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Keine Angst vor dem Genmais

Gentechnik in der Landwirtschaft stößt in Deutschland vielfach auf Ablehnung. Im vergangenen Jahr wuchs genveränderter Mais auf knapp 1000 Hektar. Die meisten Felder liegen in Brandenburg, und dort gibt es auch Bauern, die auf die Gentechnik schwören.

Von Michael Schlag |
    Das Havelland nördlich von Berlin, eine hügelige Landschaft mit Hecken, Windrädern und sehr großen Feldern: Jörg Eickmann, Leiter der Bauerngenossenschaft Badingen, stoppt seinen Geländewagen auf einem abgeernteten Feld, auf dem er im vergangenen Jahr konventionellen Mais angebaut hatte. Der Acker war ein gefundenes Fressen für den Maiszünsler. Eickmann nimmt einen halb verrotteten Maishalm vom Boden und bricht ihn auf:

    "Hier haben wir das sehr schön: Hier ist die Einstichstelle, dann ist hier das Loch und hier, sehen Sie, ist der von unten nach oben gewandert, hier der untere Bereich ist noch in Ordnung, hier oben in diesem Bereich ist der Stängel vollständig ausgehöhlt. Und es ist so, dass die Pflanze beim kleinsten Anstoß umknickt und dann für uns nicht mehr zu ernten ist."

    Der Maiszünsler hatte hier ein Drittel der Ernte vernichtet. Auch Jörg Piprek, Leiter der Landfarm Hohenstein im Oderland östlich von Berlin, verzeichnete ähnlich hohe Schäden und begann deshalb vor zwei Jahren als einer der ersten mit dem Anbau von gentechnisch verändertem Futtermais, so genanntem Bt-Mais. Der produziert das Insektengift des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis in seinen Blättern, das macht ihn resistent gegen den Maiszünsler. Pipreks Erfahrung:

    "Die ersten Flächen Bt-Mais 2005 haben dann ganz klar gezeigt, dass es funktioniert, dass also der Befall des Maises durch den Maiszünsler auf Null geht. Und das hat sich auch im Jahr 2006 so gezeigt, und dass man letztendlich bis zu 30 Prozent mehr ernten kann."

    Außer durch die Gentechnik resistent gemachtem Saatgut gibt es andere Methoden gegen den Maiszünsler: Man könnte Pflanzenschutzmittel einsetzen, aber mit ungewissem Erfolg, so Jörg Piprek, der mit seinem Mais eine Biogasanlage betreiben wird:

    "Das Problem bei der Insektizidbehandlung ist, dass man den Zeitpunkt des Einfluges des Maiszünslers sehr schwer bestimmen kann. Wenn man Pech hat, gibt es noch eine zweite Anflugwelle, so dass die Wirkung wirklich sehr eingeschränkt ist."

    Allerdings ist das gentechnisch veränderte Bt-Saatgut teuer, es kostet mindestens ein Drittel mehr als konventioneller Mais. Doch es rechnet sich, so Jörg Eickmann, der Mastschweine und Sauen damit füttert. Denn Mais, der vor Insektenfraß geschützt ist, hat weniger Verletzungen und Fraßgänge von Larven und damit weniger Eintrittspforten für schädliche Pilze. Und so enthalte das Schweinefutter aus Bt-Mais am Ende weniger Pilzgifte:

    "Die Verluste durch den Maiszünsler beim Bt-Mais, das haben unsere Erfahrungen in 2006 gezeigt, sind gleich Null, zusätzlich zu den gesunden Beständen, die wir dort haben. Wenn wir die Verluste nur berechnen, dann ist es so, dass die höheren Saatgutkosten dann nicht mehr ins Gewicht fallen."

    Brandenburg ist das Hauptanbaugebiet für Bt-Mais in Deutschland. Auf den großen und zusammenhängenden Ackerflächen lassen sich die nötigen Abstände zu konventionellen Nachbarflächen leichter einhalten als in kleinen Agrarstrukturen. Zweitens wird auf den sandigen und schlechten Böden viel Mais angebaut, für Kühe, Schweine und zunehmend auch als Energiemais, wie bei Jörg Piprek. Und, dritter Grund:

    "Es macht natürlich nur Sinn in Gebieten, wo man wirklich mit dem Maiszünsler rechnen muss. Und bei uns ist der Befall eben leider sehr stark und das bedeutet für mich, dass man sich mit dem Maiszünsler auseinandersetzen muss, dass man ihn bekämpfen muss. Und da ist es die effektivste Methode nach meiner Rechnung."

    Und deshalb planen beide Landwirte, den Anbau von Bt-Mais in diesem Jahr deutlich auszuweiten.