Im Istanbuler Kulturzentrum Lambda, einem Treffpunkt für Schwule und Lesben: Still und blass sitzt Mehmet Tarhan mit einigen Freunden am Tisch und hört ihrer Unterhaltung zu. Dem 28-Jährigen mit den schulterlangen Haaren sind die Ereignisse der vergangenen Monate immer noch anzusehen. Im April vergangenen Jahres war Tarhan von einem Militärgericht wegen Kriegsdienstverweigerung zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Doch das war erst der Anfang einer monatelangen Qual:
"Ich wurde in das Militärgefängnis in Tokat verlegt. Am Tage meiner Ankunft wurden die Mithäftlinge von den Wärtern gegen mich aufgehetzt: Ich sei ein Verräter und hasste mein Land, hieß es. Ich wurde fast gelyncht. Danach war ich fast ständig in Einzelhaft. Doch der psychische Druck und die Übergriffe durch Soldaten gingen weiter. Sie zwangen mich, mir meine Haare schneiden und mich rasieren zu lassen. Hinterher hatte ich überall im Gesicht und auf dem Kopf Schnittwunden."
Nach elf Monaten Gefängnis kam Tarhan vorläufig frei. Der Student hätte sich die Haftstrafe ersparen können, wenn er auf seine Homosexualität verwiesen hätte. Homosexualität gilt in der Türkei immer noch als unvereinbar mit dem Soldatentum, weshalb Schwule als "psychisch gestört "aus dem Militärdienst entlassen werden. Doch Tarhan - einer von etwa 50 Kriegsdienstverweigerern in der Türkei - argumentierte als Pazifist und bestand auf seinem Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Dafür bekam er im In- und Ausland viel Unterstützung, unter anderen von der Istanbuler Autorin Perihan Magden. Für einen von ihr verfassten Zeitschriftenbeitrag mit dem Titel "Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht" steht Magden heute vor Gericht. Vorwurf: "Aufforderung zur Wehrdienstverweigerung", strafbar nach Paragraf 118 Strafgesetzbuch, Höchststrafe: drei Jahre Gefängnis.
"Seit Gründung der Republik gibt es bei uns die Verherrlichung des Militärischen. In den Grundschulen müssen die Kinder immer noch geloben, ihr Blut für das Vaterland zu vergießen. Diese absurde Anbetung der Armee haben wir verinnerlicht. Und wenn das jemand in Frage stellt, dann ist das zuviel für sie, dann drehen sie durch."
Sie - damit meint die Schriftstellerin die türkische Armeeführung. Sie weigert sich das Recht auf Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen - und will an Mehmet Tarhan und Perihan Magden offenbar ein Exempel statuieren. Erst kürzlich hatte der Europäische Gerichtshof geurteilt, die türkische Praxis, Kriegsdienstverweigerer wiederholt einzuberufen, bis zu acht Mal wegen Befehlsverweigerung zu verurteilen und nicht aus dem Militärdienst zu entlassen, sei "unverhältnismäßig". Und auch aus der EU wächst der Druck auf den Beitrittskandidaten, Kriegsdienstverweigerung endlich möglich zu machen. Der Europaabgeordnete der niederländischen Grünen, Joost Lagendyk, setzt sich für Perihan Magden und das Kriegsdienstverweigerungsrecht in der Türkei ein:
"Bei dieser Frage sollten wir wirklich standfest bleiben. Weil, dieses Recht ist Teil unserer Europäischen Traditionen - und am Ende müssen sich alle europäischen Länder dieser Norm beugen. In Zypern zum Beispiel kann man zwar nicht den Militärdienst verweigern, aber wenigstens innerhalb der Kasernen einen waffenlosen Dienst absolvieren. Ich erwarte, dass in der Türkei eine ähnliche Lösung gefunden wird."
Doch derzeit deutet in Ankara wenig auf eine solche Reform hin. Im Gegenteil: Angesichts der wieder aufgeflammten Kämpfe mit der kurdischen PKK wird vielerorts lautstark die nationale Verteidigungsbereitschaft beschworen. Und Frauen wie Perihan Magden müssen sich von den Nationalisten Verrat vorwerfen lassen. Der Schriftstellerin graust es vor dem Gerichtstermin:
"In diesen Gerichtssaal zu gehen, mit diesem Staatsanwalt zu reden und mich für etwas rechtfertigen zu müssen, was ich geschrieben habe - das ist für mich psychologische Folter. Es ist ein Skandal."
"Ich wurde in das Militärgefängnis in Tokat verlegt. Am Tage meiner Ankunft wurden die Mithäftlinge von den Wärtern gegen mich aufgehetzt: Ich sei ein Verräter und hasste mein Land, hieß es. Ich wurde fast gelyncht. Danach war ich fast ständig in Einzelhaft. Doch der psychische Druck und die Übergriffe durch Soldaten gingen weiter. Sie zwangen mich, mir meine Haare schneiden und mich rasieren zu lassen. Hinterher hatte ich überall im Gesicht und auf dem Kopf Schnittwunden."
Nach elf Monaten Gefängnis kam Tarhan vorläufig frei. Der Student hätte sich die Haftstrafe ersparen können, wenn er auf seine Homosexualität verwiesen hätte. Homosexualität gilt in der Türkei immer noch als unvereinbar mit dem Soldatentum, weshalb Schwule als "psychisch gestört "aus dem Militärdienst entlassen werden. Doch Tarhan - einer von etwa 50 Kriegsdienstverweigerern in der Türkei - argumentierte als Pazifist und bestand auf seinem Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Dafür bekam er im In- und Ausland viel Unterstützung, unter anderen von der Istanbuler Autorin Perihan Magden. Für einen von ihr verfassten Zeitschriftenbeitrag mit dem Titel "Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht" steht Magden heute vor Gericht. Vorwurf: "Aufforderung zur Wehrdienstverweigerung", strafbar nach Paragraf 118 Strafgesetzbuch, Höchststrafe: drei Jahre Gefängnis.
"Seit Gründung der Republik gibt es bei uns die Verherrlichung des Militärischen. In den Grundschulen müssen die Kinder immer noch geloben, ihr Blut für das Vaterland zu vergießen. Diese absurde Anbetung der Armee haben wir verinnerlicht. Und wenn das jemand in Frage stellt, dann ist das zuviel für sie, dann drehen sie durch."
Sie - damit meint die Schriftstellerin die türkische Armeeführung. Sie weigert sich das Recht auf Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen - und will an Mehmet Tarhan und Perihan Magden offenbar ein Exempel statuieren. Erst kürzlich hatte der Europäische Gerichtshof geurteilt, die türkische Praxis, Kriegsdienstverweigerer wiederholt einzuberufen, bis zu acht Mal wegen Befehlsverweigerung zu verurteilen und nicht aus dem Militärdienst zu entlassen, sei "unverhältnismäßig". Und auch aus der EU wächst der Druck auf den Beitrittskandidaten, Kriegsdienstverweigerung endlich möglich zu machen. Der Europaabgeordnete der niederländischen Grünen, Joost Lagendyk, setzt sich für Perihan Magden und das Kriegsdienstverweigerungsrecht in der Türkei ein:
"Bei dieser Frage sollten wir wirklich standfest bleiben. Weil, dieses Recht ist Teil unserer Europäischen Traditionen - und am Ende müssen sich alle europäischen Länder dieser Norm beugen. In Zypern zum Beispiel kann man zwar nicht den Militärdienst verweigern, aber wenigstens innerhalb der Kasernen einen waffenlosen Dienst absolvieren. Ich erwarte, dass in der Türkei eine ähnliche Lösung gefunden wird."
Doch derzeit deutet in Ankara wenig auf eine solche Reform hin. Im Gegenteil: Angesichts der wieder aufgeflammten Kämpfe mit der kurdischen PKK wird vielerorts lautstark die nationale Verteidigungsbereitschaft beschworen. Und Frauen wie Perihan Magden müssen sich von den Nationalisten Verrat vorwerfen lassen. Der Schriftstellerin graust es vor dem Gerichtstermin:
"In diesen Gerichtssaal zu gehen, mit diesem Staatsanwalt zu reden und mich für etwas rechtfertigen zu müssen, was ich geschrieben habe - das ist für mich psychologische Folter. Es ist ein Skandal."