Offenbar hat ein Kampfpilot in der Khyber-Region an der Grenze zu Afghanistan ein Angriffsziel verwechselt und Wohnhäuser beschossen. Als Nachbarn den Verletzten zu Hilfe eilten, folgte ein zweiter schwerer Luftschlag, bei dem noch mehr Menschen ums Leben kamen. Das berichten Überlebende des Angriffs.
Pakistans Armee dementierte den Vorfall umgehend. Später räumte ein Sprecher jedoch ein, die Regierung habe den Nachkommen der Getöteten bereits mehr als 150.000 US-Dollar an Entschädigungszahlungen zukommen lassen. Die Hälfte der Getöteten, darauf beharrt Islamabad, sollen Taliban-Kämpfer gewesen sein. Was wirklich geschehen ist, lässt sich kaum überprüfen. Die Konfliktregion im Nordwesten Pakistans ist für unabhängige Journalisten Sperrgebiet.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf Pakistans Kampf gegen militante Islamisten im Nordwesten des Landes. Denn dort kämpft Pakistans Armee noch immer gegen Einheiten der pakistanischen Taliban.
Der Analyst Farrukh Saleem in Islamabad glaubt, dass sich die Armee derzeit auf einen weiteren Großangriff auf die Militanten vorbereitet.
"Die Hochburg in Südwaziristan hat die Armee geklärt. Die Taliban haben sich in den Norden, nach Nordwaziristan und nach Orakzai zurückgezogen. Die Armee hat jetzt angefangen, dort Ziele ins Visier zu nehmen, in Vorbereitung einer Bodenoffensive. Diese dürfte in wenigen Wochen erfolgen."
Rückblende: Im September des vergangenen Jahres war Pakistans Armee in Südwaziristan, also in der Hochburg der Pakistanischen Taliban, einmarschiert. Deren Chef Hakimullah Mehsud hatte sich dort mit starken Verbänden verschanzt und Terroranschläge in ganz Pakistan befehligt.
Beobachter rechneten mit verlustreichen Kämpfen. Doch offenbar haben sich die Pakistanischen Taliban, in deren Reihen auch viele militante Islamisten aus aller Welt kämpfen, schnell in andere Regionen im Grenzgebiet zu Afghanistan zurückgezogen. Die Armee hat ihre Offensive daraufhin in den vergangenen Monaten ausgeweitet.
Die Öffentlichkeit unterstütze die Streitkräfte und die Regierung in Islamabad, glaubt Farrukh Saleem, obwohl dabei Menschen in die Flucht getrieben und Zivilisten getötet würden.
"Die Armee hat im Swat-Tal erfolgreich vorgehen können und auch in Südwaziristan. Deswegen unterstützt die Öffentlichkeit das Vorgehen der Armee nach wie vor. Frühere Umfragen haben gezeigt, dass eine Mehrheit der Pakistaner hinter der Militäroperation steht."
Gregor Enste leitet das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung im ostpakistanischen Lahore. Er beschreibt, wie heftig die Kämpfe in diesen Tagen sind - ohne dass die Weltöffentlichkeit davon viel mitbekommt:
"Am vergangenen Wochenende hat es sehr schwere Kämpfe gegeben, die teilweise unter Einsatz von Kampfbombern und Kampfhubschraubern der pakistanischen Armee stattfanden. In Erwiderung von Raketenwerferangriffen der Taliban und Granatenangriffen der Taliban. Das zeigt, dass die Taliban selbst auf der Flucht immer noch massiv bewaffnet sind. Und viel hochgerüsteter sind, als man sich das hat vorstellen können. Und dass die pakistanische Armee erbittert und gnadenlos vorgeht. Gefangene werden in diesem Kampf gegen den Terror auf beiden Seiten nicht gemacht."
Die Kämpfe spielen sich in - auch aus pakistanischer Sicht - sehr entlegenen Regionen ab. Von dort dringen aufgrund der staatlichen Zensur nur wenige Informationen nach außen. Auch deswegen hat es keinen öffentlichen Aufschrei über die getöteten Zivilisten vom vergangenen Wochenende gegeben. Die Nachrichtenlage ist immer sehr unklar. Und: Pakistans Armee hat ihren Feldzug gegen die Taliban auch medial erfolgreich aufbereitet.
"Auf der anderen Seite hat es die Armee gut verstanden, durch Symbolik dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung hinter diesem Kampf steht. Symbolik in dem Sinne, dass in Bajaur, in Waziristan die pakistanische Flagge an strategisch wichtigen Punkten gehisst wurde. Und dass gesagt wurde: Zum ersten Mal seit 60 Jahren ist das Gebiet in Bajaur wieder in pakistanischer Hand. Als hätte man feindliches Territorium erobern müssen. Und zum Erstaunen unabhängiger Beobachter regt sich in der pakistanischen Bevölkerung kein nennenswerter Widerstand dagegen, dass die pakistanische Armee dort gegen Glaubensbrüder vorgeht. Das ist erstaunlich und neu in Pakistan."
Dennoch dürfte es noch sehr lange dauern, bis es in Pakistans Nordwesten ruhiger wird. Denn im Swat-Tal und in Südwaziristan, also in jenen Gebieten, die Pakistans Armee in den vergangenen zwölf Monaten von den Militanten zurückerobert hat, kommt es bis heute immer wieder zu Angriffen auf Sicherheitskräfte und zu schweren Anschlägen. Der pakistanische Staat ist dort bis heute kaum präsent.
Das müsse sich ändern, damit sich die Lage dort dauerhaft beruhigen kann, meint Gregor Enste.
"Es ist nicht möglich, diesen Konflikt militärisch zu lösen. Von daher ähneln sich die Ausgangsbedingungen auf beiden Seiten der pakistanisch-afghanischen Grenze. Die NATO versucht auf afghanischer Seite, sobald die Taliban dort vertrieben sind, eigene Sicherheits- und staatliche Strukturen aufzubauen; Präsenz zu zeigen; Entwicklungsinitiativen zu starten. So wird das in Pakistan auch nur erfolgreich sein, wenn dort selbst tragende Sicherheitsstrukturen aufgebaut werden. Das heißt, wenn der pakistanische Staat diese Stammesgebiete endlich in die pakistanische Föderation integriert; und diesen Gebieten massive Entwicklung, Infrastruktur, Bildung et cetera zukommen lässt. Das geschieht zurzeit nicht."
Pakistans Armee dementierte den Vorfall umgehend. Später räumte ein Sprecher jedoch ein, die Regierung habe den Nachkommen der Getöteten bereits mehr als 150.000 US-Dollar an Entschädigungszahlungen zukommen lassen. Die Hälfte der Getöteten, darauf beharrt Islamabad, sollen Taliban-Kämpfer gewesen sein. Was wirklich geschehen ist, lässt sich kaum überprüfen. Die Konfliktregion im Nordwesten Pakistans ist für unabhängige Journalisten Sperrgebiet.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf Pakistans Kampf gegen militante Islamisten im Nordwesten des Landes. Denn dort kämpft Pakistans Armee noch immer gegen Einheiten der pakistanischen Taliban.
Der Analyst Farrukh Saleem in Islamabad glaubt, dass sich die Armee derzeit auf einen weiteren Großangriff auf die Militanten vorbereitet.
"Die Hochburg in Südwaziristan hat die Armee geklärt. Die Taliban haben sich in den Norden, nach Nordwaziristan und nach Orakzai zurückgezogen. Die Armee hat jetzt angefangen, dort Ziele ins Visier zu nehmen, in Vorbereitung einer Bodenoffensive. Diese dürfte in wenigen Wochen erfolgen."
Rückblende: Im September des vergangenen Jahres war Pakistans Armee in Südwaziristan, also in der Hochburg der Pakistanischen Taliban, einmarschiert. Deren Chef Hakimullah Mehsud hatte sich dort mit starken Verbänden verschanzt und Terroranschläge in ganz Pakistan befehligt.
Beobachter rechneten mit verlustreichen Kämpfen. Doch offenbar haben sich die Pakistanischen Taliban, in deren Reihen auch viele militante Islamisten aus aller Welt kämpfen, schnell in andere Regionen im Grenzgebiet zu Afghanistan zurückgezogen. Die Armee hat ihre Offensive daraufhin in den vergangenen Monaten ausgeweitet.
Die Öffentlichkeit unterstütze die Streitkräfte und die Regierung in Islamabad, glaubt Farrukh Saleem, obwohl dabei Menschen in die Flucht getrieben und Zivilisten getötet würden.
"Die Armee hat im Swat-Tal erfolgreich vorgehen können und auch in Südwaziristan. Deswegen unterstützt die Öffentlichkeit das Vorgehen der Armee nach wie vor. Frühere Umfragen haben gezeigt, dass eine Mehrheit der Pakistaner hinter der Militäroperation steht."
Gregor Enste leitet das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung im ostpakistanischen Lahore. Er beschreibt, wie heftig die Kämpfe in diesen Tagen sind - ohne dass die Weltöffentlichkeit davon viel mitbekommt:
"Am vergangenen Wochenende hat es sehr schwere Kämpfe gegeben, die teilweise unter Einsatz von Kampfbombern und Kampfhubschraubern der pakistanischen Armee stattfanden. In Erwiderung von Raketenwerferangriffen der Taliban und Granatenangriffen der Taliban. Das zeigt, dass die Taliban selbst auf der Flucht immer noch massiv bewaffnet sind. Und viel hochgerüsteter sind, als man sich das hat vorstellen können. Und dass die pakistanische Armee erbittert und gnadenlos vorgeht. Gefangene werden in diesem Kampf gegen den Terror auf beiden Seiten nicht gemacht."
Die Kämpfe spielen sich in - auch aus pakistanischer Sicht - sehr entlegenen Regionen ab. Von dort dringen aufgrund der staatlichen Zensur nur wenige Informationen nach außen. Auch deswegen hat es keinen öffentlichen Aufschrei über die getöteten Zivilisten vom vergangenen Wochenende gegeben. Die Nachrichtenlage ist immer sehr unklar. Und: Pakistans Armee hat ihren Feldzug gegen die Taliban auch medial erfolgreich aufbereitet.
"Auf der anderen Seite hat es die Armee gut verstanden, durch Symbolik dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung hinter diesem Kampf steht. Symbolik in dem Sinne, dass in Bajaur, in Waziristan die pakistanische Flagge an strategisch wichtigen Punkten gehisst wurde. Und dass gesagt wurde: Zum ersten Mal seit 60 Jahren ist das Gebiet in Bajaur wieder in pakistanischer Hand. Als hätte man feindliches Territorium erobern müssen. Und zum Erstaunen unabhängiger Beobachter regt sich in der pakistanischen Bevölkerung kein nennenswerter Widerstand dagegen, dass die pakistanische Armee dort gegen Glaubensbrüder vorgeht. Das ist erstaunlich und neu in Pakistan."
Dennoch dürfte es noch sehr lange dauern, bis es in Pakistans Nordwesten ruhiger wird. Denn im Swat-Tal und in Südwaziristan, also in jenen Gebieten, die Pakistans Armee in den vergangenen zwölf Monaten von den Militanten zurückerobert hat, kommt es bis heute immer wieder zu Angriffen auf Sicherheitskräfte und zu schweren Anschlägen. Der pakistanische Staat ist dort bis heute kaum präsent.
Das müsse sich ändern, damit sich die Lage dort dauerhaft beruhigen kann, meint Gregor Enste.
"Es ist nicht möglich, diesen Konflikt militärisch zu lösen. Von daher ähneln sich die Ausgangsbedingungen auf beiden Seiten der pakistanisch-afghanischen Grenze. Die NATO versucht auf afghanischer Seite, sobald die Taliban dort vertrieben sind, eigene Sicherheits- und staatliche Strukturen aufzubauen; Präsenz zu zeigen; Entwicklungsinitiativen zu starten. So wird das in Pakistan auch nur erfolgreich sein, wenn dort selbst tragende Sicherheitsstrukturen aufgebaut werden. Das heißt, wenn der pakistanische Staat diese Stammesgebiete endlich in die pakistanische Föderation integriert; und diesen Gebieten massive Entwicklung, Infrastruktur, Bildung et cetera zukommen lässt. Das geschieht zurzeit nicht."