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Kein Herz für Dieselstinker

Das Aktionsbündnis "Kein Diesel ohne Filter" hat Bund und Länder aufgefordert, die Einführung von Rußfiltern für Dieselkraftfahrzeuge steuerlich zu fördern. Auf einer Pressekonferenz in Berlin warf die Allianz aus Umwelt- und Verbraucherverbänden der Politik vor, entsprechende Maßnahmen gezielt zu verschleppen.

Von Andreas Baum |
    Sorgenfalten auf der Stirn der Vertreter der Umweltverbände: Man ist entsetzt darüber, welchen direkten Einfluss die Autolobby auf die Regierung des Bundes und der Länder hat. Die Einführung eines effektiven Rußfilters für Dieselfahrzeuge werde behindert, verschleppt, erschwert, immer mit dem Ziel, die Gewinnmargen der Automobilindustrie zu erhalten anstatt der Gesundheit der Stadtbewohner. Das jedenfalls ist der Vorwurf von Jürgen Resch, dem Bundesgeschäftsführer der deutschen Umwelthilfe.

    " Die rot-grüne Regierung hat sich genauso in den Fallstricken des Raubtierlobbyismus einiger großer Konzerne verheddert, wie es offensichtlich die große Koalition im Moment auch wieder tut. Wir haben vollmundig Zusagen in den Koalitionsaussagen von 2005 stehen, genauso wie sie 2002 darin standen. Und erleben im Moment wieder, wie entsprechende Zusagen nicht eingehalten werden. Wir sehen, dass wir eine doch relativ starke Blockademacht in Deutschland haben, die es schafft, Politiker am Nasenring durch die Manege zu treiben."

    Am vergangenen Freitag hatte der Bundesrat über die Einführung einer Plakette zu entscheiden, die Dieselfahrzeuge künftig kennzeichnet. Eventuell können Großstädte künftig Sperrzonen einrichten für die gesundheitsschädlichsten Diesel-Autos, die dann an der Plakette zu erkennen sind. Der Bundesrat hat diese Verordnung passieren lassen, aber auf Antrag des Freistaates Bayern in verwässerter Form. Es wird zwar so kommen, sagt Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland VCD, dass die schlimmsten Stinker künftig eine rote Plakette bekommen, die mittleren eine gelbe, die sauberen eine grüne, aber es wird eben nicht fein genug differenziert.

    " Der Nachteil ist: Das Grüne bekommen alle Euro-4-Fahrzeuge, egal, ob sie einen Partikelfilter haben, oder nicht. Und dazwischen liegen nun mal Welten. Ein Fahrzeug, das Euro 4 einhält, aber keinen Partikelfilter hat, stößt viel mehr, 1000 mal mehr feinste Partikel aus, als ein Fahrzeug mit Partikelfilter."

    Klar sei hier die Absicht der großen Automobilkonzerne zu erkennen, auch weiterhin ihre neuen, teuren Modelle zu verkaufen, die zwar einen Rußfilter haben, aber eben einen mit fragwürdigem Wirkungsgrad. Es wurden auch Parallelen gezogen zum Widerstand der Autoindustrie bei der Einführung des Abgas-Katalysators in den achtziger Jahren, mit dem Unterschied, dass es damals vordringlich um sterbende Wälder ging, heute dagegen um Menschen: 75.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr sollen es sein, die auf Feinstaub zurückzuführen sind, sagt Günther Hubmann, der Verkehrsexperte von Greenpeace:

    " Die Möglichkeit, hier zu handeln, ist klar, sie ist weit diskutiert, sie gab es in verschiedenen Initiativen, auch im letzten Bundestag, dennoch wird nicht gehandelt. Für mich ist es klar: Moralisch und ethisch ist es eine Beihilfe zu diesen Todesfällen."

    Dietmar Oeliger vom Naturschutzbund Deutschland mahnt deshalb an, dass schnell gehandelt werden muss, es seien viel zu viele Jahre mit steigender Feinstaubbelastung verstrichen. Und in einem so langen und harten Winter wie diesem sind die Grenzwerte in den Großstädten besonders häufig überschritten worden.

    " Die Belastung ist nach wie vor da. Wenn sie sich die Tabelle anschauen, der Überschreitungen, dann sehen Sie: Das ähnelt teilweise der Bundesligatabelle, da steht München weit vorne mit mittlerweile über 46 Überschreitungen, wir sind bei dreieinhalb Monaten des Jahres, die vorbei sind, seitdem gibt es 46 Überschreitungen, das heißt umgerechnet jeder zweite Tag wird die Feinstaubbelastung in München überschritten, dicht gefolgt von Frankfurt/Oder, Regensburg, Dortmund, Frankfurt, etc."

    Nur eine politische Reaktion darauf sei kaum zu verspüren. Die Verbände ziehen nun den Vergleich zur Vogelgrippe, da würden ohne Zögern 300 Millionen Euro in die Hand genommen, um eine potentielle Gefahr abzuwenden, um einer Krankheit vorzubeugen, an der noch kein einziger Mensch in Deutschland gestorben sei. Und gleichzeitig werde so wenig getan gegen die Umweltbelastung des Feinstaubes, an der doch nachweislich viele Tausend Menschen jährlich sterben.