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Kein Geschäft mit dem Tod

Am Donnerstag diskutiert der Bundestag über einen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe. Mit ihm soll ein neuer Straftatbestand eingeführt werden: die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung. Wer anderen beim Selbstmord hilft und damit Geld verdient, soll mit drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Damit wären Sterbehilfe-Organisationen wie Dignitas und Exit in Deutschland faktisch verboten.

Von Svenja Pelzel | 26.11.2012
    Heinrich liegt im Sterben. Er ist 74 Jahre alt, hat hellgraues, zerzaustes Haar, das sein abgemagertes, schmales Gesicht auf dem weißen Kopfkissen noch blasser erscheinen lässt. In seiner Nase steckt ein dünner Sauerstoffschlauch, hinter seinem Bett blubbert Tag und Nacht ein Luftbefeuchter. Seinen vollen Namen möchte Heinrich nicht nennen. Er hat Krebs im Endstadium. Er kann nicht mehr laufen, sich nicht mehr waschen und selbst versorgen. Deshalb liegt Heinrich auf der Palliativstation des anthroposophischen Krankenhauses Havelhöhe in Berlin. Seit einer Viertelstunde sitzt sein Arzt Thomas Jehser an seinem Bett.

    "Was können wir denn heute Gutes für sie tun?"
    "Eigentlich nichts."
    "Und uneigentlich?"
    "Gegessen habe ich, getrunken habe ich auch."

    Eigentlich will Heinrich nichts mehr essen oder trinken. Eigentlich will Heinrich nur noch eines: sterben. So schnell wie möglich, zur Not soll einer nachhelfen. Das sagt er – wörtlich - auch seinem Arzt. Während der alte Mann schwerfällig mit Thomas Jehser redet und dazwischen immer wieder lange schweigt, laufen ihm langsam Tränen über die Wangen.

    Heinrich: "Ich weiß, dass das eine Krankheit ist, die nicht reparabel ist und das immer schlimmer wird. Unter diesen Umständen ist doch das Weiterleben nicht sinnvoll. Sie können ja nichts machen, sie können nichts entscheiden, sie können nicht Zuhause sein."

    Wenn es nach Heinrich ginge, wäre jede Form von Sterbehilfe in Deutschland grundsätzlich erlaubt.

    Heinrich: "Auf jeden Fall. So ein Siechtum ist ja furchtbar. Das ist eine Entscheidung, die jeder selbst treffen muss. Es gibt ja viele Leute, die sich aus anderen Gründen umbringen. Aber bei schweren Krankheiten, die nicht mehr heilbar sind, ist das meiner Meinung nach legitim, wenn der einzelne Patient das macht. Dass ich die Möglichkeit bekomme zu entscheiden, wann ich abtrete. Das ist entscheidend."

    Doch auf der Palliativstation der anthroposophischen Klinik in Berlin wird keine aktive Sterbehilfe geleistet und auch keine Beihilfe zum Suizid. Der Arzt Thomas Jehser wird allerdings häufig danach gefragt:

    "Wir haben häufig Todeswünsche, wir haben auch häufig Wünsche nach aktiver Sterbehilfe. Wir lassen diese Wünsche auch zu, wir sagen den Leuten nicht, so was ist verboten auszusprechen, weil deswegen wird es ja trotzdem gedacht. Wir gehen mit diesem Thema auch um, wenn wir uns auch nicht die Aufgaben stellen, aktive Sterbehilfe sozusagen anzubieten. Sondern darüber zu sprechen, wie verzweifelt man sein muss, wenn man keinen anderen Weg weiß, und wir glauben, dass Wege zu finden sind in so einer schwierigen Situation."

    Vier verschiedene Formen von Sterbehilfe gibt es, die dazugehörigen Begriffe werden oft verwechselt. Die radikalste Form ist die aktive Sterbehilfe, bei der jemand einen anderen tötet. Sie ist in Deutschland grundsätzlich verboten. Von passiver Sterbehilfe sprechen Mediziner, wenn sie lebensverlängerte Maßnahmen einstellen. Von indirekter Sterbehilfe, wenn sie zum Beispiel eine hohe Dose Morphium verabreichen. Das Betäubungsmittel hilft gegen Schmerzen, kann eventuell aber auch das Leben des Patienten verkürzen. Die vierte Form der Sterbehilfe ist die derzeit umstrittenste, obwohl sie legal ist. Von Beihilfe zum Selbstmord oder assistiertem Suizid spricht man, wenn zum Beispiel ein Arzt einem Patienten einen todbringenden Medikamenten-Cocktail besorgt, mit dem der Patient eigenhändig sein Leben beendet. Laut einer Forsa-Umfrage vom August sind 77 Prozent aller Deutschen für diese Form der Sterbehilfe, weil sie von einem Arzt durchgeführt wird.

    Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat einen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorgelegt. Am Donnerstag wird darüber zum ersten Mal im Bundestag diskutiert. Die FDP-Ministerin ist eigentlich gegen eine Verschärfung des Strafrechts, muss sich aber an den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU halten. Mit dem Gesetz soll ein neuer Straftatbestand in Deutschland eingeführt werden: die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung. Wer demnach anderen beim Selbstmord hilft und - dieser Punkt ist wichtig - damit Geld verdient, wird mit drei Jahren Gefängnis bestraft. Tritt das Gesetz in Kraft, sind Sterbehilfe-Organisationen wie Dignitas und Exit in Deutschland faktisch verboten. Straffrei bleiben auch künftig die Personen, die einem Sterbenden sehr nahe stehen und ihn zum Beispiel in die Schweiz zu Dignitas oder Exit begleiten.

    Letzteres gilt natürlich auch für Ärzte und Pfleger. Geben diese ihren Patienten allerdings Tipps, beispielsweise wie sie eine Sterbehilfeorganisation im Ausland erreichen können, greift der neue Paragraf. Dann würden sich Arzt oder Pflegekräfte strafbar machen.

    Auf der Palliativstation der Klinik in Berlin Havelhöhe hat Thomas Jehser sich von Heinrich verabschiedet und ist ein Zimmer weiter gegangen. Die Patientin im nächsten Raum ist ebenfalls schwer krebskrank, atmet durch einen Luftröhrenschnitt, wird künstlich ernährt. Als sie vor ein paar Tagen eingeliefert wurde, litt sie unter Todesangst und Schmerzen, sie wollte nicht mehr leben. Jehser hat ihr als Erstes eine automatische Morphiumpumpe gegeben, die sie nun um den Hals trägt:

    "Man muss sich vorstellen ein Patient, der so fortgeschritten krank ist, der so viele Fähigkeiten verloren hat, der nicht mehr Treppensteigen kann, der es vielleicht nicht mal bis zur Toilette schafft, der sich nicht waschen kann, nicht gut essen kann, der ist auch vieler Selbstschutzmechanismen beraubt."

    Oberstes Ziel auf der Palliativstation ist es deshalb, den Patienten Schmerzen und Ängste zu nehmen. Das geht vor allem mit starken Medikamenten und vielen langen Gesprächen. Im normalen Krankenhausalltag bleibt hierfür oft keine Zeit. Der Betreuungsschlüssel ist dementsprechend hoch: auf der Palliativstation kommen auf 12 Patienten 13 Pflegerinnen und Pfleger. Ein Mal wöchentlich trifft sich zudem das Team der Station mit Sozialarbeitern, Psychologen und Seelsorgern. In enger Absprache mit Patient und Angehörigen suchen sie nach einer Lösung, organisieren zum Beispiel eine ambulante Versorgung oder einen Hospizplatz. Denn die Palliativstation soll nur ein Übergang sein. Doch manchmal versagen selbst die modernsten Medikamente, helfen alle Gespräche und Angebote nichts. Hilflosigkeit, Schmerzen und der Wunsch nach Sterbehilfe bleiben. Frank Lemme ist seit vielen Jahren Pfleger auf der Palliativstation. Er hat solche Fälle schon erlebt:

    "Das kommt immer wieder vor. Also, auch direkt die Frage nach der Spritze, das gibt es schon immer wieder. Häufig auch in der ersten Zeit, wenn die Leute bei uns sind und die Symptome noch sehr schlecht eingestellt sind. Dann ist das ein sehr häufiges Bedürfnis. Und es gibt immer wieder Patienten, wo die Krankheit so weit fortgeschritten ist, dass sie aus ihrer Situation nicht mehr genug Lebensqualität herausfischen können und dann der Wunsch auch beständig bleibt. Dass sie einfach für sich fast jede wache Minuten eher wünschen sie wären eher tot, als dass sie leben."

    Wenn das Personal auf einer Palliativstation an seine Grenzen kommt, dann bietet es den Patienten als letzten Ausweg die indirekte Sterbehilfe an.

    Thomas Jehser: "Das ist die sogenannten palliative Sedierung, die man anwenden darf, um der Symptomlinderung willen, um der Beschwerdelinderung willen unter Inkaufnahme von eventuell lebensverkürzenden Nebenwirkungen. Das ist manchmal eine Dosisfrage, manchmal eine Kombinationsfrage, das ist für den Extremfall von schwerster Atemnot, die sich anders nicht behandeln lässt, schwersten Ängsten und Verwirrtheitszuständen, aber auch schwersten Schmerzen eine angemessene Therapie."

    Heinrich bleibt dieser letzte Weg erspart. Seit er im Krankenhaus liegt, wird er von Tag zu Tag schwächer, kann irgendwann überhaupt nichts mehr essen oder trinken. Mitten in der Nacht, um 0.40 Uhr stirbt er.

    Constanze sitzt mit ihrem Sohn in der Küche beim Abendbrot. Sie ist 44 Jahre alt, Radiologin mit eigener Praxis und Heinrichs Tochter. Sie trägt schwarz, die Augen wirken müde, das Gesicht blass. Ihr Vater hat die letzten elf Jahre mit Tochter und Enkel im gleichen Haus gelebt. Von seinem Wunsch, sich umzubringen, hat er kurz vor seinem Tod nicht erzählt. Trotzdem wusste Constanze immer, was ihr Vater, der ebenfalls Arzt war, wirklich wollte:

    "Wenn er von so Schicksalen aus dem Krankenhaus, von Patienten erzählt hat, das konnte er mit mir als Kollegin ja machen, hat er auch immer gesagt, zum Beispiel bei einer sehr schweren Hirnverletzung oder bei einer Querschnittslähmung von jungen Leuten, dass er das ganz tragisch empfindet und für sich selber ja ausschließen möchte, so zu leiden und auf die Pflege von Fremden angewiesen zu sein. Also, diesen Standpunkt kenne ich."

    Constanze kannte nicht nur die Meinung ihres Vaters, sondern teilt sie auch:

    "Also, ich denke schon, dass jeder Mensch das Recht hat auf ein würdiges Sterben und bestimmte Sachen – das ist auch sehr subjektiv – bestimmte Sachen wären für mich auch ganz, ganz furchtbar. Zum Beispiel wenn ich eine hohe Querschnittslähmung hätte, wo die Atmung nur noch mit einer Maschine unterstützt wird und da hätte ich das Bedürfnis vielleicht zu sagen, Mensch ich möchte das vielleicht nicht mehr."

    Eines jedoch wundert Constanze: Als ihr Vater noch nicht in der Klinik sondern Zuhause war, hätte er sich jederzeit umbringen können. Er hat es nicht getan. Dieser letzte Schritt, diese allerletzte Entscheidung zum Suizid ist wohl schwieriger als man denkt, sagt die Tochter:

    "Ich hatte ja immer so die Befürchtung oder die Angst, dass er diesen Schritt hier geht, zu Hause, und ich wusste genau mit welchen medizinischen Sachen, die einfach vorrätig sind – als Diabetiker hat er eben sein Insulin dort – und er hat es nicht gemacht. Er hat eben sehr an seinem Leben gehangen."

    Kritiker der Sterbehilfe befürchten, dass Suizide zunehmen werden, sobald die gesetzlichen und medizinischen Möglichkeiten dafür da sind. Der Präsident der Bundesärztekammer Frank-Ulrich Montgomery befürchtet also, dass ein Angebot die Nachfrage erst erschafft. Es sind Zahlen aus anderen Ländern, in denen alle Formen der Sterbehilfe erlaubt sind, die misstrauisch machen. In den Niederlanden beispielsweise ist aktive Sterbehilfe seit 2001 erlaubt. Innerhalb von fünf Jahren stieg die Selbstmordrate um 28 Prozent. In Belgien wurde im Jahr 2002 die Strafbarkeit von aktiver Sterbehilfe aufgehoben. Laut dem 3. Bericht der belgischen Kontroll- und Evaluationskommission an das Parlament gab es 2002 24 Fälle von aktiver Sterbehilfe und fünf Jahre später bereits 495 Suizide. Das entspricht einer Steigerung um fast 2000 Prozent. In der Schweiz dagegen blieben die Zahlen in den letzten Jahren konstant. Allerdings bringen sich dort immer häufiger auch deutschen Patienten um.

    Uwe Christian Arnold ist pensionierter Urologe, 69 Jahre alt, und erklärter Sterbehelfer. An diesem Morgen fährt er auf der Autobahn Richtung Lüneburg, ein Ehepaar besuchen. Über 250 Menschen in ganz Deutschland hat Arnold bereits bei ihrem Selbstmord assistiert. Arnold darf das. Selbstmord ist in Deutschland nicht verboten, ebenso wenig die Beihilfe dazu. Ärger könnte Arnold lediglich aus zwei Gründen bekommen: wegen unterlassener Hilfeleistung und wegen der Ärztekammer. Punkt eins regelt Arnold, indem er sich eine Patientenverfügung unterschreiben lässt. Darin erklärt der Sterbende, dass er keine Wiederbelebung wünscht. Punkt zwei ist komplizierter. Die Landesärztekammer hat Arnold mit Hinweis auf ihre Standesordnung untersagt, Patienten beim Suizid zu assistieren. Gegen diese Anordnung und das angedrohte Bußgeld von 50.000 Euro hat Arnold vor dem Verwaltungsgericht Berlin geklagt und im März Recht bekommen:

    "Die spielen das natürlich runter, dass sie sagen, es sei kein Präzedenzfall, es sei nur eine persönliche Auseinandersetzung zwischen dem Arzt Arnold und seiner Ärztekammer. Ich denke mal schon, es ist ein Präzedenzfall, weil grundsätzlich der Ärztekammer mal gesagt worden ist, ihr habt nicht über die Gewissensentscheidung eines Arztes zu befinden."

    Arnold macht sich diese Gewissensentscheidung nicht leicht, lehnt sterbewillige Patienten auch ab, wenn er zum Beispiel noch Therapiechancen sieht. "Die Familie, zu der ich jetzt fahre, kenne ich seit vielen Jahre" erzählt er, "genauso wie alle anderen meiner Patienten." Bislang war Arnold immer dabei, wenn sich ein Mensch mit seiner Hilfe das Leben genommen hat:

    "Das finden die Patienten sehr gut und bitten sogar darum. Das finde ich auch, für mich ist es selbstverständlich eigentlich. Vor allen Dingen auch, es könnte ja doch sein, im letzten Moment doch eine Willensänderung erfolgt, was ich noch nie erlebt habe. Dann kann der Arzt, er ist ja derjenige, der dann schnellstens die Maßnahmen ergreifen kann, um die Sache rückgängig zu machen."

    Das hat Arnold in den letzten 25 Jahren allerdings kein einziges Mal erlebt. Wer diesen letzten schweren Entschluss sterben zu wollen einmal fasst, habe in der Regel vorher sehr lange darüber nachgedacht:

    "Die Möglichkeit, sein Leben zu einem selbst bestimmten Zeitpunkt zu beenden, das ist der Knackpunkt aus meiner Sicht. Deshalb kämpfe ich ja auch so dafür, weil ich so viele Menschen habe, die sich niemals umbringen werden und die diesen Weg nie gehen werden. Aber die wissen, es geht. Sie wissen, sie können was machen und einige haben Medikamente zuhause und sagen mir ganz klar: Seitdem ich dieses Medikament habe, geht es mir besser."

    Für sich hat Arnold bereits vor Jahren ein tödliches Medikament aus Mexiko mitgebracht. Obwohl er seit einigen Wochen weiß, dass er an Krebs erkrankt ist, kann der 69jährige noch nicht sicher sagen, ob er es jemals einnehmen und sein Leben selbst beenden wird. So gehe es vielen seiner Patienten.

    "Möchtest Du nicht noch das Stückchen Weißbrot essen?"
    "Ja, das kann ich nachher machen."

    In Lüneburg ist ein altes Ehepaar gerade mit dem Kaffeetrinken fertig. Die beiden möchten ihren Namen lieber nicht nennen, sie haben schon zu viel Ablehnung erlebt. Die wenigsten ihrer Freunde verstehen es, dass sie ihrem Leben selbst ein Ende setzen möchten, anstatt lange zu leiden. Deshalb heißen sie hier Margarethe und Alex. Doktor Arnold haben sie über die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben kennengelernt. Diesem Verein sind sie bereits vor 20 Jahren beigetreten, damals waren beide noch gesund. Jetzt sind Margarethe und Alex schwer krank, leiden unter Schmerzen, können sich immer schlechter alleine versorgen. Trotzdem weisen sie den geplanten Selbstmord noch weit von sich.

    Margarethe: "Ich habe schon Angst davor, weil ich weiß, wie viel Mut ich dazu brauche. Denn noch finde ich mein Leben ja nicht so wegwerfmäßig. Ich bin zwar im Moment nervlich labil, aufgrund der vielen Schmerzen, aber wenn die nicht da sind, dann will ich ja gerne noch weitermachen. Aber wenn es dann nicht mehr geht, dann möchte ich auch da Butter bei den Fischen machen mit Doktor Arnold. Ich muss dies Sicherheitsgefühl haben, dass wenn ich das möchte, dann muss es da sein. Das ist ein ganz gutes Gefühl. Da kann man viel besser mit weiterleben."

    Seit eine gute Freundin der Familie vor 20 Jahren langsam und qualvoll an Brustkrebs starb, beschäftigen sich Alex und Margarethe mit ihrem eigenen Tod. Auf keinen Fall wollen sie so enden wie die Freundin. Deshalb trägt Alex immer seinen Mitgliedsausweis der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben im Geldbeutel mit sich. Er hat seine Patientenverfügung und alle dazugehörigen Dokumente bei einem Notar hinterlegt. Das geplante Gesetz, das gewerbliche Sterbehilfe in Deutschland verbieten soll, findet Alex nicht gut:

    "Wir sollten doch mündige Bürger sein, und dann müssen wir doch verdammt noch mal die Entscheidung alleine treffen dürfen. Die meisten sind doch sicherlich die, die mit ihrem Leben und mit ihrer Gesundheit doch verantwortungsvoll umgehen, aber dann auch nicht mehr sein möchten oder gequält werden möchten, nur weil irgendwelche Leute das verbieten. Ich spreche der Politik das Recht ab, darüber zu entscheiden, wie ich mein Ende erleben werde."

    Tatsächlich bleibt die Frage, ob sich dieses extrem persönliche Thema Sterben mit einem Gesetz überhaupt regeln lässt? Muss nicht vielmehr jeder Bürger alle Möglichkeiten der Sterbehilfe haben und für sich selbst entscheiden können, welche Form der Sterbehilfe er wünscht? Nein, sagt der Berliner Domprediger Thomas Müller. Er hat als evangelischer Pfarrer lange an der niederländischen Grenze gearbeitet und erlebt, dass das Angebot im Nachbarland auch dazu führt, dass bei den Sterbenden ein bestimmter Wunsch erst entsteht:

    "Wer will letztlich, da wo es um Leben und Tod geht, Entscheidungen treffen, die wirklich Bestand haben, auch im Nachhinein Bestand haben' Wir berühren da einen Bereich der Möglichkeiten, der bisher verschlossen war. Und ich glaube, wir sind da lange noch nicht reif, wirklich die Dinge auch ethisch, ja und ich sag auch mal, vor Gott so zu entscheiden, dass wir auch im Nachhinein sagen können: Es war gut so."

    Zudem ist Domprediger Müller ein weiterer Gedanke sehr wichtig. Er stammt aus seiner jahrelangen Arbeit mit Behinderten:

    "Ich glaube, man muss sich auch davon verabschieden, dass man die Schwierigkeit und das Leid solcher Situationen an der Grenze des Lebens letztlich in den Griff bekommt. Es gehört auch mit zum Leben dazu, auszuhalten, dass man Leid nicht verhindern kann, auch wenn man alles tut. Das Leben und das Sterben gehören zusammen, und Leid ist ein Teil des Lebens."