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Kein Schlussstrich in Sicht

Rechtliche Grundlage für die Arbeit des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen ist ein Gesetz aus dem Jahr 1991. Die derzeitigen Regelungen laufen Ende des Jahres aus. Bis dahin muss der Bundestag die geänderte Fassung des Stasi-Unterlagengesetzes verabschiedet haben.

Von Otto Langels | 25.05.2011
    "Das ist wie mit den Nazi-Verbrechern früher, man sollte auf jeden Fall die Vergangenheit aufarbeiten. - Und ich finde es richtig, dass man diese Leute, die mit dieser Vergangenheit zu tun gehabt haben, dass man die ausschaltet. - 20 Jahre nach der deutschen Einheit ist so viel schon passiert, ich denke mal, dass die Leute dann sich integriert haben in das neue System und auch ihre Vergangenheit möglicherweise bereut haben."

    Brandenburger Bürgerinnen und Bürger über den Umgang mit ehemaligen Stasi-Mitarbeitern. Die Meinungen reichen von der Erwartung, sich weiterhin mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen, bis zu dem Wunsch, das Kapitel abzuschließen und zu den Akten zu legen. Doch das Thema Staatssicherheit ist nach wie vor aktuell. Es sorgt für hitzige Debatten im Land Brandenburg und für heftige Kritik am neuen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Auch der Bundestag beschäftigt sich zurzeit mit den Aktenbergen des Ministeriums für Staatssicherheit. Morgen berät das Parlament in erster Lesung Änderungen des Stasi-Unterlagengesetzes.

    "Die Überraschung dieser zehn Jahre war, dass die Nachfrage nach den Unterlagen nicht nachlässt von Jahr zu Jahr, sondern gleichmäßig stark ist, sogar wieder angestiegen ist."

    Marianne Birthler zog Bilanz, als sie im März dieses Jahres aus dem Amt der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen schied.

    "Rund gerechnet haben 1,7 Millionen Menschen inzwischen einen Antrag auf persönliche Akteneinsicht gestellt. Diese Fantasien von einem Schlussstrich werden dadurch widerlegt. Jeder einzelne Antrag, der bei uns eingeht, ist ein Nein zum Schweigen."

    Nach der Gründung der Stasi-Unterlagenbehörde im Jahr 1990 wusste niemand, wie lange das Interesse anhalten würde, Einblick in die Stasi-Papiere zu nehmen. Doch viele Opfer des SED-Regimes haben sich erst nach 15 oder 20 Jahren zu einer Akteneinsicht entschlossen, weil sie einen entsprechenden zeitlichen Abstand benötigten, um sich die zum Teil unappetitlichen Details jahrelanger Bespitzelung zuzumuten. Manche stellen auch ein zweites Mal einen Antrag, weil sie sich durch die fortschreitende Erschließung der Akten weitere Erkenntnisse erhoffen. Roland Jahn, der neue Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, kurz BSTU, war selber ein Opfer der SED-Diktatur. 1953 in Jena geboren, wurde er als Dissident von der Stasi festgenommen und 1983 gewaltsam in die Bundesrepublik abgeschoben. Seine Rede zur Amtseinführung Mitte März nutzte er, um sich als Anwalt der Opfer zu positionieren:

    "Ich stehe für Aufklärung, aber ich stehe auch mit meiner Person für eine differenzierte Bewertung der DDR-Biografien, aber dazu müssen die Karten auf den Tisch. Und noch immer bekennen sich die Täter der Diktatur unzureichend zu ihrer Verantwortung."

    Rechtliche Grundlage für die Arbeit des Bundesbeauftragten ist das Stasi-Unterlagengesetz aus dem Jahr 1991. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde es mehrmals geändert, zuletzt im Jahr 2006. Festgelegt ist unter anderem, wer Einsicht in die Akten nehmen darf, welche Inhalte nicht öffentlich zugänglich sind und welche Angehörigen des öffentlichen Dienstes auf eine frühere Stasi-Mitarbeit überprüft werden können. Die derzeitigen Regelungen laufen Ende des Jahres aus. Bis dahin muss der Bundestag die geänderte Fassung des Stasi-Unterlagengesetzes verabschiedet haben. Alle Parteien, mit Ausnahme der Linken, wollen die Verjährungsfristen für Stasi-Überprüfungen bis zum Jahr 2019 verlängern. Die Linke lehnt eine Verlängerung ab, da sie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verletze und - mehr als 20 Jahre nach dem Untergang der DDR - den Rechtsgedanken der Verjährung missachte. Unstrittig ist hingegen, dass Stasi-Opfer weiterhin ihre Akten einsehen können. Huberts Knabe, Leiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, kritisiert allerdings die komplizierten Vorschriften des Gesetzes für Wissenschaftler:

    "Wenn ein Forscher eine Akte sehen will, dann muss erstmal ein Mitarbeiter diese Akte sich anschauen, sie kopieren, alle möglichen Namen raus streichen, sich bei jedem Namen überlegen, ist das eine Person der Zeitgeschichte oder ist das nicht der Fall, also eine unendliche mühsame Arbeit beginnt dann."

    Wer die umständlichen Vorschriften des Gesetzes kritisiert, übersieht freilich, dass es sich um illegal gesammelte Unterlagen eines Geheimdienstes handelt. Diese Papiere seien eben nicht mit anderen historischen Akten vergleichbar, betont Wolfgang Thierse, Stasi-Experte der SPD-Fraktion. Er warnt vor überzogenen Erwartungen:

    "Dass die Behörde sehr sorgfältig mit den Akten umgehen muss, das verlangt das Gesetz, weil diese Akten rechtsstaatswidrig zustande gekommen sind. Es muss Rücksicht genommen werden auf die Persönlichkeitsrechte Betroffener, deswegen Schwärzen. Das sind andere Akten, als sie sonst im Bundesarchiv sind."

    Der wohl umstrittenste Punkt der Novellierung ist der Umfang der Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst. Nach dem vorliegenden Entwurf der Bundesregierung soll der 2006 stark eingeschränkte Personenkreis wieder ausgedehnt werden auf alle Beamten und Angestellten in höheren Funktionen. Bisher können zum Beispiel nur Richter sowie Beamte, die eine Behörde leiten, überprüft werden. Ulrike Poppe, Beauftragte für die Stasi-Unterlagen des Landes Brandenburg, begrüßt die geplante Regelung:

    "Ich bin durchaus dafür, dass die Überprüfungsmöglichkeiten erweitert werden, jedenfalls dort, wo Misstrauen da ist und wo es ganz wichtig ist, um dieses Vertrauen herzustellen. Und gerade in den Kernbereichen hoheitlichen Handelns, und das ist Polizei und Justiz, gerade da ist es wichtig, dass Vertrauen geschaffen wird."

    Mit dem Hinweis auf Polizei und Justiz spielt Ulrike Poppe auf zwei Personengruppen an, die gegenwärtig in Brandenburg im Mittelpunkt einer erregten Stasi-Debatte stehen. Ministerpräsident Matthias Platzeck, SPD, befürchtet eine ausufernde Überprüfungspraxis:

    "Wollen Sie alle paar Jahre allen ostdeutschen Beschäftigten, bis der letzte Jahrgang 71 aus dem Berufsleben ausgeschieden ist, diese Regelüberprüfung anlegen? Wir wollen Aufarbeitung nach menschlichem Maß."

    Hintergrund der aktuellen Debatte sind jüngst bekannt gewordene Zahlen über ehemalige Stasi-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Mehr als 150 Justiz-Angehörige sind in Brandenburg Stasi-belastet, darunter 13 Richter und ein Staatsanwalt. Im Raum steht damit der Vorwurf, die früheren Landesregierungen hätten die Stasi-Überprüfungen zu sorglos und oberflächlich durchgeführt; eine Kritik, die sich insbesondere auf die Ära Stolpe Anfang der 1990er Jahre bezieht, aber auch auf spätere Regierungen unter Beteiligung der CDU. Für weiteres Aufsehen sorgten drei Fälle bei der Polizei. Der Cottbuser Polizeichef, der Leiter der Spremberger Kripo und der Pressesprecher der Cottbuser Polizei waren Stasi-Spitzel gewesen, hatten ihre IM-Tätigkeit aber bei ihrer Einstellung verschwiegen und sind jetzt vom sozialdemokratischen Innenminister der rot-roten Landesregierung suspendiert bzw. fristlos gekündigt worden. Einer der betroffenen Polizeibeamten war nicht nur als IM aktiv, sondern auch als hauptamtlicher Vernehmer des Ministeriums für Staatssicherheit im Rang eines Oberleutnants. Tobias Wunschik, Mitarbeiter der BSTU:

    "Die Untersuchungsführer der Staatssicherheit sorgten für die Vernehmung und spätere Verurteilung politisch Andersdenkender in der DDR. Die Aufgabe war, Geständnisse zu erwirken, mit psychischem Druck und mit ausgefeilten Vernehmungsmethoden."

    Aufgeschreckt durch die jüngsten Enthüllungen in seinem Amtsbereich möchte Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke alle führenden Polizeibeamten seines Landes auf eine frühere Stasi-Tätigkeit überprüfen lassen. Denn die fortschreitende Erschließung der Akten in der BSTU ermöglicht neue Erkenntnisse, unter anderem aus zahllosen zerrissenen Akten, die noch in 16.000 Säcken lagern und schrittweise rekonstruiert werden. Aber das Stasi-Unterlagengesetz lässt eine Anfrage nicht zu. Erst nach der vorgesehenen Novellierung wäre dies möglich. Während das Innenministerium prüfen möchte, aber nicht darf, dürfte das Justizministerium, aber der zuständige Minister Volkmar Schöneburg von der Linken will nicht. Er lehnt eine rechtlich mögliche Überprüfung aller Richter und Staatsanwälte ab, was in der vergangenen Woche im Brandenburger Landtag zu einer erregten Debatte führte. Axel Vogel von den oppositionellen Grünen und Ministerpräsident Matthias Platzeck:

    "Ist ein Richter, der womöglich seine Verstrickungen verheimlicht hat, weniger gefährlich und gefährdet als ein erpressbarer Polizeibeamter? Die Stasi-Debatte hat unser Land eingeholt, wieder einmal. Ich wünschte, der Landtag hätte diese Diskussionen bereits vor Jahren geführt.

    Sie haben sich jetzt die Richter vorgenommen, Sie reden über Polizisten, vielleicht reden Sie morgen über Lehrer. Ich weiß nicht, welche Berufsgruppe Ihnen übermorgen einfällt. Das ist ein Aussprechen eines Generalverdachts gegen ostdeutsche Beschäftigte. Und wie lange wollen Sie das eigentlich machen?"

    Matthias Platzeck kritisiert, dass man den Menschen mit einer Stasi-Vergangenheit nicht gerecht werde, wenn man ihr Handeln nach 1989 nicht berücksichtige. Schließlich könnten aus einstigen Anhängern des SED-Regimes und Zuträgern der Stasi überzeugte Demokraten werden.

    "Wir müssen uns, denke ich auch heute, immer wieder beide Lebenswelten anschauen, vor und nach 89. Ich stehe dazu, und ich sage es hier noch mal ganz deutlich: Ich weigere mich, Menschen und ihre Lebensleistungen auf eine Vergangenheit zu reduzieren, die über zwei Jahrzehnte zurückliegt."

    Die Frage aber ist noch ungeklärt, wie die Lebenswelten vor und nach 1989 gewichtet werden sollen. Wiegt eine untadelige Biografie in den letzten 20 Jahren eine unappetitliche langjährige Spitzeltätigkeit zuvor auf? Und sind sichtbare Zeichen der Reue und Sühne notwendig, um den Wandel glaubhaft zu machen? Mit sogenannten "Altlasten" muss sich zurzeit auch Roland Jahn auseinandersetzen. In der BSTU sind nach wie vor 47 ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit beschäftigt, überwiegend im Wachschutz, eine Hinterlassenschaft aus der Amtszeit von Joachim Gauck, als man glaubte, auf die Kompetenzen einzelner Stasi-Offiziere nicht verzichten zu können. Eine Hypothek, die Marianne Birthler übernommen hat, die aber nach wie vor viele Stasi-Opfer empört. Tom Sello von der Robert-Havemann-Gesellschaft, einem Verein, der aus der DDR-Opposition hervorgegangen ist.

    "Stasi-Leute haben in dieser Behörde nichts zu suchen, von Anfang an nicht und auch jetzt nicht. Da erinnere ich an eine Losung: Stasi in die Produktion, hieß es, und nicht: Stasi in die Aktenbehörde. Und die Leute müssen da weg, das ist ganz klar."

    Als Sprachrohr der Stasi-Opfer versteht sich Roland Jahn. Seinen ersten öffentlichen Auftritt als Leiter der BSTU nutzte er zu einem leidenschaftlichen Plädoyer.

    "Die Beschäftigung von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern in der Behörde für die Stasi-Unterlagen ist unerträglich. Jeder ehemalige Stasi-Mitarbeiter, der in der Behörde angestellt ist, ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer."

    Roland Jahn hat inzwischen Gespräche mit den 47 Mitarbeitern geführt, sachliche und freundliche Gespräche, wie er betont:

    "Es gibt zusammengefasst drei Punkte: 1. Diese Menschen sollen sich bekennen, dass sie bei der Staatssicherheit waren. Das haben unsere Mitarbeiter gemacht. 2. Diese Menschen haben sich eingebracht in diese Gesellschaft durch ihre tägliche Arbeit. Aber das Dritte: Glaubhaft deutlich zu machen, dass sie bereut haben, das, glaube ich, würde dadurch deutlich, indem sie sagen, ich erkenne das Empfinden der Opfer an. Ich möchte nicht zumuten, dass ein Opfer, das fünf Jahre lang im Stasi-Knast gesessen hat, hier in diese Behörde kommt und von einem ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit empfangen wird."

    Das aber heißt für Roland Jahn: Versetzung in andere Bundesbehörden. Alternative Arbeitsplätze innerhalb der BSTU ohne Publikumsverkehr zu finden, steht anscheinend nicht zur Debatte. An der fehlenden Bereitschaft der fest angestellten früheren Stasi-Leute sind allerdings schon Jahns Vorgänger gescheitert. Er will dies jedoch nicht widerspruchslos hinnehmen und hat deshalb ein Gutachten in Auftrag gegeben, um den arbeitsrechtlichen Rahmen prüfen zu lassen. Das Ergebnis soll Ende Mai vorliegen. Es geht um 47 Arbeitsplätze, angesichts von insgesamt rund 1800 Bediensteten der BSTU eine verschwindend kleine Zahl. Doch Roland Jahn misst dieser Frage eine hohe symbolische Bedeutung zu.

    "Es geht um Aufarbeitung von Diktatur, es geht um Werte, es geht um den prinzipiellen Unterschied von Diktatur und Demokratie. Wir sind eine Schule der Demokratie. Wahrhaftigkeit, Glaubwürdigkeit, Toleranz, das sind alles Werte, die wir mit unserer Aufarbeitung vermitteln."

    Glaubwürdigkeit, Wahrhaftigkeit, Reue, große Worte für eine Dienstleistungsbehörde, deren Kernaufgabe darin besteht, Akten aufzubereiten, zu archivieren und vorzulegen. Mit seiner rigorosen moralischen Haltung hat Roland Jahn heftigen Widerspruch provoziert, vor allem unter Sozialdemokraten. Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz nannte ihn einen "Eiferer", der "Schaum vorm Mund" habe. Die Stasi-Unterlagenbehörde sei schließlich "keine Einrichtung, in der es um Menschenjagd" gehe. Wiefelspütz nahm die Vorwürfe später zurück. Als der langjährige brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe vorige Woche seinen 75. Geburtstag feierte, hielt Egon Bahr, einer der letzten großen alten Männer der SPD, die Laudatio.

    "Lieber Manfred Stolpe, du hast Versöhnung gelebt und hast dafür unseren bleibenden Dank verdient."

    Egon Bahr verband das Lob für Manfred Stolpe mit einer vehementen Kritik an der Stasi-Unterlagenbehörde. Die BSTU betreibe eine Form der Inquisition und habe einen beträchtlichen Anteil daran, dass die innere Einheit Deutschlands immer noch nicht erreicht sei. Es sei an der Zeit für einen Schlussstrich, so Egon Bahr. Erstaunlicherweise scheinen manche Politiker aus früheren geschichtspolitischen Debatten wenig gelernt zu haben. Die Erinnerung an den Nationalsozialismus ist ein Lehrbeispiel dafür, dass sich Schlussstriche im Umgang mit einer Diktatur nicht von oben dekretieren lassen, nicht nach einem halben Jahrhundert, und schon gar nicht nach einem Vierteljahrhundert. Den Schlussstrich bestimmten ohnehin nicht Politiker, ist Roland Jahn überzeugt:

    "Den Zeitpunkt der Versöhnung, den können eigentlich nur die Opfer bestimmen, weil sie haben die Verletzungen erlitten."

    Die aktuelle Debatte um Stasi-Überprüfungen, Versöhnung und Schlussstriche überlagert momentan die grundsätzliche Frage, wie man mit dem Erbe einer Diktatur umgehen soll; den Blick weiterhin auf die Akten des DDR-Geheimdienstes, auf Spitzel und Verrat richten? Oder sich dem Gesamtsystem Diktatur zuwenden: Wie wurde jemand zum Täter oder Opfer, wie funktionierte das Wechselspiel zwischen SED und Staatssicherheit, wie verlief der Alltag in einer Diktatur zwischen Repression, Anpassung und Widerstand? Rainer Eppelmann, Vorstand der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur:

    "Im Grund waren die, so haben sie sich auch verstanden, Schild und Schwert, die waren die Befehlsempfänger der obersten Spitze der SED. Wir müssen endlich anfangen, uns intensiv damit zu befassen, welche Verantwortung die hatten, wer da tatsächlich die Verantwortung hatte."

    Würde damit die Stasi-Behörde an Bedeutung verlieren? Seit Jahren wird die Arbeit der BSTU von Forderungen begleitet, sie möglichst bald aufzulösen und die Akten in das Bundesarchiv zu überführen. Im Raum steht das Jahr 2019 als magisches Datum, 30 Jahre nach der friedlichen Revolution vom November 1989. Roland Jahn ist zunächst für fünf Jahre zum Leiter der Stasi-Behörde gewählt worden, eine zweite Amtsperiode stünde womöglich im Zeichen der Auflösung, meint Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse.

    "Es ist vermutlich die letzte, weil wir ja damals, als wir diese Behörde geschaffen haben, immer der Überzeugung waren, dass wir keine Behörde für die Ewigkeit schaffen wollen und schaffen können. Ich neige dazu, zu sagen, 30 Jahre nach Ende der DDR könnte für diese besondere Institution ein Schluss gekommen sein."

    Entscheidungen sind aber noch längst nicht gefallen. Die neue Fassung des Stasi-Unterlagengesetzes sieht eine Verlängerung der Verjährungsfristen bis 2019 vor. Ob es die letzte Verlängerung sein wird, bleibt abzuwarten. Ansonsten hat die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag zunächst nur beschlossen, eine Perspektivkommission einzusetzen, die Vorschläge zur künftigen Entwicklung der BSTU machen soll. Die CDU-Abgeordnete Beatrix Philipp:

    "Da geht es um Menschen, die schwer verletzt worden sind, die traumatisiert worden sind, die zum Teil ein Leben lang nicht mehr richtig auf die Füße kommen. Und da kann ich nicht nur sagen, da machen wir mal ein Archiv oder so. Das ist mir zu einfach und wird den Menschen nicht gerecht. Und deswegen habe ich auch Herrn Jahn gesagt, lassen Sie sich nicht immer wieder erzählen, Sie seien ein Abwickler, weiß ich nicht."

    Und der "Abwickler"? Roland Jahn gibt sich gut zwei Monate nach seinem Amtsantritt kämpferisch.

    "Die Gesellschaft entscheidet, ob wir gebraucht werden, aber ich merke, dass diese Dienstleistungen angefordert werden. Ich habe in keiner Weise den Eindruck, dass der Bedarf nicht da ist. Und deswegen betone ich immer wieder, ein Ende der Behörde ist nicht absehbar. Und wir können jetzt gar nicht entscheiden, was im Jahr 2019 ist."