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Kein Engpass in Sicht

Zwar ist Deutschland beim Strom kein Exportweltmeister, dennoch produzierte es in der Vergangenheit genügend Strom, um Überschüsse ins Ausland zu verkaufen. Das könnte sich mit dem Atomausstieg ändern, behaupten Kritiker der Energiewende. Doch in einer ersten Zwischenbilanz kommen Greenpeace und das Freiburger Öko-Institut zu einem anderen Ergebnis.

Von Philip Banse |
    Auch der Verbund mit dem Ausland sorgt dafür, dass jederzeit genügend Elektrizität durch Deutschlands Netze fließt. Deutschland ist traditionell allerdings vor allem Stromexporteur, andere Länder profitieren von der Energieerzeugung bei uns. Der Atomausstieg, so ist vielfach vorher gesagt worden, wird Deutschland zum Netto-Importeur machen. Die ersten Atomkraftwerke sind abgeschaltet, und es ist Zeit für eine Zwischenbilanz. Die haben die Umweltschutzorganisation Greenpeace und das Freiburger Öko-Institut zusammengezogen.

    Die Studien von Greenpeace beim Öko-Institut bestellte Studie kommt zu dem Schluss: Nach der Abschaltung von acht deutschen Atomkraftwerken vor knapp zwei Jahren hat Deutschland nicht mehr Atomstrom importiert. Im vergangenen Jahr habe Frankreich sogar weniger Strom nach Deutschland geliefert als vor dem Atomausstieg. Aber auch diese Schwankungen, so das Fazit von Charlotte Loreck vom Öko-Institut, seien nicht auf den deutschen Atomausstieg zurückzuführen, sondern einfach auf einen flexibleren europäischen Strommarkt:

    "Der Stromaustausch ist eine Realität und ist einfach das Ergebnis der Optimierung am europäischen Strommarkt und nichts Schlimmes. Der Atomausstieg ändert an diesem Mechanismus nichts und - das war ja die Eingangsfrage - er wird dadurch auch nicht konterkariert."

    Das war ein zentrales Argument der Gegner eines Atomausstiegs: Wenn in Deutschland die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, so die Logik, würden französische Atomkraftwerke eben mehr Atomstrom produzieren und nach Deutschland exportieren, der deutsche Atomausstieg sei also nutzlos. Die Studie des Öko-Instituts widerlegt dieses Argument: Weder produzierten französische Atomkraftwerke seit der Abschaltung deutscher AKW mehr Atomstrom, noch importiere Deutschland mehr Strom aus Frankreich oder Tschechien:

    "Für die Tschechische Republik lässt sich festhalten, dass der Importsaldo unverändert ist. Für Frankreich lässt sich festhalten, dass der Strom eigentlich überwiegend im Jahressaldo von Deutschland nach Frankreich verkauft wird. Und für die Frage der Versorgungssicherheit: Gerade in Stunden mit hoher Nachfrage importiert Frankreich aus Deutschland und nicht umgekehrt."

    Außerdem: Der Großteil des französischen Stroms, der nach Deutschland fließt, sei Transitstrom, fließe also weiter, etwa in die Schweiz. Wer diesen Transitstrom als deutschen Stromimport werte, verzerre das Bild. Interessant ist auch, dass Deutschland übers Jahr zwar unterm Strich Strom exportiert, vor allem im Sommer aber, ausgerechnet, wenn wenig Strom verbraucht wird, Strom im Ausland einkauft - auch Atomstrom aus Frankreich. Das aber habe nichts mit dem Atomausstieg oder Energie-Mangel in Deutschland zu tun, sagt Charlotte Loreck vom Öko-Institut, sondern allein mit dem Markt: Bestimmte Kraftwerksarten sind zu bestimmten Zeiten billiger als andere, und da wird dann eingekauft:

    "Das heißt, natürlich exportiert Frankreich aus Atomkraftwerken, das hat es aber immer schon getan. Das ist kein Mechanismus, der durch den deutschen Atomausstieg getriggert wurde. Sondern statt die französischen Atomkraftwerke runter zu fahren, wird dieser Strom exportiert, weil es billiger ist auf dem Strommarkt."

    Für Greenpeace-Experte Niklas Schinerl ist klar:

    "Die Studie macht klar, dass die Frage von Import und Export kein geeigneter Indikator dafür ist, wie es um die Versorgungssicherheit in Deutschland gestellt ist; sie ist auch kein geeigneter Indikator dafür, ob die Energiewende gelingt oder nicht gelingt. Die Studie zeigt auch, dass die Importe und der Stromaustausch-Saldo keine Frage der Versorgungssicherheit sind, sondern vielmehr das Ergebnis eines intensiver gewordenen Stromhandelsmarktes, der intensiver miteinander handelt, auf europäischer Ebene, als das vor zehn, 15 Jahren der Fall war."

    Dieser flexiblere europäische Strom-Markt sei für erneuerbare Energien sogar von Vorteil, sagt Charlotte Loreck vom Öko-Institut:

    "Der Stromaustausch bringt uns ökonomisch sinnvolle Flexibilität für die Integration der erneuerbaren Energien."

    Um nachhaltige Energien zu fördern, so Greenpeace-Experte Niklas Schinerl, müsse die Bundesregierung also die richtigen Marktanreize schaffen. Der Emissionshand, der klimaschädliche Energie teurer machen soll, funktioniere nicht:

    "Für uns ist klar, dass die Bundesregierung aus diesem Grund alles dransetzen muss, damit der Emissionshandel wieder funktioniert, sodass die Produktion aus Kohlekraftwerken teurer wird und damit auch die Ökologisierung des Kraftwerksparks stärker vorangetrieben wird."