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Kein Grund zum Jubeln

Ab Januar 2011 darf Estland als 17. Land den Euro einführen. Der baltische Staat gilt als Musterschüler in Sachen Haushaltsdisziplin. Doch die Begeisterung der Esten für ihre neue Währung hält sich in Grenzen.

Von Ann-Katrin Johannsmann |
    Der Euro hat ein Imageproblem. Das spürt man ausgerechnet in Estland deutlich. Der kleinste Baltenstaat soll im Januar als 17. Land den Euro einführen. Vor einigen Jahren wäre das noch ein Grund zum Jubeln gewesen. Aber unter den Händlern auf dem Markt in Tallinn ist die Vorfreude gedämpft:

    "Alle sagen. Dass das mit dem Euro in die Binsen geht. Zuerst bekommen wir Euros und dann müssen wir sie wieder in Kronen zurücktauschen."

    "Die Krone wäre besser gewesen, aber daran kann man jetzt nichts ändern."

    Seit einiger Zeit haben die Markthändler und Geschäfte ihre Preise bereits in Euro und Kronen ausgeschrieben. Viele befürchten, dass mit der Einführung des Euros auch das Einkaufen teurer wird:

    "Ja das ist doch klar. In Europa sieht man, dass die Preise gestiegen sind."

    Auch Premierminister Andrus Ansip bekennt, dass er die estnischen Geldscheine vermissen wird. Auch wenn er der Einführung des Euros schon aus Berufsgründen deutlich wohlwollender entgegensieht als viele seiner Landsleute. Jetzt erst recht lautet seine Devise:

    "Die einzige Möglichkeit, den Gerüchten über eine Abwertung entgegenzutreten, war es, sich der Eurozone anzuschließen."

    Elf Jahre nach Gründung der Währungsunion steckt der Euro in einer tiefen Vertrauenskrise. Nicht nur beim Beitrittskandidaten Estland. Die Dänen haben bereits im Jahre 2000 gegen die Einführung des Euros gestimmt, die Schweden 2003. Die Griechenlandkrise und das Unvermögen der EU schnell zu reagieren, haben diese Haltung noch verstärkt. Laut einer Umfrage lehnen derzeit 61 Prozent der Schweden den Euro ab. Vor einem Jahr kamen die Neinsager nur auf 44 Prozent.

    Kein Wunder, dass sich der Chef der Eurogruppe Jean-Claude Junker in diesen Tagen über jeden Vertrauensbeweis für die Gemeinschaftswährung freut. Estlands Premierminister Andrus Ansip hofft, dass sich der Beitritt wirtschaftlich auszahlt:

    "Der Euro ist wichtig für Estland. Wir glauben, dass der Euro eine Steigerung der Direktinvestitionen in unserem Land bewirkt."

    Mit Estland bekommt die Eurozone einen Musterschüler als neues Mitglied. Zumindest in Sachen Haushaltsdisziplin. Nachdem die Wirtschaft 2009 nach zweistelligen Wachstumsraten um 14 Prozent eingebrochen ist, hat sich das Land eine Sparkur verordnet. Die Staatsverschuldung ist mit gut sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes die niedrigste in der EU. Dennoch hat die Europäische Zentralbank Bedenken gegen den schnellen Beitritt der Esten zur Euro-Zone geäußert. Sie ist sich nicht sicher, ob Estland es auf Dauer schafft, die Inflationskriterien einzuhalten.