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Kein Interesse am Kindertraum

Der Schweizerischen Bundesbahn fehlt es an Nachwuchs bei den Lokführern. Abhilfe soll die Ausbildung von Studenten zu Teilzeit-Lokomotivführern schaffen. Doch das Interesse an dem Angebot ist dürftig.

Von Klaus Amann |
    In der Schweiz wird für Studentinnen und Studenten ein ganz besonderer Ferienjob angeboten und zwar eine Beschäftigung als Teilzeit-Lokführer der Schweizerischen Bundesbahn SBB, speziell im S-Bahn-Netz Zürich. Die 35 Wochen dauernde Ausbildung in Theorie und Praxis beginnt diese Woche, auffallend abgeschirmt von der Medienöffentlichkeit.

    Rund 500 junge Schweizer Frauen und Männer eilten zu einer Info-Veranstaltung, etwa 30 bekundeten hernach ein Interesse, doch übriggeblieben sind jetzt noch 4 Studenten. Das SBB-Management hatte zunächst 12 Auszubildende eingeplant. Ob dieses Experiment "Studentische Teilzeit-Lokführer" über den ersten Versuch hinaus fortgeführt wird, bleibt offen.

    Die Schweizer Bürger lieben und nutzen ihre öffentlichen Verkehrsmittel, vorneweg die SBB, ihre Schweizer Bundesbahn. Das zeigt zum Beispiel die große Zahl an Halbtax- und General- Abonnements. Doch die SBB hat auch Zukunftssorgen im Wettbewerb der Verkehrsmittel von Schiene und Straße. Und zu diesen Sorgen gehört ein gewisser Mangel an Lokführer-Nachwuchs, und auch das Image als Arbeitgeber bedarf wohl nach eigener Analyse einer Auffrischung. Also entdeckte das SBB-Management die Schweizer Studentenschaft und es wurde das Projekt "Studentische Teilzeit-Lokführer" noch während des Studiums kreiert.

    Roger Baumann ist einer der Sprecher der Schweizerischen Bundesbahn. Die Ausbildung verlaufe in zwei Blöcken. Bis zum Jahresende werde ausschließlich die Theorie vermittelt. Dann gebe es eine Prüfung über diesen theoretischen Teil. Für diejenigen, die diese Prüfung bestehen, beginne dann Anfang 2007 die praktische Ausbildung auf der Lokomotive.

    Angedacht ist ein Stundenlohn um die 40 Schweizer Franken. Als dieses Projekt das Licht der Medienöffentlichkeit erblickte, sah sich die SBB sogleich einem Füllhorn an Kritik ausgesetzt. Zum Beispiel aus den Reihen der altgedienten Lokführern. Sie fürchten ein Lohn-Dumping, und der Schweizer Eisenbahnverein SEV wiederum hat massive verkehrssicherheitstechnische Bedenken, sollten ab Mai 2007 die ersten Studenten-Lokführer im Führerstand sitzen, betont Markus Fischer vom Schweizer Eisenbahnverein. Auch der Schweizer Lokomotivpersonalverband verlangt eine ständig ausgeübte Fahrpraxis, und die wäre bei einer Teilzeit-Beschäftigung nicht gegeben, so die Meinung. Nur diese ständige Fahrpraxis aber könne die Sicherheit der Reisenden garantieren.

    Ganz unerwartet aber zeigte sich nun ein Aspekt, mit dem niemand gerechnet hat, nämlich das Desinteresse der Schweizer Studenten an einem solchen Job. Nur eben mal vier männliche Kommilitonen beginnen diese Woche ihre theoretische und später ihre praktische Ausbildung auf dem Führerstand.

    Eine kleine Umfrage in der Innenstadt von Basel bestätigte die Vermutung: "Lokiführer" findet bei Jugendlichen als Berufsziel nur noch wenig Interesse. "Lokiführer" sei zwar ein gemütlicher Job, meinten die Befragten, aber ein Traumberuf sei er wohl längst nicht mehr. Heutzutage hätten junge Leute andere Träume, andere Traumberufe, Musiker, Künstler, Medienstars. Die ältere Generation der aktiven Lokführer hingegen hätte sich diesen Traum durchaus noch erfüllt.

    Schweizer Studenten als Teilzeit-Lokführer? Ein Projektversuch schränkt SBB-Sprecher Roger Baumann ein. Es handle sich um einen Pilotversuch. Die SBB und auch die Studenten sollen Erfahrungen sammeln. Wie sich das dann entwickle, das könne man im Moment nicht sagen. Die SBB zeige den Studenten, dass die Schweizerische Bundesbahn als modernes Unternehmen für Hochschulabsolventen interessante Arbeitsplätze biete.