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Kate und William in guten und in schlechten Zeiten

Am 29. April heiraten Prinz William und Kate Middleton in London. Rund eine Milliarde Menschen wollen die Traumhochzeit live im Fernsehen verfolgen. Sogar für die Gegner der Monarchie soll sich die königliche Hochzeit in barer Münze auszahlen.

Von Ruth Rach | 26.04.2011
    Sarah und Natalie Stone, Besitzerinnen einer Geschenkboutique in Süd-London, sind überzeugte Republikanerinnen. Eigentlich wollten sie ihr Schaufenster auch dieses Jahr wieder mit Osterhasen schmücken. Aber dann entschieden sie sich – unter dem Druck der Konkurrenz - doch lieber für Souvenirs zur königlichen Hochzeit:

    "Die Sachen werden von allen möglichen Leuten gekauft, Gedenktassen, Teller, Handtücher, Wimpel. Sie gehen weg wie warme Semmeln. Und unser heiβer Renner: unsere Wimpel. Die sind total ausverkauft."
    Irgendwie seltsam, finden die zwei Schwestern: denn von Hochzeits-Vorfreude spüren sie sonst wenig. In ihrer Nachbarschaft sei kein einziges Straβenfest geplant. Ganz im Gegenteil: Ihre Bekannten wollten das lange Wochenende lieber für einen Kurzurlaub auf dem Kontinent nutzen.

    Auch bei einer Gruppe von Teenagern hält sich die Begeisterung sehr in Grenzen. Zum Beispiel bei dem 15 Jahre alten Joe:

    "Ich werd mir die Hochzeit nicht anschauen. Für die Queen und die Prinzen habe ich gar nichts übrig."

    Und wenn es kein Königshaus mehr gäbe?

    "Nothing, wouldn't be no different.”"

    Das wäre Cheryl, 16, völlig egal. Auf ihr Leben hätte das keinen Einfluss.

    Nur Mac, 17, freut sich auf den 29. April.

    ""Ich bin happy, weil ich einen extra Tag schulfrei bekomme."

    Bei der Frage "Monarchie ja oder nein" muss er allerdings passen. Das Fremdwort versteht er nicht.

    "Ach so, Prinzen und Könige - die spielen höchstens in der Geschichte eine Rolle. Aber nicht für uns."

    Eine ähnliche Haltung brachten schon die Sex Pistols auf den Punkt. Die Punk Rocker wurden verhaftetet, als sie die englische Nationalhymne vor über 30 Jahren mit ihrer eigenen Version verspotteten. Ihr Refrain: "no future" wurde zum Credo für eine ganze Generation. Und die heutigen Teenager? Der Journalist Ben Choo:

    "Sie sehen eine rigide Gesellschaftsstruktur, die ihnen keine Chancen gibt, sozial aufzusteigen und voranzukommen. Sie haben keine Lust, sich ernsthaft auf eine Diskussion über die britische Monarchie einzulassen und sehen sie bestenfalls als eine unterhaltsame Seifenoper."

    Und die Stimmung in der Gesamtbevölkerung? – Ist unklar: Eine Umfrage von YouGov ergab: Nur 13 Prozent der Briten finden, die Monarchie sollte nach der Regentschaft von Königin Elisabeth der Zweiten abgeschafft werden. Hingegen erklärte die anti-monarchistische Kampagne 'Republic', ihre Mitgliederzahlen seien innerhalb der letzten vier Monate um 50 Prozent gestiegen. Und das Meinungsforschungsinstitut ICM kommt zu dem Schluss, 79 Prozent der Briten hätten schlichtweg kein Interesse an der Monarchie. Wie dem auch sei, der Hype in den britischen Medien ist umso gröβer. Monarchie ja oder nein? Die Diskussionen bewegen sich in bekannten Bahnen.

    "Angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Zersplitterung sind die Argumente für eine kontinuierliche und einheitsstiftende Institution wie das Königshaus zwingender denn je."

    ... sagt der Royalist Barry Twigg in einer Rundfunkdiskussion mit Hörerbeteiligung.

    Und was wäre denn die Alternative, fragen besorgte Anrufer: Präsidentin Thatcher etwa oder Präsident Blair? Ein Monarch werde wenigstens von klein an auf seine Rolle vorbereitet. Auβerdem habe das Königshaus finanzielle Sicherheit und sei weniger versucht, sich korrumpieren zu lassen. Eine Anspielung auf den jüngsten Spesenskandal, in den zahlreiche britische Parlamentarier verwickelt wurden.

    "Wie können wir anderen Ländern Demokratie aufzwingen, wenn wir selbst, mit der Queen, kein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt haben?"

    ... fragen hingegen die republikanisch eingestellten Hörer. Auch das Argument, die Monarchie würde den Tourismus fördern, lassen sie nicht gelten: schlieβlich sei das Schloss Versailles eine mindestens genauso groβe Attraktion, obwohl die französischen Monarchen geköpft wurden. Mikey Ross – ein Gärtner aus Südlondon – sagt dazu:

    "Was immer die Königsfamilie repräsentiert, sie ist eine teure Irrelevanz."

    Mikey sieht überhaupt nicht ein, warum er für irgendjemanden den Untertan spielen soll. Sein Blumenladen wird für Sarah und Natalie Stones Boutique sicher keine Konkurrenz darstellen. Erst vor ein paar Tagen hat ihm ein Vertreter supergünstige Hochzeitsdevotionalien angeboten. Aber Mikey will von Prinz William und Kate Middleton - selbst in Form von zwei niedlichen Gartenzwergen - nichts wissen.

    Links auf dradio.de:

    Monarchie "wirkt sehr stabil für unsere Demokratie" - Britischer Politologe freut sich auf Jahrhunderthochzeit