede Region, für jedes Gebiet, für jeden Boden die ideale Kartoffelsorte zu züchten.
Saatgut von sogenannten Hochertragssorten können sich diese Bauern nicht leisten und ist auch meist für ihre kargen Böden ungeeignet. Aus diesen Gründen wird auch die "grüne Gentechnik" hier nicht fruchten. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass die Klein-Bauern Methoden finden, die genau auf ihre Bedingungen zu geschnitten sind. Denn die einzige Alternative ist meist: Abwanderung in die Städte und bittere Armut.