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Kein Zutritt zum Haus des Augustus

Rom ist voll von antiken Sehenswürdigkeiten. Doch eine besondere Attraktion bleibt den Touristen verborgen. Aus Geldmangel ist das Haus des Kaisers Augustus auf dem Palatin geschlossen. Für Archäologen sind darin erhaltene Wandbilder eine Sensation.

Von Thomas Migge |
    Ein verrostetes Eisentor. An einer Eisenkette, die das Tor verschließt, hängt ein großes Schloss. Es soll Kunstdiebe vor dem Zugang in das Haus des Augustus abhalten. Eine lächerliche Sicherung, die mit einer simplen Zange aufgebrochen werden könnte, meint die Archäologin Irene Iacopi:

    "Hierbei handelt es sich um eine typisch italienische Angelegenheit. Es gibt kein Geld, um unsere Kunstschätze zu schützen, kein Aufsichtspersonal, keine effektiv schließenden Türen und schon gar keine Alarmanlage. Nichts, gar nichts. Aus Geldmangel können wir diese Schätze hier, im Haus des Augustus, auch niemandem zeigen, weder den Römern noch den Rombesuchern."

    Irene Iacopi schließt das Schloss an dem Tor auf. Wir befinden uns auf dem Palatinhügel, der sich beim Forum Romanum erhebt, einem der sieben legendären Hügel Roms. Auf ihm errichteten die Kaiser ihre Paläste und Villen. Das so genannte Haus des Augustus wurde schon vor über 100 Jahren entdeckt. Ausgegraben wurden das private Appartement des Kaisers, einige Ruheräume und eine Art Terrassenzimmer, dessen Fußboden mit Mosaiken ausgeschmückt ist und von dem aus der Blick in einen Garten geht. In den 60er Jahren begann die römische Altertümerbehörde mit weiteren Grabungen auf dem Palatinhügel. Dabei wurden neue Säle des Augustushauses entdeckt. Die Arbeiten mussten aber sofort wieder eingestellt werden - aus Geldmangel - und das, klagt Irene Iacopi, verantwortliche Archäologin für den Palatin, obwohl epochale Entdeckungen gemacht wurden. Entdeckungen, über die die Öffentlichkeit erst jetzt umfassend informiert wird:

    "Nach verschiedenen Appellen wurde eine Kommission im Kulturministerium eingerichtet, die sich dazu entschied, endlich die Grabungen in diesem unbekannten Teil des Palastes vorzunehmen. Was wir in den letzten Monaten dort entdeckten, verschlug uns die Sprache. Wir haben vielleicht die am besten erhaltenen Fresken auf dem ganzen Palatin gefunden."

    Die von Irene Iacopi und ihren Mitarbeitern freigelegten Räume faszinieren durch einen relativ intakten Wandschmuck. Im "Oecus" zum Beispiel, jenem Saal, der von August für offizielle Empfänge genutzt wurde. Oder in den übrigen Repräsentationsräumen. Während August sein privates Ambiente spartanisch einfach hielt, zog er in den übrigen Räumlichkeiten seines Palastes den damals in römischen Adelskreisen beliebten Prunk in der Ausschmückung der Wände vor. Die heute leeren Räume wirken wie erst vor wenigen Jahrzehnten verlassen. Die Fresken ganzer Wände sind komplett erhalten.
    Irene Iacapi:

    "Die Themen, die auf diesen Wandbilder behandelt werden, betreffen immer wieder die Architektur. Sie erinnern in ihren perspektivischen Darstellungen, Durchbrüchen und Aussichten an die Malerei der späten Renaissance und des Manierismus."

    Sogar kleinste Einzelheiten dieser Malereien sind noch gut zu erkennen: Fabeltiere auf Dachgiebeln, Masken, die in gemalten Nischen stehen, und Putten mit beflügelten Pferden, die auf die illusionistischen Fenstersimse gemalt wurden. Auch die in ihren Motiven eher einfach gehaltenen Malereien sind immer noch detailgenau zu erkennen: Blumen- und Blütengirlanden und die feingezeichneten Kannelierungen korinthischer Säulen.
    Archäologen wie Irene Iacopi sind aufgrund der jetzt wieder zu sehenden Freskenbilder davon überzeugt, dass sie das Werk ägyptischer Maler sind, die im Gefolge von Kleopatra, zur Zeit von Julius Cäsar, nach Rom kamen und eine neue Mode in der architektonischen Wandmalerei begründeten:

    "Man sieht hier deutlich, wie sich der Geschmack in der Ausmalung der Wände änderte. Diese Malereien begründeten in Rom einen, ja wie soll man sagen, Trend. Nur hatten wir bisher noch nie so gut erhaltene Beispiele für diese Malerei gefunden. Wir haben hier vor unseren Augen die Wurzeln für die Malerei der Renaissance: die Lust am Spiel mit Perspektiven, mit Illusionen und mythologischen Wesen, mit Blumen und Tieren. Themen, die in den Villen des 16. und 17. Jahrhunderts wieder Mode wurden."

    Allerdings können Romtouristen diese Säle der Villa des Augustus nicht besichtigen. Das Kulturministerium spricht von mindestens drei Jahren, die man noch warten muss, weil die antiken Räumlichkeiten erst noch mit Sicherheitstüren und Alarmanlagen abgesichert werden müssen. Dafür aber fehlt wieder einmal das Geld. Bis auf weiteres.