Noch immer sind die Zufahrtswege zum Unglücksort gesperrt, um Platz zu machen für die Rettungsfahrzeuge. In Giampilieri, dem am schlimmsten betroffenen Ort versucht der Mechaniker Francesco Dutzende von Autos wieder in Gang zu bringen, die aus dem meterhohen Gemisch aus Wasser und dunkelbrauner Erde geborgen wurden. Das hätte alles nicht passieren dürfen, meint er: Denn schon vor zwei Jahren stürzten Teile des Berges bei heftigen Regenfällen zu Tal.
"Klar ist da was schiefgelaufen. Die drohende Gefahr war allgemein bekannt. Aber damals gab es keine Tote und so hat niemand etwas unternommen, um der Gefahr vorzubeugen. Sie wollten den Berg aufforsten, aber daraus ist nichts geworden."
Darin sind sich alle einig: Die jahrzehntelange Naturzerstörung durch absichtlich gelegte Waldbrände, die wilde Bebauung, aber auch das sich verändernde Klima sind die wesentlichen Ursachen dessen, was in Italien "dissesto idrogeologico" genannt wird: Erdrutsche, Schlammlawinen, Erdbeben Überschwemmungen. Das letzte große Unglück ähnlich jenem von Messina ereignete sich am 5. Mai 1998 in Sarno südlich von Neapel. Damals stürzten nach starken Regenfällen ebenfalls gewaltige Erdmassen zu Tal und begruben 161 Menschen unter sich. Schicksal, nicht Schuld, meint der Signor Carmelo Rigano aus Catania, der 50 Kilometer weiter hergefahren ist, um bei einem verbotenen Halt von der Autobahnbrücke oberhalb von Giampilieri den Aufräumungsarbeiten zuzusehen.
"Das ist mein Geburtsort. So etwas wie dieses jüngste Unwetter hat es vorher noch nie gegeben. Mal kleinere Erdrutsche, aber nie etwas so Schlimmes. Um das zu verhindern, müsste man oben in den Bergen die Bäche verbauen."
Mangelnde Aufforstung, fehlende Staumauern und dazu Schwarzbauten an gefährdeten Stellen – wer hat Schuld daran?
"In Sizilien, wie überhaupt im ganzen Süden Italiens sieht man Politiker nur, wenn sie gewählt werden wollen. Wenn jetzt jemand überhaupt noch etwas tun kann, dann ist es Berlusconi. Alle anderen Politiker haben sich nie um diese Probleme gekümmert."
Berlusconi besah sich die Lage am letzten Sonntagmorgen und versprach rasche und umfassende Hilfe. Zum Beispiel ein neues Zuhause für die etwa 400 Obdachlosen. Mit allem Komfort und an sicherer Stelle. Zu ihnen gehört der 12-jährige Claudio, der in seinem schlammverspritzten T-Shirt vor einem Zelt des Roten Kreuzes steht, umtost vom Lärm der Aufräumungsarbeiten. Immer wieder kommt ihm die Erinnerung:
"Es war um zehn abends. Meine Mutter und ich, wir waren in der Küche, mein Vater hielt sich im Obergeschoss auf und mein Bruder war im Bad. Meine Mutter sagte mir noch, ich solle Kerzen holen, falls der Strom ausfallen würde. Und da ist das Küchenfenster regelrecht explodiert. Ich konnte noch schnell davonrennen, aber meine Mutter hat es nicht mehr geschafft. Sie ist tot. Der Schlamm hat die Wand eingedrückt und dann ist die Decke eingestürzt und hat meine Mutter begraben, die saß auf dem Sofa."
Claudio ist noch zu klein, um das ganze Ausmaß der Tragödie zu erfassen. Das Chaos lenkt ihn ab von der Frage, was jetzt werden soll, ohne seine Mutter und ohne ein Dach über dem Kopf.
"Ich werde da nicht mehr wohnen. Wir können nicht mehr zurück."
Die Leiche von Claudios Mutter wurde inzwischen geborgen, sie wird heute beigesetzt. Claudios Nachbar ist der Automechaniker Francesco. Sein Haus blieb wie durch ein Wunder unversehrt. Francesco zieht das traurige Fazit:
"Keiner kümmerte sich bisher um uns. Aber jetzt, wo so viele Menschen gestorben sind, werden sie natürlich etwas unternehmen. Es ist immer das Gleiche: Erst wenn Menschen sterben, geschieht etwas zu ihrem Schutz."
"Klar ist da was schiefgelaufen. Die drohende Gefahr war allgemein bekannt. Aber damals gab es keine Tote und so hat niemand etwas unternommen, um der Gefahr vorzubeugen. Sie wollten den Berg aufforsten, aber daraus ist nichts geworden."
Darin sind sich alle einig: Die jahrzehntelange Naturzerstörung durch absichtlich gelegte Waldbrände, die wilde Bebauung, aber auch das sich verändernde Klima sind die wesentlichen Ursachen dessen, was in Italien "dissesto idrogeologico" genannt wird: Erdrutsche, Schlammlawinen, Erdbeben Überschwemmungen. Das letzte große Unglück ähnlich jenem von Messina ereignete sich am 5. Mai 1998 in Sarno südlich von Neapel. Damals stürzten nach starken Regenfällen ebenfalls gewaltige Erdmassen zu Tal und begruben 161 Menschen unter sich. Schicksal, nicht Schuld, meint der Signor Carmelo Rigano aus Catania, der 50 Kilometer weiter hergefahren ist, um bei einem verbotenen Halt von der Autobahnbrücke oberhalb von Giampilieri den Aufräumungsarbeiten zuzusehen.
"Das ist mein Geburtsort. So etwas wie dieses jüngste Unwetter hat es vorher noch nie gegeben. Mal kleinere Erdrutsche, aber nie etwas so Schlimmes. Um das zu verhindern, müsste man oben in den Bergen die Bäche verbauen."
Mangelnde Aufforstung, fehlende Staumauern und dazu Schwarzbauten an gefährdeten Stellen – wer hat Schuld daran?
"In Sizilien, wie überhaupt im ganzen Süden Italiens sieht man Politiker nur, wenn sie gewählt werden wollen. Wenn jetzt jemand überhaupt noch etwas tun kann, dann ist es Berlusconi. Alle anderen Politiker haben sich nie um diese Probleme gekümmert."
Berlusconi besah sich die Lage am letzten Sonntagmorgen und versprach rasche und umfassende Hilfe. Zum Beispiel ein neues Zuhause für die etwa 400 Obdachlosen. Mit allem Komfort und an sicherer Stelle. Zu ihnen gehört der 12-jährige Claudio, der in seinem schlammverspritzten T-Shirt vor einem Zelt des Roten Kreuzes steht, umtost vom Lärm der Aufräumungsarbeiten. Immer wieder kommt ihm die Erinnerung:
"Es war um zehn abends. Meine Mutter und ich, wir waren in der Küche, mein Vater hielt sich im Obergeschoss auf und mein Bruder war im Bad. Meine Mutter sagte mir noch, ich solle Kerzen holen, falls der Strom ausfallen würde. Und da ist das Küchenfenster regelrecht explodiert. Ich konnte noch schnell davonrennen, aber meine Mutter hat es nicht mehr geschafft. Sie ist tot. Der Schlamm hat die Wand eingedrückt und dann ist die Decke eingestürzt und hat meine Mutter begraben, die saß auf dem Sofa."
Claudio ist noch zu klein, um das ganze Ausmaß der Tragödie zu erfassen. Das Chaos lenkt ihn ab von der Frage, was jetzt werden soll, ohne seine Mutter und ohne ein Dach über dem Kopf.
"Ich werde da nicht mehr wohnen. Wir können nicht mehr zurück."
Die Leiche von Claudios Mutter wurde inzwischen geborgen, sie wird heute beigesetzt. Claudios Nachbar ist der Automechaniker Francesco. Sein Haus blieb wie durch ein Wunder unversehrt. Francesco zieht das traurige Fazit:
"Keiner kümmerte sich bisher um uns. Aber jetzt, wo so viele Menschen gestorben sind, werden sie natürlich etwas unternehmen. Es ist immer das Gleiche: Erst wenn Menschen sterben, geschieht etwas zu ihrem Schutz."