Der verbindliche Text mit dem Titel "Fiducia supplicans" trägt die Unterschrift des Präfekten der Glaubensbehörde, Kardinal Fernandez, und wurde von Papst Franziskus ausdrücklich genehmigt. Zur Begründung sagte Fernandez, die Kirche habe ihr Verständnis von dem, was ein Segen sei, im Licht der seelsorgerischen Ideale von Papst Franziskus erweitert und angereichert.
Klare Abgrenzung von der Ehe
In der Erklärung wird allerdings betont, dass bei einer solchen Segnung eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden muss. So dürfe die Segnung keine Elemente enthalten, die auch nur im Entferntesten einem Hochzeitsritus ähneln. Auch wird in dem Dokument weiter die geltende Ablehnung homosexueller Ehen betont. So wird bekräftigt, dass die Ehe ein lebenslanges Sakrament zwischen Mann und Frau sei. "Paare in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare" könnten gesegnet werden, "ohne deren Status offiziell zu konvalidieren oder die beständige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu verändern", heißt es konkret.
Der Vatikan hatte eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare bis vor kurzem noch ausgeschlossen. Franziskus hatte allerdings bereits zu Beginn seines Pontifikats 2013 gesagt: "Wenn jemand homosexuell ist und guten Willens nach Gott sucht, wer bin ich, darüber zu urteilen?"
"Längst überfälliges Signal"
Die Entscheidung des Vatikans stößt hierzulande auf Zustimmung. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stetter-Karp, sagte dem Domradio in Köln, sie habe das nicht für möglich gehalten und jubele jetzt mit vielen. Katholisch sein heiße in diesen Zeiten, auch mit Veränderung zu rechnen, betonte Stetter-Karp. Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare sind eine wichtige Forderung des deutschen Reformprozesses Synodaler Weg. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bätzing, betonte, die Praxis der Kirche kenne eine Vielzahl von Segensformen. Es sei gut, dass nun dieser Schatz für die Vielfalt von Lebensmodellen gehoben werde.
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Lehmann (Grüne), bezeichnete die Entscheidung des Vatikan als ein "längst überfälliges Signal". Damit erhielten auch in Deutschland all diejenigen Rückendeckung, die gleichgeschlechtliche Paare segnen wollten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Es gibt keine Liebe erster und zweiter Klasse. Es gibt nur Liebe." Eine kirchliche Unterscheidung in reguläre und irreguläre Partnerschaften, wie sie der Vatikan vornehme, sei aber weiterhin diskriminierend, betonte Lehmann.
"Nur ein erster Schritt"
Der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, dies sei ein erster Schritt, aber die Arbeit gehe weiter. Denn die Kirche habe gerade Homosexuelle über die Jahre mit ihrer harten Haltung vor den Kopf gestoßen. Nun gehe es darum, diese Menschen wieder zurückzugewinnen und ihr Vertrauen zu bekommen.
Der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, wertete die Erlaubnis zur Segnung homosexueller Paare als wichtigen Schritt der Weltkirche. Er sei dankbar für die überraschend vom Vatikan veröffentlichte Erlaubnis und verstehe sie als Ermutigung, die Seelsorge für queere Menschen im Sinne von Papst Franziskus weiter zu fördern. Timmerevers erläuterte, die Grundsatzerklärung aus Rom versuche einen pastoralen Balanceakt, der zum einen die Lehre der christlichen Ehe nicht vernachlässige und zum anderen den Wert der Beziehungen von Menschen auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen hebe. Der Text nehme realistisch in den Blick, dass Menschen segensbedürftig seien: "Segen wird nicht mehr darüber konditioniert, ob jemand allen moralischen Idealen gleichermaßen entspricht."
Diese Nachricht wurde am 18.12.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.