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Kein anonymes Bezahlen mehr

Mit anonyme Prepaid-Karten kann man bequem Rechnungen für Dienstleistungen im Internet begleichen. Doch die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das anonyme Bezahlen unmöglich machen soll. Damit will die Regierung Geldwäsche bekämpfen. Doch Datenschützer finden die Idee gar nicht gut.

Von Rainer Brandes | 01.08.2011
    Das System ist einfach und funktioniert ähnlich wie Prepaid-Karten fürs Handy. Der Kunde bezahlt am Kiosk oder and der Supermarkt-Kasse einen selbst gewählten Betrag. Dann erhält er einen Ausdruck mit einem 16-stelligen Code. Damit kann er dann bei ausgewählten Internetanbietern Rechnungen bezahlen - bis das Guthaben aufgebraucht ist. Persönliche Daten wie Name, Adresse oder Kontonummer werden nirgends erhoben - zumindest bis zu einem Betrag von 150 Euro. Der Kunde bleibt also anonym. Interessant ist das vor allem für kleine Rechnungsbeträge bei allen Dienstleistungen, bei denen keine Ware ausgeliefert werden muss, erklärt der Geschäftsführer des Marktführers "Paysafecard", Michael Müller:

    "Unsere durchschnittliche Transaktion liegt bei 27 Euro. Wir sind also in Kleinstbeträgen tätig. Zum Beispiel können Sie im Online-Shop für Ihr Online-Spiel bezahlen."

    Auch für das Herunterladen von Musik und Filmen werden Prepaid-Angebote gern benutzt. Allein "Paysafecard" hat nach eigenen Angaben eine Million aktive Nutzer in Deutschland. Da die Kunden im Allgemeinen nur sehr kleine Beträge bezahlen, sieht Michael Müller hier auch keine größere Gefahr für Geldwäsche. Die Bundesregierung sieht das anders. Weil die Kunden sich nicht registrieren lassen müssen, sei es einfach, unerkannt Geld aus dubiosen Quellen an Scheinfirmen zu überweisen. Um dies zu verhindern, hat das Finanzministerium einen Gesetzentwurf erarbeitet, nach dem sich in Zukunft jeder Kunde beim Kauf einer Prepaid-Karte registrieren lassen müsste - und zwar ab einem Betrag von einem Cent. Michael Müller fürchtet für seine Branche Umsatzeinbußen von bis zu 500 Millionen Euro.

    "Realistischerweise wird der Vertrieb von E-Geld-Produkten in Deutschland massiv eingeschränkt werden. Die Kunden werden zukünftig auch nicht ihre Konto- oder Kredit- oder Personaldaten in einer Verkaufsstelle bekannt geben wollen und werden auch das Zahlungsmittel nicht mehr verwenden wollen beziehungsweise können."

    Auch Datenschützer sind alarmiert. Sie fürchten, dass die Kunden den Überblick darüber verlieren, wo welche Daten von ihnen gespeichert sind und wer darauf Zugriff hat. Lars Mammen, Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten:

    "Das ist datenschutzrechtlich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit bedenklich, da man selbst bei einem geringen Wert dieser Prepaid-Karte hier umfangreiche personenbezogene Daten angeben muss. Auch unter dem Aspekt der Datensparsamkeit begegnet das Bedenken."

    Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, warnt davor, die Daten könnten geklaut werden. In der Tageszeitung erinnert er daran, dass erst vor Kurzem bei Sony 100 Millionen Kreditkartendaten gestohlen worden seien. Der Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten, Lars Mammen:

    "Aus unserer Sicht ist es nicht erforderlich, Kleinstbeträge flächendeckend systematisch zu erfassen. Wir haben berechtigte Interessen, Geldwäsche zu verhindern und aufzuspüren. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch die Interessen des Datenschutzes entsprechend berücksichtigen."

    Der Datenschutzbeauftragte fordert deshalb die Beibehaltung des Schwellenwertes von 150 Euro, unter dem keine Registrierung erforderlich ist. Nach der Sommerpause soll der Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht werden. Der Bundesdatenschutzbeauftragte will dort seine Bedenken anmelden.