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Keine Kinder - Wer macht den Job?

Sagen wir so, gleich zugetraut habe ich es der Frau Hirschmann nicht, weil sie war vorher nie in der Firma. Die wurde ins kalte Wasser geworfen, sie hatte von der Materie wenig Ahnung, nehme ich mal an, oder gar keine, weil sie sich nicht damit befassen musste vorher. Aber ich denk’, sie hat das bis jetzt gut gemeistert.

Von Kate Maleike | 20.06.2004
    Nachdem unser Seniorchef so schnell an Herzinfarkt gestorben ist habe ich schon irgendwie ein bissle dran gedacht, schafft sie das, schafft sie es nicht. Aber sie hat mich was Besserem belehrt.

    Als Kirsten Hirschmann im Januar 1995 durch den plötzlichen Tod ihres Vaters
    von einem Tag auf den anderen die Firmennachfolge antrat, begegneten ihr viele der rund 100 Mitarbeiter zunächst mit Skepsis. Das nette Töchterchen vom Chef - branchenfremd und unerfahren - sollte nun den aufstrebenden mittelständischen Laborgerätehersteller leiten ? Kirsten Hirschmann konterte klug - mit Gesprächen, einem kooperativen Führungsstil, vor allem aber mit viel Engagement und Wissensdurst:

    Ich bin also gelernte Bankkauffrau und ausgebildete Betriebswirtin mit dem Studienschwerpunkt Absatzwirtschaft. Aber wenn Sie in diese Situation plötzlich gestellt werden, wo Ihnen auch ihre männlichen Kollegen oder die Führungsebene aufzeigt, dass Sie eben doch Frau sind und , wie man weitläufig den Frauen andichtet, auch technisch nicht bewandert sind, dann müssen Sie sich in das Thema einarbeiten und das habe ich gemacht, sehr intensiv.

    Der Einsatz zahlte sich aus. Kirsten Hirschmann hat die Firma nahe von Heilbronn
    und damit - wie sie selbst sagt - das Leben ihres Vaters erfolgreich weitergeführt. Umsatz und Mitarbeiterzahlen sind gestiegen, seit kurzem gibt es sogar eine kleine Tochtergesellschaft in den USA.

    So wie Kirsten Hirschmann wurde übrigens auch Jürgen Thumann von einer Minute auf die andere Firmenchef. Der von BDI-Chef Michael Rogowski nun also Nachfolger empfohlene Familienunternehmer verlor mit 19 den Vater und musste das Werk weiterleiten. Die von ihm gegründete "Heitkamp und Thumann Gruppe" ist inzwischen weltweit aktiv, hat über 2000 Mitarbeiter und kann einen Umsatz von 300 Millionen Euro verbuchen. Nicht immer allerdings verläuft die Unternehmensnachfolge in Deutschland so erfolgreich. Viele Übergaben scheitern daran, dass sie zu spät und zu unkoordiniert angegangen werden. Matthias Redlefsen von der Bonner Akademie für Familienunternehmen INTES fordert deshalb eine bessere Kommunikation:

    Es kommt drauf an, ob das Familienunternehmen es schafft, als Allererstes mal die kritischen Themen zu enttabuisieren. Das ist ein ganz spezifisch deutsches Problem. Ich sage ja nicht, dass wir wie in den USA jetzt eine Nabelschau betreiben müssen mit all unseren Problemen. Aber wir haben in Deutschland das Problem, dass wir zu wenig über die eigentlich kritischen Fragen miteinander reden. Das heißt ja nicht, dass wir nach außen hin reden müssen, aber dass ein Vater seine Gedanken, die er in der Nachfolge hat, mit seinen Kindern teilt. Wenn sie erwachsen sind, gibt es kein Problem damit, sie auch mit diesen Fragestellungen zu konfrontieren. Wir neigen auch dazu, dass der Senior sein Testament schreibt und dann nach seinem Tode gleicht die Testamentsvollstreckung dem Öffnen einer Büchse der Pandora, weil keiner weiß, was da ist. Wenn man nicht über die Dinge redet, macht sich jeder seine Erwartungen und die Gefahr, dass man enttäuscht wird, ist sehr groß. Also, ich glaube, das ist die größte Herausforderung für deutsche Familienunternehmen, wo sich auch die Spreu vom Weizen trennen wird.

    Besonders dann, wenn für die Nachfolge Kreditaufnahmen geplant sind, betont Redlefsen, müsse auch rechtzeitig mit den Banken gesprochen werden. Wenn zum Beispiel der Nachfolger die Firma erweitern oder renovieren will, sei es wichtig, dass die Bank weiß, wohin es mit dem neuen Firmenchef gehe.

    Natürlich wird da oftmals sehr zurückhaltend argumentiert. Ich muss dazu sagen, ich kann die Banken gut verstehen. Wenn ich jemanden für zehn oder 15 Jahre Geld gebe, für das ich verantwortlich bin, dann möchte ich wissen, wie die Nachfolge geregelt ist. Dann habe ich geradezu ein Recht darauf zu wissen, wie die Führung des Unternehmens langfristig organisiert ist, wenigstens für den Zeitraum, den ich mein Geld in dieses Unternehmen stecke. Man muss die Bank nicht über jede Kleinigkeit informieren. Aber die Grundzüge - und das rechtzeitig - sollten der Bank zugänglich gemacht werden und zwar vom Unternehmer aus und nicht auf Initiative der Bank hin. Und wenn ein Unternehmer die Dinge gut und rechtzeitig auf den Weg gebracht hat, hat er auch nichts zu verstecken. Im Gegenteil, sie haben damit Stärken, die sie nach draußen kehren können. Und alle die, die sich nicht trauen, sich mit ihren Banken auseianderzusetzen bzw. ihnen diese Nachfolge zu präsentieren, die sollten sich fragen, warum sie das nicht tun und ob sie da nicht erstmal Handlungsbedarf haben.

    Nach einer Studie des Institutes für Mittelstandsforschung in Bonn stehen in Deutschland pro Jahr rund 76.000 Familienunternehmen vor der Nachfolgefrage. Die eigenen Kinder jedoch wechseln längst nicht so häufig in den Chefsessel, wie sich das die Eltern wünschen würden, sagt Matthias Redlefsen und bezieht sich auf eine eigene Studie aus dem letzten Jahr. Die ergab nämlich:

    …dass, wenn man den Unternehmer fragt, wie wünschst Du Dir Deine Nachfolge, Dreiviertel aller Unternehmer sagen, ich möchte, dass das familienintern geregelt wird. 20 Prozent sagen, sie wissen es nicht und sechs Prozent sagen, wir könnten uns auch einen Verkauf oder einen MBO oder MBI oder aber eine Stilllegung des Betriebes vorstellen. MBO steht für Management buyout und bedeutet, dass bestehende Geschäftsführer die Gesellschafter herauskaufen, also Geschäftsführer dann geschäftsführende Gesellschafter werden. MBI bedeutet, dass neues Management sich hereinkauft. Also, dass außen stehende Manager das Unternehmen kaufen und auch gleichzeitig die geschäftsführende Rolle übernehmen. Die Fakten, d. h. wie sie dann tatsächlich stattfindet die Nachfolge, zeigen leider auch das Problem in Gänze auf, nämlich, dass nur 45 Prozent es tatsächlich schaffen, die Nachfolge familienintern hinzubekommen. Die restlichen 55 Prozent werden durch Verkauf, durch Management buyout, durch Management buyin und eben auch durch Liquidation bzw. durch Stilllegung des Betriebes erfolgen .
    Im Klartext, nicht einmal die Hälfte der Familienbetriebe in Deutschland werden durch Erben weitergeführt. Maria Wirtz von der TMS Unternehmensberatung in Köln nennt dafür verschiedene Gründe:

    Wir erleben zum einen bei kleinen Betrieben, bei ganz kleinen Unternehmen, dass die Nachfolger kein Interesse haben. Da haben teilweise die Senioren auch ein schlechtes Marketing gemacht, familienintern. Kleinstunternehmen haben den Nachteil, es ist unheimlich zeitintensiv und, ja, das, was dabei übrig bleibt, ist überschaubar. Vielen Nachfolgern ist eine sehr gute Ausbildung zuteil geworden und da ist die Überlegung, als Angestellter irgendwo mit einem festen Gehalt hinzugehen, das teilweise über den Erträgen eines kleinen Unternehmens liegt, wesentlich interessanter. Dann auch die Überlegung, wenn da ein sehr dominanter Unternehmer der Nachkriegsgeneration da ist, schaffe ich das, wie hoch liegt da die Messlatte und will ich mir das antun?

    Dass Töchter dem Vater in den Chefsessel folgen, bemängelt Maria Wirtz, sei hierzulande noch eher die Ausnahme. Bei ihren Beratungen habe sie es in maximal zehn Prozent der Fälle mit Frauen zu tun gehabt:

    Das liegt zum einen daran, dass bei der abgebenden Generation, dieser Nachkriegsgeneration, das Thema des Erstgeborenenrechtes, der Sohn soll den Betrieb übernehmen, noch immer sehr sehr stark verwurzelt ist. Dabei geht's darum nicht, es geht um die Eignung fürs Unternehmen. Das ist ein Grund, zum anderen ist es in den Köpfen von vielen jungen Frauen nicht drin, auch das muss man sagen.

    Durch das häufige Nein der Kinder bekommen nun auch viele Externe die Möglicheit, betriebliche Verantwortung zu übernehmen. Matthias Redlefsen spricht sogar von einer Art Renaissance des Familienunternehmens, die sich bereits auf dem Arbeitsmarkt zeige:

    Es wird auf einmal wieder interessanter für ein Familienunternehmen zu arbeiten. Als ich Mitte der 90-er Jahre meinen Hochschulabschluss gemacht habe, war die Frage, gehst Du in eine Beratung oder ins Investmet Banking oder in die New Economy? Familienunternehmen waren unsexy. Heute stehen die alle auf der Straße aus den Investment-Banken, aus der New Economy und aus den großen Beratungen, sehen auf einmal, dass Familienunternehmen auch etwas bieten können und zwar die Möglichkeit, zwar nicht radikal, aber mit einer gewissen Bewegung, Dinge zu verändern, die nachhaltig sind, die Bestand haben, auch über Generationen fortbestehen. Und das ist wieder von größerem Wert geworden auch in unseren Köpfen. Deswegen ist die Nachfolge interessanter geworden für Nachfolger.

    Was auch daran liegen könnte, dass das Thema "Unternehmensnachfolge" inzwischen eine größere Öffentlichkeit bekommen hat. Im gesamten Bundesgebiet bieten Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsverbände und Banken diverse Veranstaltungen und Kontaktmöglichkeiten an, um zu informieren und fürs Unternehmertum zu werben. Die beiden bekanntesten Informationsplattformen im Internet sind "change" und "nexxt" - letztere übrigens mit einem doppelten x. Bei "change" arbeiten DIHK, der Zentralverband des Deutschen Handwerks und die KfW Mittelstandsbank zusammen. "Nexxt" ist eine Aktion des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, Partner sind Verbände und Institutionen der Wirtschaft, des Kreditwesens und der Freien Berufe. Herzstück beider Plattformen bilden Unternehmensbörsen, die Hans Praßny von der KfW Mittelstandsbank in Berlin koordiniert:

    Darüber hinaus gibt es aber bei "nexxt” eine sehr weit führende Informationsplattform zum Thema "Unternehmensnachfolge". Zum Beispiel verschiedene so genannte Online-Planungshilfen, ein Nachfolgeplaner, mit dem man dann eben auch die nächsten Schritte seiner eigenen Unternehmensnachfolge planen kann. Und eben auch Fachbeiträge, Veranstaltungshinweise von den verschiedenen Verbänden, die an "nexxt" teilnehmen, das heißt also, das Angebot ist bei "nexxt" etwas breit gefächerter als bei "change".

    Über "Change" sind laut Praßny im vergangenen Jahr nachweislich 1000 Nachfolge-Vermittlungen zustande gekommen. Das Verfahren beschreibt er so:

    Also der Prozess bei Change läuft so ab, dass der Nachfolge suchende Unternehmer ein Inserat formuliert, in dem er sein Unternehmen ganz kurz darstellt, die wesentlichen Aspekte, also zum Beispiel Umsatzgröße, Lage des Betriebs, je nachdem in welcher Branche sich der Betrieb befindet. Und dieses Inserat wird dann an einen der Netzwerkpartner von "change" weitergegeben, das sind in der Hauptsache Kammern und Sparkassen. Diese Partnerinstitute stellen dann das Inserat in die Unternehmensbörse ein, wo es dann über Internet von jedem Nutzer recherchierbar ist. Und falls sich dann jemand findet, der zur Übernahme des Unternehmens bereit wäre, dann richtet er seinen Kontaktwunsch zunächst einmal an den Netzwerkpartner und der gibt anschließend die Interessenbekundung an den ursprünglichen Inserenten weiter. Und der Inserent kann dann entscheiden, mit welchem der Interessenten er Kontakt aufnimmt.

    Auch Michael Thielmann sucht seit über zwei Jahren eine irma, die er übernehmen kann, bisher jedoch ohne Erfolg. Seine Erfahrungen mit den Internet-Kontaktbörsen nicht so berauschend:

    Meine Erfahrung mit den Internetbörsen ist die, da es sich um ein sehr sensibles Thema handelt, wenn wir von Unternehmensnachfolge sprechen, dass doch das Internet aufgrund der Anonymität sehr viele Probleme gerade bei einer derart vertrauenswürdigen Angelegenheit wie der Unternehmensnachfolge ganz einfach mit sich bringt. Sie haben oftmals in den verschiedenen Börsen eine sehr verklausulierte Darstellung des Unternehmens, um das es eigentlich geht. Es werden sehr vage Angaben gemacht, nicht immer vollständige Angaben, sodass die Vorstellungen, die ein Suchender aufgrund dieser Anzeigen zwangsläufig bei sich selbst bildet, oftmals mit der Realität nicht in Einklang zu bringen sind.

    Dabei hat der 37-jährige Diplom-Betriebswirt keine wirklich festgelegten Wunschvorstellungen für die Firma, die er sucht. Ein Unternehmen im Bereich des Mittelstandes aber, sagt er , soll es auf jeden Fall sein. Erkundigt hat er sich schon bei vielen Stellen:

    Ich habe eigentlich sehr breit gefächert versucht, an derartige Unternehmen zu kommen. Internet ist sicherlich eine Geschichte, dann "Mergers and Acquisition companies. Genauso aber auch IHKs, Verbände, die im Rahmen ihrer Mitglieder die Möglichkeit anbieten, so `was auf den Markt zu bringen in Form von Anzeigen, von einschlägigen Fachmagazinen und so weiter und so fort, muss aber sagen, dass meine persönliche Erfahrung die ist, dass ich im Bereich Banken, Rechtsanwälte, Steuerberater eigentlich jetzt aus meinem Bekanntenkreis noch die fundiertesten Aussagen bekommen habe.

    Im Moment steht Michael Thielmann zwar im Angestelltenverhältnis. Sein Wunsch, der eigene Chef zu sein, ist aber nach wie vor ungebrochen. Die Erfahrungen, meint er, die er bereits als Unternehmer, als Gesellschafter von Unternehmen sammeln konnte, haben ihn davon überzeugt, dass dies das richtige für ihn sei. Für Übernahmewillige, wie er einer ist , wünscht er sich allerdings, dass die Unternehmensnachfolge auch mehr als Chance dargestellt wird. Vor allem müsste sich nach seinen Vorstellungen noch einiges tun, damit sich die richtigen Übernehmer und Übergeber auch tatsächlich finden:

    Wie gesagt, sie können über Suchmaschinen usw. verschiedene Kriterien eingeben. Nur wenn sie nachher dann das eigentliche Unternehmen in Augenschein nehmen möchten, hat es eigentlich nichts damit zu tun, mit dem, was im Internet stand. Ohne jetzt für irgendeinen die Lanze brechen zu wollen, die Volksbank hat jetzt angefangen, eine Art Börse einzurichten, wo die Volksbank selbst versucht, Käufer und Verkäufer zusammenzubringen. Und macht das sicher nicht uneigennützig, aber versucht es dementsprechend professionell zu machen. Denn summa summarum gibt es dort Wirtschaftskraft, die auf künstliche Art und Weise auch vernichtet werden kann, wenn eben nicht der richtige Käufer gefunden werden kann. Also mehrere solche Modelle sollte man vielleicht auf den unterschiedlichsten Ebenen initiieren, um dann auch wirklich jeden Kaufinteressenten mit Verkaufsinteressenten zusammenbringen zu können.

    Um einen intensiveren Kontakt zwischen Übergebern und Nachfolgern bemüht sich auch die Fachhochschule Pforzheim. Hier wird seit vergangenem Oktober der bundesweit erste Studiengang für Unternehmensentwicklung angeboten. Neun Studierende sind zur Zeit eingeschrieben, allesamt Unternehmerkinder und fest entschlossen, den Betrieb daheim zu übernehmen. Prof. Rolf Güdemann, der Initiator dieses Studiengangs, plant aber noch mehr:

    Wir kennen eine ganze Reihe von Übergebern, die keine Nachfolger haben, die sich an uns gewandt haben, kennt ihr junge Menschen, die bei mir mal reinschauen wollen und denen ich vielleicht auch mal das Angebot mache, das Unternehmen zu übernehmen? Andererseits kennen wir auch eine ganze Reihe von Hochschulabsolventen, die eingesehen haben, dass in den Großbetrieben und im Öffentlichen Dienst keine beruflichen Karrieren mehr möglich sind. Die einfach auch den Charme erkannt haben, in der mittelständischen Industrie vielleicht viel schneller zur Verantwortung zu kommen. Das führte dazu, dass immer mehr Studierende auch Diplomarbeiten schreiben wollen über das Thema "Kleine, mittelständische Unternehmen", Businesspläne schreiben. Und diese Zielgruppe, die wollen wir zusammenbringen mit übergabewilligen Senioren und dann über ein Jobrotationprogramm über zwei Jahre, also beinhaltet dann vier verschiedene Stationen, vier verschiedene Unternehmen, wo jeweils ein halbes Jahr verbracht wird, zusätzlich gecoacht durch uns und Integration in diesen Masterstudiengang, so dass die Erfolgswahrscheinlichkeit, dass ein Übergeber mit einem Familienfremden sich einigen kann über eine Übergabe viel größer wird.

    Der MBA in Pforzheim ist Bestandteil eines zwölf Punkte-Programmes, mit dem das Land Baden-Württemberg Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen fördert. Prof. Peter Schäfer lehrt im MBA Entrepreneurship und ist Geschäftsführer der Initiative IFEX, die das zwölf-Punkte-Programm koordiniert. Hilfestellung für die Unternehmensnachfolge, meint er, sei auch in traditionsbewussten Branchen notwendig:

    Natürlich gibt’s noch Branchen, in denen die Fortsetzung der Tradition noch eine wesentlich größere Rolle spielt, das ist zum Beispiel das Handwerk, das ist zum Beispiel die Gastronomie. Allerdings gibt es da wiederum das Problem, dass Übernahmen dadurch scheitern, dass Jung und Alt zu lange parallel im Betrieb sind. Im Handwerk ist es eben häufig so, dass die Kinder eines Handwerksmeisters etwas früher kommen als beim promovierten Ingenieur, der erst mit Vierzig sein Unternehmen gründet. Der Handwerksmeister hat vielleicht schon mit Siebenundzwanzig, Achtundzwanzig sein erstes Kind. Das wird großgezogen, soll in die Fußstapfen des Vaters treten und steigt dann eben recht früh schon ein und muss fünfzehn bis zwanzig Jahre parallel im Unternehmen arbeiten. Und da gibt’s natürlich häufig so viel Knatsch, dass sich die Wege trennen. In anderen Branchen haben wir das Problem, ich hab’ den promovierten Ingenieur schon angesprochen, dass dieser Vierzigjährige im Betrieb tätig war und mit 65 übergeben möchte, dass der häufig auch mit Vierzig erst eine Familien gegründet hat und dass die Kinder, wenn er Fünfundsechzig ist, noch gar nicht so weit sind. Und da klafft dann wieder eine Lücke von zehn bis fünfzehn Jahren, die man kompensieren muss, bis dann der Junior unter Umständen in die Fußstapfen kommt. Dann brauche ich Managment auf Zeit und das gelingt auch nicht immer. Und in der Phase ist es dann eben häufig so, dass dieser Interimsmanager dann der Nachfolger wird und der potenzielle Familiennachfolger sich dann in eine andere Richtung entwickelt.

    Da das Nachfolgeproblem bundesweit bestehe, tausche man sich im Rahmen des Zwölf-Punkte-Programmes auch mit anderen Bundesländern aus:

    Es gibt tatsächlich auch ähnliche Initiativen in Nordrhein-Westfalen. Die Zahlen sind auch ähnlich in anderen Bundesländern, insbesondere natürlich in den alten Bundesländern. Obwohl, wir mussten als "Wessis" jetzt auch erfahren, dass auch die neuen Bundesländer schon dieses Problem haben, weil natürlich nach der Wende schon relativ alte Arbeitnehmer Betriebe, LPGs usw. übernommen haben und natürlich inzwischen in ein Alter kommen, wo sie auch einer neuen Generation `ne Chance geben wollen.

    Und welche Herausforderungen stellen sich nun dieser neuen Generation etwa im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung? Prof. Peter Schäfer:

    Das hängt immer sehr stark von der Branche ab, in der man tätig ist. Es gibt nach wie vor Branchen, die nur regional tätig sind. Wenn ich an das Dienstleistungsgewerbe denke, dann ist es bestimmt so, dass ein Reinigungsunternehmen relativ wenig mit der Osterweiterung zu tun hat. Aber natürlich ist ein Problem die Fortführung mit einem anderen Kulturstil. Es ist ein weiteres Problem die Unternehmensfinanzierung. Viele kleine, mittelständische Unternehmen sind eben unterfinanziert, unterkapitalisiert. Und es wird natürlich auch ein Problem sein, dass Übernehmer von der Belegschaft akzeptiert werden.