Archiv


"Keep cool"

Versteppung in Kasachstan.

Von Joachim Budde |
    Seyhan und Sandra haben eine Treibhauskarte mit einer Wüste gezogen. Den Ländern der ehemaligen Sowjetunion drohen Kosten, wenn Kasachstan versteppt. Insgesamt zwölf Schülerinnen und Schüler der Bonner Hardtberg-Realschule sitzen um das Spielfeld herum, eine Weltkarte. Die Neuntklässler testen das Spiel Keep Cool, entwickelt vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Schwarze und grüne Holzklötzchen stehen für Fabriken. Rote repräsentieren Schutzmaßnahmen gegen Klimakatastrophen, etwa höhere Deiche. Das wichtigste Spiel-Element aber steht neben dem Spielfeld: Das Karbometer. Gerhard Petschel-Held, einer der Autoren des Spiels, erklärt dessen Funktion:

    Auf diesem Karbometer ist letztlich kombiniert dargestellt die Welttemperatur einerseits, aber andererseits auch die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre, und auf diesen Holzstab sind zu Beginn des Spiels eine ganze Reihe von Unterlegscheiben, die wir als Kohlechips bezeichnen, aufgefüllt.

    Das Karbometer zeigt an, wie es um das Klima steht. Je weniger Kohlechips, desto höher die Wahrscheinlichkeit für Klimakatastrophen:

    Bitte keine Vier!

    Die Schüler würfeln aus, ob es Probleme in Kasachstan gibt; dieses Mal geht es gut:

    Ihr müsst aber nix bezahlen.

    Jetzt beziehen sie Einkommen aus ihren Fabriken. Schwarze Fabriken basieren auf fossilen Brennstoffen und belasten das Karbometer, grüne sind neue Technologien, also ohne Einfluss auf den Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre. Tobias und Thomas wollen expandieren:

    Wir bauen jetzt erst mal zwei schwarze Fabriken.

    Oh nein, das geht aufs Weltklima!

    Das ist mir doch egal.

    Nein. Tobi, das geht aufs Weltklima.

    Welche Fabriken sie bauen, hängt von den politischen und wirtschaftlichen Zielen ab, die die Spieler zu Beginn der Partie gezogen haben. Wer die erfüllt, gewinnt. Doch die Aufgaben der Ländergruppen können sich zuwiderlaufen: Manche sollen die Ölindustrie fördern, andere die Ziele von Umweltverbänden vertreten oder neue Technologien voranbringen. Die Spieler müssen versuchen, ihre Interessen in Verhandlungen untereinander weiterzubringen:

    Wir dürfen nicht so viele grüne haben, Ihr habt zwei grüne. Können wir bei Euch nicht irgendwie was Grünes abreißen?

    Diese Verhandlungen sind zentrales Element des Spiels. Co-Autor Klaus Eisenack legt auf die Verhandlungsdynamik großen Wert:

    Das war uns auch ganz wichtig bei dem Spiel, dass eben am Spieltisch verhandelt wird, wie wir es eben auch bei internationalen Klimaverhandlungen erleben. Und auf dieser Ebene konnten wir eigentlich auch durch die ganzen wissenschaftlichen Vereinfachungen, die wir machen mussten, gar nicht so viel kaputt machen, weil dieser Effekt, dass man da ein gemeinsam zu lösendes Problem hat, wo verschiedene Interessen aufeinander prallen, dass man das in eigener Erfahrung auch nachvollziehen kann.

    Auch bei den Bonner Schülern prallen Gegensätze aufeinander:

    Ihr denkt nur an Klima, aber wir müssen auch an unsere Wirtschaft denken.

    Was ist das überhaupt für ein Ziel, 18 schwarze Fabriken zu bauen?

    Das ist unser Ziel. Ja, Pech für Euch!

    Trotz ihres pädagogischen Anliegens wollten die Autoren jedoch nicht mit erhobenem Zeigefinger dastehen, wie Klaus Eisenack erklärt:

    Das Wichtigste ist uns, dass, abgesehen vom blanken Spielspaß, Interesse für das Thema geweckt wird. Und von daher war es wichtig, das Spiel jetzt so zu konstruieren, dass man jetzt sozusagen nicht als der perfekte Klimaschützer auftreten muss, um zu gewinnen, das würde uns auch zu belehrend erscheinen und vielleicht auch auf Ablehnung stoßen. Es geht auch ein bisschen darum: Wie kann ich für mich selber möglichst viel rausholen, ohne das Gesamtding zu sehr zu schädigen.

    Dann haben wir gewonnen.

    Nach etwa einer Stunde stehen bei den Bonner Realschülern die OPEC-Staaten und damit Stefan und Ruben als Sieger fest. Sie haben genügend Fabriken in der eigenen Region gebaut und auch ihr politisches Ziel erreicht. Ruben hat es gut gefallen, mit einer kleinen Kritik am Spielfeld:

    Ich fand es ein bisschen unübersichtlich, also mit der Karte, die war ein bisschen zu klein, wenn man das in so einer großen Gruppe spielt.

    Und sein Partner Stefan ergänzt:

    Am Anfang ist es schwer zu verstehen, aber wenn man es dann verstanden hat, ist sehr interessant. Und spannend.

    Hinweis:
    Das Bundesumweltministerium setzt "Keep Cool" übrigens in seinem Bildungsangebot und für seine Öffentlichkeitsarbeit ein. Das Spiel kann man für 22.95 Euro beim Spieltrieb-Verlag bestellen.