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Kein Spass an Intros

Vergangenes Wochenende ging in Köln eine Messe mit Konferenz zu Ende, die sich Digital Behaviour nannte - digitales Verhalten. In Zeiten der Depression in der Branche war es ein mutiger Schritt, eine neue Veranstaltung für Multimedia-Werkzeuge aus der Taufe zu heben. Zwar finden die Tools bei Web-Bastlern regen Anklang, doch die Ladezeiten schrecken viele Surfer ab.

Maximilian Schönherr |
    Flash ist unangefochten das Animationswerkzeug fürs Internet, und nach Flash kommt wieder Flash. Auf der Digital Behaviour, kurz DigiB, war Hersteller Macromedia mit Stand, Büchern und Workshops omnipräsent. Flankiert wurde der Marktführer dabei von anderen großen Firmen der Branche, darunter das größte englische Special Effects-Haus "The Mill" mit Beispielen von digitalen Hubschraubern und Sandstürmen. Selbst die Toystory-Schmiede "Pixar" hatte einen kleinen Stand, an dem allerdings nicht die großen Plüschtiere aus dem Monster AG-Park verkauft wurden, sondern vielmehr das rund 10.000 Euro teuere Programm "Renderman" zum Berechnen von 3D-Bildern angepriesen wurde. Doch den meisten Messebesuchern schien das Angebot der Aussteller zu speziell auszufallen. Sie wollten indes Werkzeuge zum Erstellen bunter Filme und Spezialeffekte für das Internet sehen. Doch ob so genanntes Streaming Video überhaupt noch eine Rolle spielt, stellen Experten in Frage.

    "Streaming Video spielt im öffentlichen Teil des Internets nach dem anfänglichen Hype kaum eine Rolle. In firmeninternen Netzen gehört es aber längst zum Alltag. Der Grund: Die Intranets sind schnell genug, das öffentliche Internet leider noch nicht", meint Keith Russell, Software Manager von Discreet, Europa. So stellt sich die Frage, ob der Anwender einen solchen Film nicht lieber herunterlädt und dann anschließend in Ruhe genießt, statt jedesmal die ganze Bandbreite für den Echtzeit-Datenstrom zu verschlingen. Dazu Russell: "Na klar möchte das der Endkunde so haben. Die Filmindustrie aber nicht! Die Filmindustrie denkt in Kategorien von Urheber- und Vervielfältigungsrechten. Ihr Horrorszenario sind dunkle Läden, wo man aus dem Internet raubkopierte Videos auf CD für fünf Dollar das Stück kaufen kann. Bei gestreamten Filmen entfallen all diese Sorgen."

    Keith Russel's Firma Discreet besitzt in der Filmindustrie den besten Namen, wenn es um das so genannte Compositing geht, also das Mischen von Bildquellen und Herstellen von Spezialeffekten wie Feuer oder digitalem Filmkorn. Mit diesem Anspruch wollte Discreet bis vor Kurzem denn auch nichts von Macintoshs und Windows PCs wissen und entwickelte seine Software allein für teuere Silicon Graphics Maschinen hergestellt. Das ist heute allerdings anders. Mit einer in der vergangenen Woche frisch vorgestellten 3D-Software steigt Discreet jetzt vom hohen Thron herunter: "Plasma" ist eine Art kleiner Bruder der weit verbreiteten und von Discreet vertriebenen Animationssoftware 3d Studio Max: "Wenn wir mal das Internet betrachten, so werden dort 3D-Animationen benötigt, für die unser komplexes Produkt 3D Studio Max einem Vorschlag-Hammer entspricht, mit dem man eine kleine Nuss knackt. Plasma dagegen ist der Hammer in der richtigen Größe, um schnelle kleine 3D-Animationen fürs Internet zu erstellen - im gängigen Flash-Format. Wir haben mit Plasma versucht, selbst komplexe Dinge wie Charakteranimation und dynamische Simulationen auf einen Mausklick zu reduzieren: Man wählt zwei Objekte aus, klickt auf den "Lass sie fallen"-Knopf, fertig."

    Leider ist die Bedienung nicht ganz so einfach, wie der Fachmann es anpreist. So wurde die neue Software als ein einfaches, völlig neues und billiges 3D-Tool angekündigt, doch sie erschlägt den 2D-Grafiker mit den Hunderten von Menüs und der komplexen Terminologie des großen Bruders, für den Einlernzeiten von Monaten bis Jahren veranschlagt werden. Doch Russel ist dennoch überzeugt, dass ein Markt für das Produkt existiert: "Wir haben den Markt erforscht und hören von Webdesignern vor allem eins: Sie such nach neuen Möglichkeiten, um sich von der großen Masse abzuheben, um die Aufmerksamkeit auf ihre Arbeiten zu ziehen. Einer modernen Firma reicht eine normale Flash-Animation bei ihrem Webauftritt nicht mehr, sie möchte etwas Neues haben. Die Revolution der Flash-Animationen im Web fing ja so an: Zwei Leute hatten Flash auf ihren Seiten; plötzlich wollten alle, dass sich etwas bewegt. Das ist heute so schlimm, dass der meist geklickte Knopf im Internet der Skip-Intro-Knopf ist, um diese Flash-Animationen bloß nicht ansehen zu müssen. Denn was man nach längerem Warten in der Regel sieht, ist eh nur das herumzappelnde Firmenlogo. Um es auf den Punkt zu bringen: Flash ist ein kompaktes, gutes Format, und die nächste Revolution werden intelligentere Formen von Flash-Animationen sein, und da wird 3D die Rolle spielen."