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Keine Beurlaubung mehr für die Abschlussarbeit

Wer am Ende seines Studiums alle Scheine zusammen und die Prüfungen abgelegt hat, der hat noch eine große Aufgabe vor sich: Die Abschlussarbeit. Ein halbes Jahr lang lesen, denken und schreiben. Meist die einzige Beschäftigung für die Studierenden am Ende ihres Studiums. Wer wollte, konnte sich bisher an der Uni Frankfurt für das betreffende Semester beurlauben lassen. Das will die Uni-Leitung nun ändern.

Von Stefan Erbe |
    "Bisher war’s so, dass die Regelung ganz einfach gehandhabt wurde, dass man Urlaubssemster beantragen konnte, wenn man sich eben in die Examensprüfung oder sonst was vorbereitet, oder man seine Magisterarbeit schreibt, Diplomarbeit schreibt etc., zu sämtlichen Abschlussprüfungen war das im Prinzip vorgesehen. Man konnte den Antrag ganz normal stellen, und der ist auch ganz einfach durchgegangen. "

    … so beschreibt Asta-Vorsitzende Anja Engelhorn den Beurlaubungsvorgang für die Frankfurter Studierenden im Examen. Mit Einführung der Studiengebühren in Hessen seit diesem Wintersemester hat sich diese eigentlich alte Regelung besonders schnell herumgesprochen, denn wer beurlaubt ist, muss keine Studiengebühren zahlen. Knapp 10 Prozent der etwa 33.000 Studierenden in Frankfurt haben sich in diesem Semester beurlauben lassen. Das sind fast doppelt so viele wie bisher.

    Für Vizepräsident Ingwer Ebsen ein Grund, einzuschreiten:

    "Wenn man plötzlich mit einer wirklich massiv veränderten Ausnutzung einer in der Vergangenheit schon rechtlich nicht vertretbaren Praxis konfrontiert wird, dann muss man reagieren. "

    Denn in der Immatrikulationsverordnung steht, dass neben Krankheit, Auslandssemester oder Praktika auch andere "wichtige Gründe" für die Beurlaubung angegeben werden können, aber eine Beurlaubung zur Vorbereitung auf eine Abschlussprüfung ist ausgeschlossen.
    Bisher wurde das Schreiben der Abschlussarbeit aber als Grund für die Beurlaubung akzeptiert. Und das ist auch richtig so, meinen die Studierenden:

    "Das Urlaubssemester sollte man sich nehmen dürfen, weil man braucht die Zeit und auch die Mittel.

    Die nutzen die Uni ja nicht genauso wie andere Studenten, die nehmen keine Veranstaltungen mehr wahr, d.h. sie beziehen keine Leistungen mehr von der Universität. Das einzige, worauf man angewiesen ist, sind mehr oder weniger die Bücher und die Betreuung des Dozenten. "

    Für Vizepräsident Ebsen trifft das nicht zu.

    "Gerade in der Examensphase, auch in der Examensvorbereitungsphase, nutzt man die Universität sehr intensiv. Das ist natürlich von Studiengang zu Studiengang verschieden."

    Aber die Examenskandidaten nehmen nicht mehr an der Lehre teil, meint Asta-Vorsitzende Engelhorn:

    "Was die Universität immer gerne sagt, ist dass die Infrastruktur genutzt wird, aber Studiengebühren ja eigentlich für die Verbesserung der Lehre eingesetzt werden sollten, also nicht für die Infrastruktur. Und Bibliotheken etc., das ist ja weiterhin vom Land finanziert und nicht durch die Studiengebühren. Also frag ich mich, mit welcher Begründung man über die Studiengebühren argumentieren möchte, wenn eigentlich die Studiengebühren gar nicht dafür ausgegeben werden, für das was die Examenskandidaten noch nutzen. "

    Für das Präsidium ist jedoch entscheidend, dass bisher nicht alle Studierenden gleich behandelt würden, so Ebsen:

    "Die einen entziehen sich den Studienbeiträgen, nutzen gerade in der Examenszeit intensiv die Einrichtung der Universität, andere zahlen, und das darf nicht sein. "

    Die Uni-Leitung hat deshalb beschlossen, ab nächstem Semester genau nach Verordnung vorzugehen, das heißt, die bisherige, lockere Handhabung der Regelung wird abgeschafft.

    Asta-Vorsitzende Engelhorn vermutet, dass es eigentlich gar nicht um Fairness geht, sondern um’s Geld, gerade weil das bisherige Vorgehen jahrelang auch vom Präsidium nicht als ungerecht angesehen wurde:

    "Es war nie ein Problem, es war ein gangbares Mittel, man wurde von den Professoren darauf hingewiesen, man konnte es sogar als Begründung reinschreiben, und es war nie ein Problem, es wurde ohne weiteres genehmigt. Na, da frag ich mich doch, wieso ausgerechnet in dem Semester, in dem Studiengebühren erhoben werden?!"

    Für das Präsidium spielen die Geldbeträge für die Uni zwar durchaus eine Rolle, eigentlich gehe es aber um’s Prinzip, so Vizepräsident Ebsen:

    "Für die Universität ist natürlich tatsächlich der Geldbetrag nicht irrelevant, aber der eigentliche Punkt ist, dass dadurch die allgemeinen Grundlagen für die Bezahlung von Studienbeiträgen verfälscht werden. "

    Den Studierendenvertretern leuchtet das nicht ein. Noch vor der Weihnachtspause hat das Studierendenparlament eine Resolution des Astas verabschiedet, in der die Studierenden fordern, die bisherige Regelung beizubehalten. Anja Engelhorn:

    "Weil gerade in dieser Zeit die Studierenden ja unter ’nem sehr großen Druck stehen. Sie haben extrem wenig Zeit, weshalb viele auf Lohnarbeit verzichten müssen, also finanziell sehr in einer prekären Lage sind. Und somit ist es für viele schwierig, noch zusätzlich etwas zu erarbeiten für die 500 Euro, die ja zusätzlich noch hinzukommen mit den Studiengebühren. "

    Nach Aussage von Vizepräsident Ebsen kommt die Änderung ganz sicher zum Sommersemester. Und dann nicht nur in Frankfurt, sondern an vielen hessischen Universitäten, deren Leitungen in engem Kontakt stehen.

    Aber der Asta gibt so schnell nicht auf.

    "Das Präsidium lässt sich manchmal doch mehr beeindrucken, als es auf den ersten Blick scheint. "