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Keine Gefahr durch Handys

Technik. - Stellen Handys eine Gefahr für unsere Gesundheit dar? Manche Umweltverbände und Bürgerinitiativen jedenfalls befürchten, dass die von den Mobiltelefonen ausgehenden Funkwellen die Gesundheit gefährden. Schließlich halte man sein Handy ja dicht ans Ohr und strahle damit direkt in den Körper. Was die Wissenschaft heute über die Gesundheitsgefahren von Mobiltelefonen weiß und was nicht, darüber informierte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) gestern in Hamburg.

    Von Frank Grotelüschen

    Ohne Wirkung sind die Handy-Wellen nicht - das weiß die Wissenschaft schon lange. Beim Telefonieren nämlich dringen die Funkwellen in den Kopf ein, beim D-Netz rund einen Zentimeter, beim E-Netz und bei UMTS mehrere Millimeter. Dabei erwärmen sie – ähnlich wie in ein Mikrowellenherd - das Gewebe.

    Wir gehen davon aus, dass die Erwärmungen im Bereich von maximal 0,1 Grad Celsius an der Hautoberfläche liegen. Das ist sehr gut tolerierbar. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht bei Dauerbelastung einen Wert von ab einem Grad Celsius als kritisch an. Der wird deutlich unterschritten.

    sagt Andreas Wojtysiak vom Zentrum für Elektropathologie an der Universität Witten/Herdecke. Während des Telefonats wird der Kopf also wärmer. Nur ist diese Erwärmung laut Wojtysiak so gering, dass man Gesundheitsschäden getrost ausschließen kann. Das gilt erst recht für die 40.000 Basisstationen in Deutschland, jene auf Sendemasten und Hausdächer montierten Stabantennen. Sie strahlen zwar deutlich stärker als ein Handy, sind aber soweit von den Menschen entfernt, dass kaum noch Strahlung bei uns ankommt.

    Doch Skeptiker befürchten, dass die neben der Gewebeerwärmung noch andere, womöglich schlimmere Wirkungen haben. Der Fachmann spricht von nichtthermischen Effekten. Im Verdacht stehen die unterschiedlichsten Phänomene: So könnte die Handystrahlung das Nervensystem beeinträchtigen und die Reizschwelle für Nerven und Muskeln verändern. Oder sie könnte die Genexpression beeinflussen, also das Umsetzen des Erbmaterials in Eiweißmoleküle. Nur: Seriöse wissenschaftliche Studien, die diese Hypothesen stützen, stehen bislang aus. Dasselbe gilt laut Wojtysiak für die Behauptung, Handystrahlen verändern das Erbgut und lösen womöglich Krebs aus.

    Was einigermaßen abgehakt ist in meinen Augen, das sind die Frage der direkten Chromosomenschädigung, der Erbgutschädigung Da finden wir nichts.

    Abgehakt scheint auch ein Einfluss der Funkwellen auf das Hormon Melatonin, das mit der Steuerung unserer inneren Uhr zusammenhängt. Und auch Auswirkungen auf Herz und Kreislauf sind für Wojtysiak vom Tisch.

    Da haben wir eher Entwarnung im Moment, weil die aktuellsten, besten Studien kein Ergebnis zeigen. Was interessant immer noch ist, ist Forschung am Schlaf des Menschen. Da haben wir Befunde, die zeigen könnten: Da könnte etwas passieren. Das ist interessant, aber nicht unbedingt gesundheitlich brisant, weil die Schlafphasen, die da verändert sind, eher ein gesünderes Schlafverhalten zeigen.

    Offen ist bislang auch, ob die Funkwellen die sog. Blut-Hirn-Schranke beeinflussen. Hier sehen die Experten noch Forschungsbedarf.

    Die Blut-Hirn-Schranke ist ein System, das sicherstellen soll, dass größere Moleküle nicht aus dem Blutgefäß-Raum in das zentrale Nervensystem dringen dürfen. D.h. es macht den Durchtritt schwerer. Und wenn dieser Durchtritt, wie in ein bis zwei Arbeiten gezeigt, etwas leichter wird für größere Moleküle, dann haben wir das Problem, das könnte zu Vergiftungserscheinungen im Gehirn kommen. Und das muss man natürlich vermeiden. Da wird stark geforscht im Moment.

    Wenn überhaupt, haben Mobilfunk-Felder sehr kleine Wirkungen auf den Organismus. Die heutigen Grenzwerte für die Maximalleistung eines Handys reichen jedenfalls aus, glaubt Wojtysiak. Das meinen auch die Handy-Hersteller – und lehnen deshalb ein neues Gütesiegel für besonders strahlungsarme Mobiltelefone ab – den Blauen Engel für Handys, initiiert vom Bundesumweltministerium.

    Wenn man das auf Handys kleben würde, würde man signalisieren, dass es Handys gibt, die gesundheitlich bedenklicher sind als andere

    sagt BITKOM-Sprecher Uwe Kullnick.

    Und genau das gibt die wissenschaftliche Kenntnis nicht her. Es wäre also eine Falsch- und Fehlinformation des Verbrauchers.

    Statt dessen, schlägt Kullnick vor, könne der Kunde vor dem Handykauf die Strahlungswerte, die sog. SAR-Werte, im Internet nachsehen und miteinander vergleichen.