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Katholische Kirche
Der Männerkirche auf den Wecker fallen

Am Sonntag endet die Jugendsynode im Vatikan. Drei Wochen lang wurde über Reformen diskutiert, die sich junge Leute wünschen. Ein wichtiges Thema: Die Gleichberechtigung von Frauen, auch in Weiheämtern. Franziskus selbst hatte die Möglichkeit von Diakoninnen ins Spiel gebracht. Doch das ist lange her.

Von Thomas Migge | 26.10.2018
    Frauen in der katholischen Kirche - es gibt kleine Schritte nach vorne
    Papst Franziskus machte Frauen Hoffnungen auf das Diakoninnen-Amt, doch bisher blieb es bei Ankündigungen. (picture-alliance / dpa / Riccardo De Luca)
    Ein Gottesdienst. In Teheran, im Iran also. In einer christlichen Kirche. In der armenisch-apostolischen Kathedrale des Heiligen Georg. Erzbischof Sebouh Sarkissian weiht Ani-Kristi Manvelian. Das ist kein männlicher Name. Die 24jährige Ani-Kristi ist eine Frau. Keine Ordensfrau, sondern eine praktizierende armenische Christin, die Anfang dieses Jahres in der Kathedrale zur Diakonin geweiht wurde. Und das, obwohl es in der armenisch-apostolischen Kirche offiziell noch kein weibliches Diakonat gibt.
    Erzbischof Sebouh Sarkissian:"Wir müssen uns erneuern. Das ist notwendig, um die Dinge unserer Realität im richtigen Licht zu sehen."
    Kritiker in den eigenen Reihen, und auch aus der römisch-katholischen Kirche, weist der armenisch-apostolische Erzbischof darauf hin, dass seine Entscheidung in der Tradition der christlichen Kirche stehe. Wer das nicht erkenne, so der Erzbischof, kenne die Kirchengeschichte nicht. Mit seiner Entscheidung, eine erste Diakonin zu weihen, ist der Erzbischof in Teheran schon einen gewaltigen Schritt weiter als der Papst in Rom.
    "Der Papst lehnt sich weit aus dem Fenster"
    Auch in anderen Ostkirchen wird das Thema Diakoninnen diskutiert. Im November 2016 entschied die Synode des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Alexandria in Ägypten die Wiedereinführung des Instituts der Diakonin. Auch hier mit dem Verweis auf die Präsenz weiblicher Diakone in der frühen christlichen Kirchengeschichte.
    2016 nahm sich auch Papst Franziskus dieses Themas an, denn, so die Kirchenhistorikerin Lucetta Scaraffia, die für die Frauenbeilage der Papstzeitung "Osservatore Romano" zuständig ist, er konnte ja gar nicht anders. Der Druck von weiblicher Seite für die Wiedereinführung des weiblichen Diakonats in seiner Kirche werde stärker:
    "Es war das erste Mal, dass der Papst, das war 2016 während des jährlichen Treffens der Repräsentantinnen katholischer Frauenorden in Rom, direkt aufgefordert wurde, das weibliche Diakonat wieder einzuführen. Franziskus weiß sehr genau, dass die Frauen in der Kirche, Ordensfrauen wie auch Laien, auf diesem Thema bestehen und sich nicht mit schönen Worten zufriedengeben. Mit seinem Vorstoß, der Einrichtung einer Kommission zur Wiedereinführung des Diakonats für Frauen, lehnte er sich weit aus dem Fenster. Hoffen wir das Beste".
    Ihre Hoffnung auf eine baldige Wende zum Thema Frauendiakonat hat Kirchenhistorikerin Scaraffia inzwischen aber aufgegeben. Sie hat den Eindruck, dass die Arbeit dieser Kommission im Sande verläuft, ohne handfeste Resultate. Und dass Franziskus gegenüber den konservativen Kräften in seiner Kirche klein beigibt. Jenen Kräften, so die Kirchenhistorikerin, die im Frauendiakonat den ersten Schritt zur Einführung des weiblichen Priestertums sehen:
    "Die Kirche ist weiblich"
    "Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun! Es handelt sich hier um die seit langem ausstehende offizielle Anerkennung all dessen, was Frauen heute in der Kirche tun. Wir haben doch auch in Italien viele Frauen, die die Arbeit von Diakoninnen erledigen, aber in dieser Rolle offiziell komplett ignoriert werden. Ignoriert werden, weil sie Frauen sind."
    Frauen hegten nach der Amtsübernahme des Argentiniers große Hoffnungen auf eine neue Rolle in ihrer Kirche.
    Franziskus sagte: "Wir müssen Mittel und Wege finden, damit Frauen sich nicht mehr nur als Gäste in der Kirche fühlen, sondern als gleichberechtigte Mitglieder in allen sozialen und kirchlichen Bereichen unserer Gemeinschaft. Die Kirche ist weiblich!"
    Große Worte von Anfang 2015, auf die allerdings nichts folgte.
    Bereits 2003 hat sich die Internationale Theologische Kommission des Vatikans mit der Rolle von Diakonen und Diakoninnen in der Kirchengeschichte befasst. Ihrem Schlussbericht zufolge gab es Diakoninnen (im Text werden sie "Diakonissen" genannt) vom 3. Jahrhundert an, allerdings nur in einigen Teilen der Kirche, vor allem in Syrien und Konstantinopel. Sie seien vor allem damit betraut gewesen, Frauen auf die Taufe vorzubereiten und Kranke zu besuchen. Selbst taufen durften sie nicht, auch in der Eucharistie spielten sie, anders als Diakone, keine Rolle. Der Bericht legt Wert auf die Feststellung, dass es in der Westkirche keine Diakoninnen gab.
    Ob die päpstliche Kommission zu anderen Ergebnissen kommt oder andere Schlüsse aus den bekannten historischen Befunden zieht, ist fraglich. Monsignor Angelo Becciu aus dem vatikanischen Staatssekretariat zum Beispiel erklärte im vergangenen Jahr in einem Interview, dass der Papst sehr überrascht gewesen sei über das große Aufsehen, dass die Schaffung dieser Kommission erregt habe. Man solle sich aber hüten, so der Vertraute des Pontifex, daraus voreilige Schlüsse zu ziehen.
    Auf den Wecker fallen
    Der Papst äußerte sich nicht zu dieser Äußerung seines engen Mitarbeiters.
    Wie schon bei anderen für seine Kirche erstaunlichen Vorstößen, meint Kirchenhistorikerin Lucetta Scaraffia, beschränke er sich darauf, Reformen anzuregen, Diskussionen anzustoßen, die dann aber zu nichts führten. Die Frauen der katholischen Kirche, so ihr Fazit nach all den Hoffnungen und Frustrationen der vergangenen Jahre, müssten lautstark aufbegehren - gegen die chronische Immer-noch-und-immer-wieder-Dominanz der männlichen Kirche:
    "Die Frauen müssen von sich aus tätig werden. Sie müssen systematisch darauf bestehen, an allen Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Irgendwann wird der Papst nicht mehr umhinkommen, das weibliche Diakonat einzuführen. Bei jedem Treffen in der Kirche, nicht nur bei Synoden, müssen die Frauen darauf bestehen, dass dort auch endlich Frauen teilnehmen. Ohne der männlichen Kirche permanent auf den Wecker zu fallen, erreichen wir nichts."