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Keine Angst vor Wölfen

Die Rückkehr wild lebender Wölfe nach Deutschland ist gut für das Ökosystem Wald. Doch manche Menschen haben Angst vor der furchterregenden Kreatur aus Märchen und Sagen. Pädagogen und Wissenschaftler haben nun den "Wolfskoffer" entwickelt, um über das tatsächliche Leben der Tiere aufzuklären.

Von Michael Engel | 28.09.2012
    Fünf Wölfe leben im Zoo Hannover. Für Annina Heyde, einer Pädagogik-Studentin aus Hildesheim, ist das genau der richtige Ort, um den von ihr mitentwickelten "Wolfskoffer" auszuprobieren. Mit dabei: Schülerinnen und Schülern einer achten Klasse.

    "Wir haben ja heute den Tag im Zoo mit Euch hier im Wolfsgehege. Ich möchte jetzt zu Beginn der Unterrichtsstunde mit Euch jetzt erst mal sammeln, was ihr überhaupt über den Wolf wisst."

    "Die sind lebensgefährlich, lebensgefährlich ..."

    Lebensgefährlich? Dieses Merkmal der Wölfe kennen die Jugendlichen vor allem aus dem Märchen. Von "Rotkäppchen" bis zu den "sieben Geißlein". Das Image der Tiere ist schlecht, sagt Dr. Torsten Richter von der Uni in Hildesheim.

    "Also der Wolf ist natürlich ein Raubtier. Und bei 'Gefährlichkeiten' müssen wir unterscheiden, für wen die Wölfe gefährlich sind. Natürlich sind Wölfe für Huftiere sehr gefährlich. Das würde ich niemals in Abrede stellen. Für wen sie nicht gefährlich sind und wen sie verlässlich meiden, sind Menschen."

    Um diese Botschaft in die Schulen zu tragen, entwickelte der Biologe zusammen mit dem Schulbiologischen Zentrum Hannover den "Wolfskoffer". Darin enthalten: Fell, Schädelknochen, Zähne, Fußabdrücke in Gips und didaktisches Begleitmaterial. Die Botschaft: Menschen haben von den Tieren nichts zu befürchten, auch wenn sich die ersten Wölfe nun auf norddeutschem Terrain frei bewegen.

    "Die Motivation, den Wolfskoffer zu erstellen, kam genau aus diesem Grund. Uns war klar, dass die Wölfe nach Niedersachsen kommen werden. Uns war klar, dass es hier wieder Rudel geben wird. Und es war klar, dass Mensch und Wolf sich auseinander gelebt haben und wir erst wieder lernen müssen, mit dem Wolf zusammenzuleben."
    Der "Wolfskoffer", von dem es bisher nur ein Exemplar gibt, wird vom Schulbiologischen Zentrum Hannover erst mal auf dem Gelände des zoologischen Gartens erprobt. Später, so die Leiterin Dr. Regine Leo, soll es 25 solcher Koffer geben, die über die Umweltbildungszentren des Landes an interessierte Schulen ausgeliehen werden.

    "Wir brauchen Material zum Anfassen, zum wirklich 'Wolf erleben', auch in Einrichtungen, wo man nicht wie hier in den Zoo gehen kann, um den lebenden Wolf zu sehen. Sondern wo man in den Wald gehen kann, und dort das Thema Wolf wunderbar thematisieren kann."

    Leicht werden es die Pädagogen sicher nicht haben. Derzeit gehen Berichte über gerissene Schafe durch die Medien. Auf dem Truppenübungsplatz Munster sollen drei junge Wölfe sogar einen Soldaten in der Nacht über längere Zeit verfolgt haben. Viele Menschen sind verunsichert. Völlig unbegründet, so das Urteil der angehenden Biologielehrerin Annina Heyde.

    "Ih denke auch, dass sie am Ende erkennen, ja so schlimm ist es nicht, sondern, dass wenn man in den Wald geht, und dann auch wirklich eine gruselige Geste macht, dann sind die Wölfe auch eigentlich weg. Also, das hoffe ich, dass die am Ende sehen, dass das gar nicht so schlimm ist."

    Sechs Stunden lang haben sich die 14-jährigen Schülerinnen und Schüler mit dem Wolf beschäftigt, haben Abdrücke vermessen, Zähne unter die Lupe genommen, Fährten gelesen. Deshalb die Frage am Schluss: Ob sie denn nun auch in den Wald mit frei umher laufenden Wölfen gehen würden?

    "Da ist also schon Angst bei, aber trotzdem würde man da eigentlich reingehen, weil wenn man denen nichts tut, weil die haben ja meist mehr Angst vor uns als wir vor denen."

    "Also ich hätte natürlich auch Angst, weil man weiß natürlich ja nicht, was so ein Tier macht mit einem ..."