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Keine Einberufung für XP

Zwar stellte der Technische Überwachungsverein hierzulande Microsofts neuem Betriebssystem "XP" eine Unbedenklichkeitsbescheinigung in Sachen Datenschutz aus, doch die aufgekommenen Zweifel der Kritiker hinsichtlich der Zwangsregistrierung lassen sich damit kaum beseitigen. Besonders in Betrieben, die mit äußerst sensiblen Daten umgehen, macht sich Unmut über die Geheimniskrämerei des Redmonder Konzerns breit. Weil sich der Softwareriese darüber ausschweigt, welche Informationen genau bei der Registrierung erhoben werden und via Internet ihre unfreiwillige Reise zum Hersteller antreten, lehne jetzt auch das amerikanische Militär den Einsatz von Windows XP vorerst ab, so berichten Experten.

Holger Bruns |
    Die US-Army, traditionell vorsichtig im Umgang mit ihren Computersystemen, habe sich generell gegen den Einsatz des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows XP entschieden, berichtet der amerikanische Cyberwar-Experte Charles Smith und beruft sich dabei auf Quellen innerhalb des Pentagon: "Das Militär befürchtet, Microsoft könne so wichtige Informationen über die verwendeten Computersysteme erhalten, wenn im Rahmen der Registrierung Hardware-Informationen über beispielsweise die Fähigkeiten der Maschine und installierte Software über das Internet verschickt werden. Das Verteidigungsministerium will natürlich auch solche Informationen unter Verschluss halten." Wenn überhaupt, würde die US-Army Windows XP demnach allenfalls auf Rechnern einsetzen, die keine als geheim klassifizierten Informationen beherbergen. Aber selbst das sei nicht unproblematisch, denn für Software-Installationen unter Windows XP sei eine Internet-Verbindung meist erforderlich.

    Von diese ausgeprägten Skepsis der US-Krieger ist Friedensforscher Ralf Bendrath von der Freien Universität Berlin keineswegs überrascht: "Einerseits ist die Sicherheit der militärischen Computernetze ein vitales Interesse. Überdies ist aber auch seit einigen Jahren gerade in den USA die Angst vor einem Cyberangriff durch feindliche Staaten oder Terroristen sehr gewachsen." Aus diesen Sorgen heraus habe sich das US-Militär bereits früher speziell gegen Windows-Betriebssysteme in bestimmten Anwendungen entschieden. So benutze das US-Heer beispielsweise seit 1999 kein Windows NT mehr für ihre Webserver, sondern wechselte auf MacOS von Apple .

    Die Presseabteilung des Pentagon wollte jedoch bislang nicht bestätigen, dass Windows XP im Bereich der US-Army generell unerwünscht sei. Das Betriebssystem sei neu auf dem Markt und müsse zunächst auf seine Verwendbarkeit geprüft werden. Generell lege man bei solchen Betrachtungen besonderes Augenmerk darauf, das eingesetzte Software frei von eingebauten Hintertüren, Fallen, Viren und Trojanern sei. Dieser Sicht schließt sich auch das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik an und verweist darauf, dass Windows XP nicht auf seine Datensicherheit überprüft werden könne, weil man die Quelltexte nicht einsehen könne. Ob aber militärischen wie zivilen Nutzern das Vertrauen in Microsoft und das vom TÜV-IT erstellte Gutachten zur Sicherheit der Online-Aktivierung von Windows XP genügt, bleibt fraglich. Ein Argument der Redmonder Programmierer verweist auf die Corporate Edition von XP, die auf eine Aktivierung generell verzichte. Cyberwar-Experte Charles Smith kennt jedoch auch andere Stimmen: "Der Ansatz Microsofts, der eine Internetverbindung beim Betrieb von XP quasi zwingend voraussetzt, steht im Konflikt zu zahlreichen anderen Herstellern und Anwendern, die jetzt ernsthaft erwägen, auf ein anderes Betriebssystem zu wechseln."