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Keine einheitliche Lösung in Sicht

Nach langem Ringen um ein bundesweit einheitliches Rauchverbot in Gaststätten sollen nun die Ministerpräsidenten entscheiden. Doch der erst vor vier Wochen ausgehandelte weitreichende Nichtraucherschutz scheint schon nicht mehr durchsetzbar.

Von Friederike Schulz | 21.03.2007
    "Essers Gasthaus" im Kölner Stadtteil Ehrenfeld ist auch in der Woche gut besucht. Das Restaurant bietet gutbürgerliche Küche mit Spezialitäten aus der Steiermark. Doch viele Gäste kommen nicht nur zum Essen her, sondern auch, um nach Feierabend einen Schoppen Wein oder ein Kölsch zu trinken. Der L-förmige Gastraum ist in zwei Hälften geteilt: links vom Eingang der Restaurantbereich. Die Tische sind eingedeckt, kaum einer ist noch frei. An der Wand gut sichtbar das Schild: Rauchen verboten. Dagegen rechts vom Eingang: hohe Holztische mit Barhockern. Hier darf geraucht werden. Seit Anfang des Jahres gibt es diese Trennung. Der Inhaber Andreas Esser hat damit auf die zahlreichen Anfragen seiner Kunden reagiert, die beim Essen nicht mehr durch Raucherqualm belästigt werden wollen.

    "Wir fragen bei der Reservierung, ob die Kunden im Nichtraucherbereich oder im Raucherbereich sitzen möchten. Da ist es so, die Leute, die zum Essen kommen, die reservieren zu 80 Prozent im Nichtraucherbereich, haben aber die Möglichkeit, zwischendurch an die Theke zu gehen, um zu rauchen."

    In den vergangenen Wochen hat Andreas Esser immer wieder mit seinen Gästen und Kollegen über die politische Debatte zum Nichtraucherschutz gesprochen, ein dankbares Thema für jeden Stammtisch, sagt der Wirt. Schließlich wurde darüber 20 Jahre lang erfolglos diskutiert. Doch vielleicht klappt es ja dieses Mal, hoffen die Befürworter. Morgen treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder und wollen entscheiden, welche Regelung sie nun befürworten, eine einheitliche Linie ist da im Moment aber nicht in Sicht. Dabei sah das Ende des vergangenen Jahres noch ganz anders aus: Es schienen sich auf einmal Politiker aller Parteien einig zu sein: Deutschland braucht dringend einen wirksamen Nichtraucherschutz.

    "Es gibt in Räumen keinen giftigeren Stoff als den Tabakrauch. Der Tabakrauch ist potenziell tödlich. Deshalb besteht die Pflicht nach all den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass es eine Pflicht gibt, die Nichtraucher zu schützen","

    erklärte Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer und wies daraufhin, dass jedes Jahr rund 120.000 deutsche Raucher an den Folgen ihrer Sucht sterben. Geschätzte Kosten für das Gesundheitswesen durch Berufsunfähigkeit und Reha-Maßnahmen: 16 Millionen Euro. Im Dezember legte Horst Seehofer deswegen gemeinsam mit seinen Kabinettskollegen die Eckpunkte für einen Gesetzentwurf fest. Ihr Handlungsspielraum hat jedoch klare Grenzen: Die Bundesregierung ist nur für den Nichtraucherschutz in öffentlichen Einrichtungen des Bundes, Bahnhöfen und den öffentlichen Verkehrsmitteln zuständig. Gaststätten und Kneipen, in denen eine Regelung aus Sicht von Gesundheitsexperten am dringendsten erscheint, fallen jedoch in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Und die Ministerpräsidenten machten umgehend klar, dass ein umfassendes Nichtraucher-Gesetz ohne sie nicht zu machen sei. Allerdings sähen auch sie Handlungsbedarf, sagte der niedersächsische Landeschef Christian Wulff Anfang dieses Jahres.

    ""Wir sind uns natürlich einig, wie schädlich das Rauchen, auch das Passivrauchen, ist. Hier müssen die Bürgerinnen und Bürger auf den Schutz vertrauen können, den gesetzliche Maßnahmen herbeiführen können."

    Und so wurde für den 23. Februar ein Nichtraucher-Gipfel der Gesundheitsminister von Bund und Ländern vereinbart. Das Ziel: ein umfassendes Rauchverbot für alle Bereiche: Schulen, Kindertagesstätten, Universitäten und auch Gaststätten. Lediglich eine Ausnahme sollte es geben: Wirte, die über zwei Gasträume verfügen, sollten einen davon zum Raucherraum deklarieren können. Gaststätten mit nur einem Raum hätten demnach keine Wahl, dort wäre das Rauchen künftig komplett verboten. Gesundheitsexperten und Mediziner, wie Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, waren begeistert.

    "Dass die Politik jetzt endlich gehandelt hat, ist wirklich zu begrüßen. Wir haben jetzt den Anschluss gewonnen zu unseren europäischen Nachbarländern, und ich kann nur sagen: Wir sind überglücklich über diese Entscheidung."

    Die Ärztin warnt seit Jahren vor den Folgen des Rauchens. Nach ihrer Einschätzung sterben jedes Jahr 3300 Nichtraucher in Deutschland an den Folgen des Passivrauchens. Auch der Kölner Gastwirt Andreas Esser, seines Zeichens Nichtraucher, hat von dieser Studie gehört und sorgt sich um seine eigene Gesundheit und die seiner Mitarbeiter. Andererseits sieht er als Unternehmer auch das Anliegen der rund 22 Millionen Raucher, von denen viele nur ungern auf die Zigarette zum Feierabend-Bier verzichten wollen. Auch wenn er selbst nie geraucht hat, sei es für ihn schwierig, sich ein Urteil über dieses emotionale Thema zu bilden, sagt der Wirt.

    "Grundsätzlich finde ich das im Rahmen des Mitarbeiterschutzes richtig, wenn nirgendwo geraucht werden dürfte. Andererseits denke ich auch, dass es die Möglichkeit geben sollte, dass der Gastronom es selber entscheidet. Wir haben hier die Möglichkeit, dass der Gast es selbst entscheidet, wo er sich hinsetzt. Natürlich ist es da drüben nicht komplett rauchfrei, weil es rüberzieht. Aber ich würde mir wünschen, dass es in der Eigenverantwortung der Unternehmer bleibt."

    Deswegen befürwortet Andreas Esser den Kompromiss, den sich die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beim Nichtraucher-Gipfel ausbedungen haben: Sie möchten Kneipen- und Restaurantbesitzern die Möglichkeit geben, ihr Haus zum "Raucherlokal" zu deklarieren, erklärte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff:

    "Wenn sich der gastronomische Betrieb, zum Beispiel eine Eckkneipe, explizit zu einem Raucherlokal erklärt, dann wollen wir dem Betreiber nicht die Chance nehmen, auch die Kunden, die das wollen, zukünftig bedienen zu können."

    Eine Regelung, die auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband begrüßt. Denn dessen Vertreter befürchten massive Umsatzeinbrüche, vor allem für kleine Eckkneipen, in denen zurzeit fast jeder Gast raucht, erläutert Thorsten Hellwig, DEHOGA-Sprecher für den Bezirk Nordrhein.

    "Wir sind gegen ein generelles Rauchverbot im Gastgewerbe. Zum einen sehen wir das Gastgewerbe als einen offenen Raum, in Abgrenzung zu einem öffentlichen Raum. Zu uns muss keiner gehen, zu uns kann jeder gehen, und deswegen möchten wir gern den Betrieben und den Gästen die Entscheidung überlassen, ob sie einen Raucherbetrieb führen möchten, beziehungsweise ob sie in einen Raucherbetrieb gehen möchten."

    Im Kölner Lokal "Essers" sind die Gäste mit der rheinisch-pragmatischen Lösung, der Aufteilung in Raucher- und Nichtraucherecken, zufrieden. Lediglich ein Kunde hat bisher eine Reservierung abgelehnt, als Andreas Esser ihm am Telefon erklärte, dass im Restaurantbereich nicht mehr gequalmt werden darf.

    Am Stammtisch neben der Theke wird Kölsch getrunken, eine Schachtel Gauloises liegt auf dem Tisch. Das Thema Nichtraucherschutz hat hier schon für abendfüllende Diskussionen gesorgt. Von den acht Gästen rauchen hier lediglich zwei, die übrigen sind Ex-Raucher.

    "Ich rauche jetzt seit zehn Jahren nicht mehr, aber ich habe es immer genossen, mit den Rauchern zusammen zu sein. Und jetzt in der konkreten Debatte würde ich vorschlagen, dass jeder Wirt doch bestimmen sollte, was er tut. Er sollte sagen können, hier ist Nichtraucherteil. Wenn ein Wirt klar sagt, hier ist Raucher, dann finde ich das auch eine klare Ansage. Dann kann man wählen, aber ich finde diese Vergewaltigung von Politikern schrecklich, die das dann auch noch als Schutz der Menschen deklarieren. Das ist für mich eine Zerstörung von Freiheit, wo wir ohnehin schon immer weniger Freiheit haben."

    Eine Position, die laut ZDF-Politbarometer immerhin 43 Prozent der Deutschen teilen. Thorsten Hellwig vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband verweist daher auch gerne auf die freiwillige Selbstverpflichtung, die sein Verband mit der Bundesregierung unterzeichnet hat und für ausreichend hält. Der Trend sei eindeutig. Immer mehr Betriebe hätten in den vergangenen Monaten freiwillig Nichtraucherbereiche eingerichtet. Die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing kontert dagegen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung gescheitert sei. Denn eigentlich hatte das Gaststättengewerbe zugesichert, dass 60 Prozent der Betriebe bis zum Jahr 2007 das Rauchen in 40 Prozent der Räume verbieten würden.

    "Wir haben das überprüft, und lediglich 10,9 Prozent der Betriebe hatten ein rauchfreies Platzangebot in ausreichender Zahl, da sieht man in aller Deutlichkeit: Die Freiwilligkeit ist an ihre Grenzen gestoßen."

    Deutschland braucht deshalb aus ihrer Sicht einen umfassenden und vor allem einheitlichen gesetzlichen Nichtraucherschutz für das Gastgewerbe. Doch der wird immer unwahrscheinlicher, wenn man die Positionen der Ministerpräsidenten betrachtet. Demnach könnten sich immer mehr Bundesländer der Ausnahmeregelung von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen anschließen: Auch Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und das Saarland wollen sich offenbar auf der morgigen Konferenz der Ministerpräsidenten die Option offen halten, Raucher-Lokale zu genehmigen. Die übrigen Bundesländer halten dagegen am strengen Nichtraucherschutz in Gaststätten fest. So plant die bayerische Landesregierung ein nahezu vollständiges Rauchverbot in Gaststätten und Diskotheken. Einzige Ausnahme: Bierzelte. Gesundheitsminister Werner Schnappauf versichert deswegen: Seine Landesregierung wird standhaft bleiben, auch morgen auf der Ministerpräsidentenkonferenz.

    "Bayern hat sich dieser Prüfung, wie Niedersachsen und NRW sie vornehmen, nicht angeschlossen. Wir sind der Meinung, wir sollten jetzt eine klare gesetzliche Regelung finden. Denn wenn man es den Gastronomen überlässt, ob sie ihr gesamtes Gasthaus als Raucher-Gaststätte deklarieren wollen, dann ist es im Grunde wieder eine Art freiwillige Lösung, die dann zwar auf einer gesetzlichen Basis beruht. Wir sollten jetzt die mutige Wegweisung geben, grundsätzlich dort, wo sich Menschen in öffentlich zugänglichen Räumen aufhalten, wo Familien und Kinder sind: Dort wird nicht geraucht."

    Wenn die Länder sich morgen nicht auf eine einheitliche Linie einigen, gibt es ein föderales Chaos, fürchtet die Bundesdrogenbeauftragte. Sabine Bätzing erinnert an den Nichtraucherschutz in den USA, wo jeder Bundesstaat eigene Regelungen erlassen hat und die Verbraucher überhaupt nicht mehr wissen, was wo erlaubt oder verboten ist:

    "Davor warne ich, weil ein wirklich klarer und effektiver Nichtraucherschutz nur gewährleistet werden kann, wenn es wirklich für alle Bereiche gilt, wenn die Restaurants genauso wie die Diskotheken, die Kneipen da mit eingeschlossen sind, weil dann die Akzeptanz der Gesellschaft größer ist und auch die Gastronomen nicht fürchten müssen, dass die Gäste in andere Bereiche ausweichen."

    Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung verweist gern auf die Erfolge im europäischen Ausland, wenn sie mit deutschen Gastwirten diskutiert. In Irland und Schottland ist Rauchen in der Öffentlichkeit sowie in Bars und Restaurants komplett verboten. Ab 2008 gilt das auch für Frankreich. In Schweden, Italien und Malta gibt es lediglich eine Ausnahme für Lokale mit separatem Raucherzimmer. Finnland und Estland werden im Sommer folgen. Sabine Bätzing ist überzeugt: Wenn der umfassende Nichtraucherschutz in Deutschland erstmal durchgesetzt ist, werden anschließend auch die Zweifler zufrieden sein.

    "Das zeigen die Beispiele aus Irland, aus Italien, wo neue Kunden in die Gastronomie gekommen sind, wo mittlerweile über 80 Prozent der Raucher sagen: Das Gesetz begrüßen wir, das ist eine tolle rauchfreie Atmosphäre.""

    Die Statistiken aus beiden Ländern belegen: Eine große Mehrheit der Bevölkerung befürwortet das umfassende Rauchverbot. Untersuchungen des römischen Gesundheitsministeriums belegen, dass 500.000 Italiener seitdem mit dem Rauchen aufgehört haben. Die Entwicklung der Umsatzzahlen im Gastgewerbe ist hingegen weitaus uneinheitlicher: So beklagen schottische Kneipenwirte laut einer Umfrage der angesehenen London School of Economics, dass ihr Umsatz seit Einführung des Rauchverbots vor einem Jahr um zehn Prozent zurückgegangen sei. Vertreter der deutschen Tabakindustrie zitieren außerdem gern die Statistiken des irischen Gaststättenverbandes. Denn auch in Irland sank der Umsatz in Pubs im ersten Jahr nach Einführung des Rauchverbots um mehr als vier Prozent, betont Peter Lind vom Bundesverband der Tabakwaren-Großhändler:

    "Wir wissen aus Irland, wo dieses totale Rauchverbot schon seit 2004 gilt, dass etwa 1000 Pubs geschlossen haben, und wenn man die vorgelagerten Lieferanten mit einbezieht, 7600 Arbeitsplätze zugrunde gegangen sind.2"

    So viele Lobbyisten, so viele Studien. Und so hält das Deutsche Krebsforschungszentrum zum Beispiel prompt dagegen: Die Krise sei überwunden, mittlerweile hätten die Betriebe nach Auskunft des irischen Statistikamtes wieder rund 2000 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Hinzu kommt ein weitaus gewichtigeres Argument. Irische Wissenschaftler haben herausgefunden: Die Gesundheit der Kneipenmitarbeiter in Irland habe sich seit 2004 deutlich verbessert. Das Risiko eines irischen Barkeepers, an Krebs zu erkranken, sei um die Hälfte gesunken. Solche Studien haben derzeit in vielen europäischen Ländern Hochkonjunktur. Bei kaum einem anderen Thema zitieren Diskussionsteilnehmer beider Seiten so gern und ausgiebig wissenschaftliche Forschungsergebnisse.

    Auch die Europäische Kommission hatte jüngst wieder eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Sie belegt, dass 79.000 Menschen in der EU pro Jahr durch Passivrauchen sterben. Deswegen drängt Gesundheitskommissar Markos Kyprianou auf eine gemeinsame Initiative der Mitgliedsländer für einen einheitlichen Nichtraucherschutz.

    ""Ich bin ermutigt durch den Trend, der sich gegenwärtig in allen Mitgliedsländern der EU wahrnehmen lässt, die gewillt sind, Schritte zum besseren Nichtraucherschutz zu gehen."

    Sein besonderes Augenmerk gilt dabei Deutschland, das sich lange gegen europäische Initiativen zum Nichtraucherschutz sträubte und vor vier Jahren sogar gegen das Tabak-Werbeverbot der EU vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt hatte - wenn auch nur aus formalen Gründen, wie die Bundesregierung stets betonte. Umso mehr freut sich Markos Kyprianou über die jüngste Debatte in Deutschland.

    "Ich möchte schon in ganz Europa ein umfassendes Rauchverbot erreichen, auch in den deutschen Bundesländern. Wie das erreicht werden kann, durch ein Landes- oder Bundesgesetz, hängt von den politischen Voraussetzungen in den Mitgliedsländern ab. Aber wenn der politische Wille da ist, gibt es bestimmt einen Weg, das auch umzusetzen."

    Und einen Etappensieg scheinen die Verfechter des Nichtraucherschutzes in Deutschland bereits errungen zu haben: Im Bundestag ist nach anfänglichem lauten Protest ein umfassendes Rauchverbot ebenso unstrittig wie in allen Einrichtungen des Bundes, in Gerichten, Behörden, auf Bahnhöfen und im öffentlichen Nahverkehr. Das gleiche gilt für Schulen, Kindertagesstätten und Universitäten. Die Bundesregierung will zudem durchsetzen, dass die Deutschen künftig erst ab 18 zur Zigarette greifen dürfen. Denn 80 Prozent der Erwachsenen, die heute rauchen, hätten als Jugendliche damit angefangen, erläutert Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Wer bis zum Alter von 20 Jahren nicht zur Zigarette greife, habe dagegen große Chancen, Zeit seines Lebens Nichtraucher zu bleiben.

    "Deswegen setze ich mein Ziel darauf, Ältere davon zu überzeugen, dass man aufhört, aber bei Jungen dafür zu sorgen, dass sie erst gar nicht damit beginnen."

    Doch ob so ein Rauchverbot für Minderjährige tatsächlich nützlich ist? Schließlich liegt das Durchschnittsalter beim ersten Griff zum Glimmstängel nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums unverändert zwischen 13 und 14 Jahren, auch wenn das Rauchen heute schon erst ab 16 erlaubt ist.

    Die Jugendlichen am Billardtisch des Freizeitzentrums in Köln-Zollstock scheren sich jedenfalls nicht darum. Die meisten von ihnen rauchen, seitdem sie 14 sind. Immer wieder haben sie in den vergangenen Wochen mit ihren Betreuern über das Thema diskutiert. Denn seit Anfang des Jahres dürfen sie nur noch draußen im Hof zur Zigarette greifen. Aufgehört hat seitdem keiner von ihnen, und auch die Aussicht darauf, dass das Rauchen demnächst erst ab 18 Jahren erlaubt sein könnte, kümmert sie nicht, meint die 16-jährige Phyllis. Sie raucht seit zwei Jahren. Ihr Freund Niels pflichtet ihr bei.

    "Bis jetzt habe ich damit noch nicht aufgehört, auch wo es erst ab 16 war. Ich finde es unsinnig, erst hieß es ab 16, jetzt ab 18. Das hindert eigentlich keinen daran, nicht mehr zu rauchen."

    "Mir geht es genauso. Das hindert mich nicht daran, weiter zu rauchen, weil andere auch schon mit 15 rauchen auf der Straße, und die Polizei macht nichts dagegen, deswegen würde es mich auch nicht daran hindern, weiter auf der Straße zu rauchen, wenn das erst ab 18 wäre."

    Die Sozialarbeiterin Simone Wertenbroch seufzt. Vergeblich weisen sie und ihre Kollegen immer wieder auf die Gesundheitsrisiken der Qualmerei hin. Mühsam haben sie Anfang des Jahres das Rauchverbot im Gebäude durchgesetzt. Den Jugendlichen den Griff zur Zigarette jedoch komplett zu verbieten, hält sie für aussichtslos.

    "Ich als Mitarbeiterin im Jugendzentrum sehe die Schwierigkeit, dass hier viele Jugendliche rauchen. Natürlich ist bei uns das Rauchen erst ab 16 gestattet, und dann müssten auch wir uns darauf einlassen, dass es ab 18 gestattet ist, und das wird schwierig. Die Jugendlichen werden uns weglaufen, fürchte ich."

    Doch bisher liegt der Gesetzentwurf dafür noch nicht einmal vor, und die öffentliche Debatte über ein Rauchverbot für Jugendliche steht vermutlich erst im Frühsommer an. Denn die Befürworter des Nichtraucherschutzes haben erstmal ganz andere Sorgen, dass bei der morgigen Konferenz der Ministerpräsidenten das lang ersehnte einheitliche Rauchverbot für Gaststätten endgültig kippt und dass damit ihr dringlichstes Anliegen wieder einmal in Rauch aufgeht.