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Kein BAföG und auch sonst nix übrig

Studiengebühren und wenig Zeit für Nebenjobs lassen den Finanzbedarf von Studierenden steigen. Die Haupteinkommensquelle für Studierende sind immer noch BAföG oder die Eltern. Doch wenn kein BAföG-Anspruch besteht oder die Familie nicht helfen kann, müssen Alternativen her.

Von Anne Waltermann | 12.04.2010
    Jonas Schulte studiert Sprachen und Wirtschaft an der Fachhochschule in Köln. Seinen Bachelor hat er erfolgreich abgeschlossen. Für seinen Master will er an der renommierten St. Andrews Universität in Schottland studieren. Doch für die Auslandssemester muss Jonas Schulte eine Menge Geld aufbringen:

    "Die Kosten, die auf mich zukommen, wenn ich nach St. Andrews gehe, dann sind einmal die Studiengebühren die liegen bei 8000 Pfund für den kompletten Master, der dauert dann ein Jahr."

    8000 Pfund, das sind über 9000 Euro. Im Internet findet Jonas Schulte das Angebot der Bildungsfonds. Bildungs- und Studienfonds sind kommerziell und gewinnorientiert - ähnlich wie Immobilienfonds. Nur dass hier in Studierende investiert wird. Größter Anbieter ist die Career Conzept AG mit den Bildungsfonds, daneben gibt es die Studienfonds von der Deutsche Bildung AG. Bei den Fonds können sich Studierende Geld für ihr Studium leihen. Doch die Rückzahlung funktioniert ganz anders als bei herkömmlichen Krediten. Die Raten sind nicht mit Zins und Zinseszins festgelegt, sondern sie richten sich danach, was man nach dem Studium verdient. Wie das genau funktioniert, erklärt Rolf Zipf von Career Concept :

    "Es gibt also keine absolute oder minimale Rückzahlungsverpflichtung. Wir definieren eine Anzahl von Monaten und einen Prozentsatz, den sie dann von ihrem dann erzielten Einkommen zurückzahlen."

    Ein Beispiel: Eine Studentin erhält während ihres Studiums 16.000 Euro. Dafür soll sie nach ihrem Examen sechs Prozent ihres Bruttoeinkommens an die Bildungsfonds zurückzahlen und das sieben Jahre lang. Festgelegt wird dies bereits bei Vertragsabschluss, also während des Studiums. Die Rückzahlung beginnt erst mit dem Berufseinstieg. Der Rückzahlungsbetrag hängt davon ab, was sie verdient. Peter Becker, Leiter der Abteilung Studienfinanzierung beim Kölner Studentenwerk sieht das kritisch.

    "Die Rückzahlung über einen prozentualen Anteil des Einkommens ist für Studierende mit einer großen Ungewissheit zumindest bei Kreditaufnahme verbunden. Das kann später den Vorteil haben, dass der Kreditnehmer, wenn er ein relativ geringes Einkommen hat, weniger zurückzahlen muss, als er bekommen hat. Hat er ein höheres Einkommen, wird er mehr zurückzahlen, als er erhalten hat."

    Bildungsfonds sind ein Angebot für Studenten, die ganz genau wissen, was sie wollen. Studienfachwechsler oder -abbrecher werden sofort zur Kasse gebeten. Warum erklärt Rolf Zipf von Career Conzept:

    "Dann funktioniert die einkommensabhängige Rückzahlung ja nicht mehr, weil die Voraussetzung dafür nicht mehr gegeben ist. In einem solchen Fall wird die empfangene Finanzierungsleistung in eine darlehensartige Rückzahlung gewandelt. Das heißt, der Student hat den erhaltenen Betrag zuzüglich einer Zinsleistung entweder einmalig oder innerhalb eines bestimmten Rückzahlungsplans zurückzuzahlen."

    Der Zinssatz beträgt dann sechs bis acht Prozent. Ihre Bewerber suchen sich die Bildungsfonds ganz genau aus.

    "Die meisten Studierenden, die sich bei uns bewerben, studieren in einem rechtswirtschafts- oder sozialwissenschaftlichen Studiengang und in den Ingenieurswissenschaften oder technischen Studiengängen."

    Geisteswissenschaftler und Studierende aus sozialen Berufen sind nur selten vertreten. Bildungs- und Studienfonds richten sich an Studierende mit den besten Karriereaussichten. Sie sind eine Alternative für Studenten, die sich scheuen, zum Berufsstart einen Kredit mit festgelegten Raten zurückzahlen zu müssen. - Allerdings darf die einkommensabhängige Rückzahlung nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Studierende fast immer mehr zurückzahlt, als er bekommen hat, denn schließlich wollen die Bildungs- und Studienfonds Gewinn machen.