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Keine Chance auf Ausflüchte mehr

Technik. – Alkohol im Straßenverkehr ist eine wesentliche Unfallursache. Immer niedrigere Grenzwerte stellen die Verkehrspolizei jedoch zunehmend vor das Nachweisproblem. Manche Alkoholsünder versuchen es mit der Ausrede von Mundwassern oder Sprays für Herzkranke, denn beides enthält geringe Mengen von Alkohol. Forscher der Martin-Luther-Universität in Halle haben jetzt einen Weg gefunden, diese Ausflüchte zu entdecken.

    Von Hartmut Schade

    Zweimal auf den Sprühkopf der Mundwasserflasche gedrückt – und schon ist man als Autofahrer auf der sicheren Seite. Nicht was den Mundgeruch betrifft, sondern den Alkohol im Atem. Denn Mundwässer enthalten Alkohol und liefern so die ideale Schutzbehauptung für Promillesünder. Das gleiche gilt für Sprays, die Herzkranke vor einer Belastung oder einem Herzanfalls nehmen, So ist es in einer Broschüre des "Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr" nachzulesen und so argumentierten auch betroffene Autofahrer vor Gericht. Doch eine solche Aussage lässt einen Rechtsmediziner nicht ruhen, sagt Steffen Heide von der Martin-Luther-Universität Halle.

    Daraufhin haben wir zwei Versuchsreihen gemacht , in der ersten Reihe haben zwei Versuchspersonen das Spray angewendet und bei den nachfolgenden Atemalkoholuntersuchungen führt das zu Fehlermeldungen wie Mundrestalkohol, Differenz der Einzelwerte und spätesten nach elf Minuten zur eine gültigen Atemalkoholkonzentration, die aber in allen Fällen 0,0 mg je Liter betrug.

    Womit das Mundwässerchen und Herzmittel als Ursache für die Fahne ausfällt. Blieb These Nummer zwei. Wer ein Bierchen intus hat und dann inhaliert, bei dem schnellt der angezeigte Wert massiv nach oben. Auch das überprüften die Hallenser Rechtsmediziner. Unter ärztlicher Kontrolle tranken die Testpersonen einen Liter Bier, was zu einem Atemalkoholkonzentration zwischen 0,13 und 0,22 Milligramm je Liter führt. Dann wurde wieder inhaliert, gepustet und die Atemalkoholkonzentration gemessen. Heide:

    Die aber lag in allen drei Fällen unter der zuvor bestimmten Atemalkoholkonzentration, das heißt durch die Anwendung der Spray konnte auch keine Erhöhung einer Atemalkoholkonzentration bei zuvor alkoholisierten Personen erreicht werden.

    Die vermeintlich sichere Schutzbehauptung, Herzsprays oder Mundwässerchen seien an der Fahne schuld, ist damit hinfällig.

    Doch die Mediziner suchen nicht nur nach Wegen, Alkohol sofort nachzuweisen. Ebenso fahnden sie nach Markern, die noch nach Tagen zeigen, ob ein Mensch Bier, Wein oder Schnaps getrunken hat. Ein solcher Marker ist das Fettsäureethylester sagt die Ärztin Katrin Güttler vom Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie der Universität Magdeburg. Der Fettsäureethylester entsteht während des Alkoholstoffwechsels durch Veresterung freier Fettsäuren, die im Blut vorkommen.

    Diese Fettsäureethylester entstehen sehr schnell und werden dann auch wieder abgebaut. Das ist ja so, die entstehen nur , wenn wirklich Alkohol im Blut vorhanden ist. Unsere These ist, das Fettsäureethylester sich andere Kompartimente suchen, ins Fettgewebe gehen und wenn die im Blut abgebaut sind , dann zurück diffundieren und dadurch noch ein erhöhter Spiegel nachweisbar ist.

    Bis zu 44 Stunden nach dem Alkoholtrinken konnten die Magdeburger diese Fettsäureethylester noch im Körper nachweisen. Zu diesem Zeitpunkt ist schon längst kein Alkohol mehr Blut. Allerdings untersuchten die Labormediziner bisher nur Leute, die mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kamen. Ob sich das Ester auch bei jenen solange nachweisen lässt, die am Abend drei Vier Bier oder Gläser Wein getrunken haben, sollen künftige Untersuchungen zeigen. Güttler:

    Wir glauben, dass Leute die regelmäßig trinken, ihren Fettsäureethylester immer wieder auffrischen und deshalb einen höheren Spiegel haben.

    Können die Magdeburger ihre These belegen, hätten es notorische Alkoholsünder beim "Idiotentest" schwerer sich duchzumogeln.