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Kein Preis wie jeder andere

Der DAAD hat einen chinesischen Studenten an der Hochschule Furtwangen ausgezeichnet. Doch nicht für herausragende Leistungen in der Forschung, sondern für sein soziales Engagement abseits des Studiums.

Von Thomas Wagner | 29.09.2009
    "Jetzt würde ich Sie gerne mal raten lassen: Aus wie viel Ländern haben wir Studierende? Aber ich will es kurz machen. Ich verrate es Ihnen: Wir haben hier aus 83 verschiedenen Ländern Studierende. Also Sie sehen: Furtwangen ist international."

    Erstsemesterbegrüßung heute Vormittag an der Hochschule Furtwangen im Schwarzwald: Dass Brigitte Minderlein, Leiterin des hochschuleigenen International Centers, auf die Studierenden aus fernen Ländern zu sprechen kommt, hat seinen Grund:

    "Der Preis, den wir heute verleihen, ist mit 1000 Euro dotiert und geht in diesem Jahr an Herrn Quian Feng aus China."

    Dies ist kein Preis wie jeder andere. Es geht nicht um herausragende Leistungen im Studium, um besondere Forschungsarbeiten. Quiang Feng, Jahrgang 1983, studiert in Furtwangen im fünften Semester "Computerscience in Media." Doch den Preis erhielt er für besonderes ehrenamtliches Engagement abseits der Vorlesungen und für seinen Einsatz für den interkulturellen Austausch.

    "Während des Studiums hier habe ich die Veranstaltungen wegen des Erdbebens in China organisiert. Das war ein Basar. Und ich habe viele chinesische Studenten aus meinen Kreisen organisiert. Und da haben viele Studenten für sich gesammelt in der Stadt. Dann haben wir diesen Basar gemacht, das Geld gesammelt und an das Deutsche Rote Kreuz für die Erdbebenopfer gespendet."

    Etwas zu tun für seine betroffenen Landsleute zuhause war dabei allerdings nicht das einzige Ziel, das Quiang Feng dabei verfolgte.

    "Als ausländischer Student hier zu studieren, ist nur ein Faktor. Der andere ist der Kulturaustausch: Während der Vorstellung dieser Erdbebenaktion beispielsweise konnten wir auch weiter informieren, was genau passiert in China, um die Deutschen mehr zu informieren, wie es in China aussieht, wie die Chinesen leben und so weiter. Das ist eben auch wichtig. Wir sind wie eine Brücke zwischen verschiedenen Kulturen."

    Deshalb engagiert sich Quiang Feng in einer Fülle weiterer studentischer Initiativen. Gerade ausländische Studierende wollen "gute Botschafter" ihres Heimatlandes sein, vor allem bei ihren deutschen Kommilitonen. Das ist häufig der Grund für ehrenamtliches Engagement, so wie es vom Deutschen Akademischen Austauschdienst gefördert wird. Friederico Lima kam aus Brasilien nach Furtwangen und studierte dort bis vor kurzem Micro System Engineering. Nun ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter. In seiner Freizeit bringt er ab und an brasilianisches Flair in die Höhen des Schwarzwaldes.

    "Es gibt hier ein kleines kommunales Kino in Furtwangen. Wir haben dort einen brasilianischen Film gezeigt und kostenlos Caipis angeboten, die Brasilianer gemixt haben. Das war sehr schön."

    Beispiele wie diese sind aber längst noch nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme. Brigitte Minderlein vom International Center der Hochschule Furtwangen:

    "Es gibt eben immer noch zu wenig Kontakte zwischen einheimischen und ausländischen Studierenden. Deshalb bemühen wir uns hier vom International Center, Plattformen zu schaffen, damit mehr internationale Kontakte zwischen ausländischen und deutschen Studierenden zu Stande kommen."

    So werden spezielle Patenprogramme aufgelegt. Dabei betreut jeweils ein deutscher Studierender einen Studierenden aus dem Ausland. Daneben guckt sich das International Center Familien aus, die ausländische Studierende bei sich aufnehmen und fördert daneben das ehrenamtliche Engagement derjenigen, die als aus aller Welt zum Studium in den Schwarzwald gekommen sind. In diesem Zusammenhang erachtet Brigitte Minderlein auch den heute verliehenen DAAD-Preis für überaus wichtig.

    "Es gibt Studien, die belege, dass die Studienabbrecherquoten unter den ausländischen Studierenden höher sind als unter den deutschen Studierenden, und die dann wiederum zeigen: Je besser die Integration unter ausländischen Studierenden ist, desto besser der Studienerfolg."

    Darüber hinaus empfindet Brigitte Minderlein eine Intensivierung der Kontakte zwischen ausländischen und deutschen Studierenden in ideeller Hinsicht als große Bereicherung.

    "Und ein dritter Punkt, der wiederum sehr pragmatisch ist, wäre die globalisierte Arbeitswelt: Unsere Absolventen werden mit solchen aus fremden Kulturen zusammenarbeiten müssen. Unsere Ingenieure werden Handel treiben müssen mit Chinesen, mit Indern. Und da ist es auf jeden Fall von Vorteil, wenn sie die Kulturen, die Mentalitäten kennen und schon während des Studiums kennen lernen."

    Daneben führen ausländische Studierende auch ganz pragmatische Gründe für ihr ehrenamtliches Engagement an. Quian Feng:

    "Das eine ist, dabei die Sprache zu verbessern und die Deutschen besser kennenzulernen."

    Und das andere ist die Möglichkeit, im studentischen Ehrenamt Mentalitätsunterschiede besser verstehen zu lernen, meint Frederico Lima aus Brasilien:

    "Es gibt ein anderes kleines Problem: Wir Brasilianer sagen direkt, was wir denken. Und manchmal kann man in Deutschland alles, was wir so denken, so einfach sagen. Für uns ist alles so leicht und Party und so. Und die Deutschen, wenn die mal was falsch sagen, geht das nicht so gut aus. Wir müssen manchmal aufpassen, was wir sagen."

    Die Mitarbeit in studentischen Initiativen hilft, diese Mentalitätsunterschiede nicht nur zu verstehen, sondern auch zu überbrücken. Und Quiang Feng aus China hat auch schon eine Vorstellung darüber, für was er sich noch engagieren könnte:

    "Mehr Vergnügen in der Stadt. Hier wurden teilweise viele Kneipen und Kinos zugemacht. Deswegen vielleicht ein bisschen Klubs - oder kleine Kinos. Das wäre auch eine gute Idee vielleicht."