
Die Theologin Helene Eißen-Daub sagte dem Evangelischen Pressedienst, Einsamkeit sei ein Tabuthema und werde oft nur zufällig entdeckt, etwa wenn Kirchenmitarbeiter zu einem Geburtstag gratulierten. Kaum ein Mensch gebe zu, dass er einsam sei. Vor allem die ältere Generation habe verinnerlicht, sich selbst und ihre Bedürfnisse nicht so wichtig zu nehmen, führte die Pastorin, die in Hannover für den kirchlichen Besuchsdienst zuständig ist, aus.
Der Leiter der psychotherapeutischen Beratungsstellen des Deutschen Studierendenwerkes, Reinhard Mack, betonte allerdings, dass unter diesem Gefühl auch junge Menschen litten. Der Eindruck in seinem Haus sei, dass Studierende weniger aufeinander bezogen seien und sich mehr zurückzögen, erklärte er. Der Wunsch nach Einzelappartements in den Wohnheimen nehme zu - die Bereitschaft, sich in Wohngemeinschaften zu engagieren, dagegen ab. Der Vergleich mit anderen durch die Sozialen Medien verstärke das Problem, meinte er. Viele glaubten, angesichts von Kommilitonen, die vermeintlich toller lebten, besser im Studium und überall beliebt seien, nicht mithalten zu können und wählten den Rückzug.
Laut dem "Kompetenznetz Einsamkeit", das vor rund einem Jahr gegründet wurde und vom Bundesfamilienministerium im Rahmen einer "Strategie gegen Einsamkeit" gefördert wird, sind Menschen in Übergangssituationen besondersgefährdet- etwa dem Einstieg in Ausbildung oder Rente. Ferner leiden demnach Singles, Alleinerziehende, Migranten sowie arme, kranke und sehr alte Menschen häufiger unter Einsamkeit als andere. Die Expertin für Alter und Einsamkeit beim Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt am Main, Yvonne Wilke, warnt, soziale Isolation wirke sich negativer auf die Gesundheit aus als Rauchen, Alkohol und Fettleibigkeit.
Wissenschaftler definieren Einsamkeit als wahrgenommene Diskrepanz zwischen gewünschten und tatsächlichen sozialen Beziehungen.
Diese Nachricht wurde am 25.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.