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Kehrt der Maifisch zurück?

Im Rheinschifflabor der Universität Köln herrscht zur Zeit ein ungewohntes Kommen und Gehen. Sogar die Wasserpolizei legte schon an, um die neuen Aquarienbewohner kennen zu lernen. Dabei kommen diese Fische weder aus besonders fernen Gewässern noch sind sie besonders augenfällige Attraktionen:

Von Detlev Arens | 28.06.2004
    Ich bin jetzt wieder aus Frankreich zurück, ich habe mir von dort Maifischeier mitgebracht, diese Eier wurden hier erbrütet, die Maifische sind vor ein paar Tagen geschlüpft; wie Sie sehen können, sind die Maifischlarven winzig klein, man kann sie eigentlich nur erkennen, wenn man eine Lampe über das Becken hält, die Maifischlarven werden dann vom Licht angezogen.

    Natürlich setzt der Fischereibiologe Dr. Peter Beek auf ein zügiges Heranwachsen der Winz-linge. Immerhin sind Maifische bis zu 70 cm lang, wenn sie nach ihrer Rückkehr aus dem Meer die Flüsse hinaufziehen, um in den Heimatgewässern abzulaichen. Dann hatten die Fischer alle Hände voll zu tun. Vor 120 Jahren stand dieser Heringsverwandte hoch im Kurs; jedes Kölner Brauhaus führte den begehrten Leckerbissen auf der Speisekarte:

    Der Maifisch war früher für die Berufsfischer im Rhein neben dem Lachs die wichtigste Einnahme-quelle, der Maifisch, wie der Name schon sagt, zieht hauptsächlich im Mai in großen Schwärmen die Flüsse hinauf, und früher ist er hauptsächlich mit Treibnetzen gefangen worden oder auch mit einem Aalschocker, ein großes Schiff, das am Ufer des Rheins liegt, wo mit großen Netzen dann die Maifische gefangen worden sind.

    Die Folge: Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Bestände überfischt. Auch die immer schlechtere Wasserqualität machte den Tieren schwer zu schaffen, Wehre und Stau-stufen verlegten ihnen den Weg flussaufwärts. Wie die Lachse verschwanden sie in den fünfziger Jahren aus dem Rhein. Als der Strom wieder sauberer wurde, hofften viele auf eine Rückkehr des einst so häufigen Fisches. Aber wer wie Peter Beek den Maifisch wirklich kennenlernen will, muss sich noch immer nach Frankreich orientieren:

    Ich habe mir dort an der Garonne und Dordogne die weltweit größte Maifischpopulation ange-schaut, und es wurden auch genetische Untersuchungen durchgeführt, um zu schauen, inwieweit die Einzelfänge des Maifisches hier im Rhein eine eigene, eventuell noch vorhandene Restpopula-tion darstellen oder ob es eventuell nur Irrläufer aus Frankreich sind.

    Diese genetischen Untersuchungen ergaben, dass im Rheinsystem wohl kein eigener Stamm mehr existiert. Wenigstens fand die große Heringsart Aufnahme in das Wanderfisch-programm des Landes Nordrhein-Westfalen. Außerdem gab eine private Umweltschutzstif-tung Geld, um die Möglichkeiten einer Wiederansiedlung auszuloten. Die vorläufigen Ergeb-nisse im Labor stimmen zuversichtlich:

    Also die erste grundsätzliche Fragestellung, die beantwortet werden sollte, nämlich ist es möglich, Maifischeier zu erbrüten und Maifische hier in Deutschland zu hältern, kann ich schon mal positiv beantworten, sie gehen auch ans Futter, so dass ich ganz positiv in die Zukunft blicken kann.

    Doch bleibt ungewiss, ob sich wieder Maifische im Rhein tummeln, ob sie sich hier fort-pflanzen und einen vitalen Stamm bilden können. Die kühnste Zukunftsvision aber ist die Vorstellung, dass die Kölner Brauhäuser wieder Maifisch servieren werden.