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Keime in Lebensmitteln
Wie man sich vor Listerien schützen kann

Listerien sind Bakterien, die in Produkten des Wurstwarenherstellers Wilke nachgewiesen wurden. Sie können für Menschen mit geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein. Sie können sich auch auf Obst und Gemüse ansiedeln. Kurzes Braten oder Kochen tötet die Keime ab.

Von Daniela Siebert | 08.10.2019
Fleischwaren liegen in der Theke in einer Metzgerei in Nordrhein-Westfalen.
Wilke lieferte seine Produkte in ganz Deutschland aus (dpa / Rolf Vennenbernd)
Am 1. Oktober wurde die Firma vom zuständigen Veterinäramt vorläufig geschlossen und wird inzwischen von einem Insolvenzverwalter betreut. Der Verdacht: Die Fleisch- und Wurst-Waren des hessischen Unternehmens könnten Listerien-Erkrankungen ausgelöst haben. Zwei Todesfälle und mehrere Krankheitsfälle werden insbesondere mit Pizzasalami und Brühwurst von Wilke in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt sogar wegen fahrlässiger Tötung.
Das Problem: Listerien sind Bakterien, die sich leicht in Lebensmitteln ansiedeln und vermehren können. Beim Verzehr sehen, riechen und schmecken wir das jedoch nicht. Während bei den meisten Menschen eine Listerien-Infektion eher unbemerkt verläuft, kann sie bei bestimmten Gruppen lebensgefährliche Gesundheitsbelastungen auslösen. Dazu Karsten Nöckler vom Bundesinstitut für Risikobewertung BfR:
"Betroffen sind insbesondere Menschen mit einem noch nicht ausgebildeten Immunsystem, also Neugeborene, Personen mit Vorerkrankungen und einem geschwächten Immunsystem, wie insbesondere alte Personen oder auch zum Beispiel Organempfänger, die mit Immunsuppressiva behandelt werden. Auch schwangere Frauen gehören zur Risikogruppe."
Große Kreise sind einem Risiko ausgesetzt
Bei diesen Personengruppen kann es zu Blutvergiftungen, Gehirnentzündungen oder Frühgeburten kommen. Bei Föten erhöht sich das Sterberisiko nach der Geburt.
Da die Firma Wilke Fleisch in die gesamte Republik geliefert hat, sind entsprechend große Kreise jetzt einem Risiko ausgesetzt. Die Verbraucherorganisation Foodwatch moniert daher die unzulängliche Information, wohin und unter welchem Namen die Produkte geliefert wurden. Andreas Winkler:
"Wir wissen jetzt, dass eine ganze Reihe von Produkten betroffen sind, die eben nicht unter dem Namen Wilke verkauft wurden, wo ich als Verbraucherin, als Verbraucher erkennen kann: OK, da steht auf der Packung Wilke drauf, dann esse ich das lieber nicht. Jetzt wissen wir, dass auch andere Produktnamen betroffen sind. Als die offizielle Warnung rausging, vergangene Woche hieß es aber die ganze Zeit erst: Es geht nur um Wilke-Produkte."
Wurst auch in IKEA-Restaurants verkauft
Inzwischen ist klar: auch einige Produkte der Marke "Aro" von Metro sind betroffen, sowie "Pickosta", "Sander Gourmet" und andere. Auch die Liste der belieferten Firmen und Einrichtungen wurde in den letzten Tagen immer länger und bedenklicher.
So räumte die Kölner Uniklinik ein, trotz eines Rückrufes noch Wilke-Wurst als Speise an Reha-Patienten gegeben zu haben. Foodwatch machte gestern öffentlich, dass auch Ikea–Restaurants bis zum 2. Oktober Wilke-Wurst verkauften.
Nach neuesten Recherchen der Organisation hätten die Behörden womöglich auch schon viel früher reagieren müssen. Andreas Winkler:
"Das hessische Verbraucherministerium hat offenbar schon am 12. August Informationen darüber bekommen, dass es einen Verdachtsfall gibt mit Listerien in dem Wilke-Betrieb. Erst am 2. Oktober, also mehr als sieben Wochen später, gab es dann diesen Rückruf der vor Ort zuständigen Behörde in dem Landkreis."
Kritik am Verhalten der Behörden
Auch die Verbraucherzentralen beurteilen das Verhalten der zuständigen Behörden in diesem Fall als "unverantwortlich".
Für Verbraucher, die sich nicht sicher sind, ob sie belastete Wilke-Produkte gekauft beziehungsweise verzehrt haben, ist die Situation derzeit sehr schwierig. Bei Ware, die über Fleischtheken beziehungsweise Kantinen verteilt wurde, ist die Informationslage besonders dünn. Wer noch Verpackungen hat, kann nach der Kennzeichnung "DE EV 203 EG" schauen, die den Wilke-Betrieb identifiziert. Außerdem:
"Die privat betriebene Internetseite Produktwarnung.eu gibt laufend aktualisierte Informationen, das kann sehr hilfreich sein."
Obst und Gemüse gründlich waschen
Dort finden sich auch zahlreiche Hinweise auf laufende Rückrufaktionen, etwa von Kaufland und Metro. Da Listerien weit verbreitet sind und sich nicht nur auf tierischen Produkten wie Wurst oder Käse vermehren, sondern auch auf Obst und Gemüse, hat das BfR umfangreiche Tipps auf seiner Internetseite veröffentlicht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt Verbrauchern zum Schutz vor Listerien vor allem auf Küchenhygiene zu achten. Karsten Nöckler:
"Grundregel ist: Die Hände vor und nach jeder Zubereitung von Lebensmitteln gründlich waschen mit Seife. Kreuzkontaminationen beim Schneiden von Lebensmitteln vermeiden, das heißt, Fleisch sowie Obst beziehungsweise Gemüse auf getrennten Brettern schneiden und dafür auch separate Messer verwenden, rohes Obst und Gemüse vor der Zubereitung und dem Verzehr gründlich abwaschen. Aber auch Lebensmittel, die zum Beispiel aus dem Tiefkühler kommen im Kühlschrank auftauen."
Und ein ganz sicherer Schutz: Zwei Minuten Kochen oder Braten tötet Listerien. Auch eine Kühlschranktemperatur von fünf Grad Celsius und schneller Verzehr von Lebensmitteln hält das Risiko klein.