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Keine Leoparden aus Deutschland

Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann sollte eigentlich 270 Leopard-Kampfpanzer nach Saudi-Arabien liefern. Dagegen regte sich viel Protest in Deutschland. Die Bundesregierung hat sich noch nicht positioniert. Jetzt haben die Saudis offenbar die Geduld verloren.

Von Michael Braun | 12.07.2013
    Keine Chance, dass auch Saudi-Arabien zum "Leo-User-Club" stoßen könnte, jener Gesprächs- und Entwicklungsrunde beim Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann, in dem der Kampfpanzer Leopard weiterentwickelt wird. Rund 3.500 Stück hat der Konzern bisher weltweit verkauft. Die 270, die Saudi-Arabien bestellt hat, die werden wohl nicht geliefert.

    Die Bundesregierung wolle darüber erst nach der Bundestagswahl entscheiden, aber gut zwei Jahre Wartezeit seien den Saudis genug. Sie wollten nun in Amerika ordern. Das berichtet das "Handelsblatt". Und der Konzern Krauss-Maffei Wegmann sagt nichts dazu, dementiert auch nicht.

    Markus Turnwald, bei der DZ Bank unter anderem für die Rüstungsindustrie als Analyst zuständig, nennt die Dimension des Auftrages:

    "Es wäre schon ein Milliarden-Auftrag auch für die gesamte Rüstungsindustrie gewesen, sowohl für Krauss-Maffei Wegmann als auch dann für den Zulieferer Rheinmetall."

    Der Leopard zählt zu den Exportschlagern der deutschen Rüstungsindustrie. Die Generäle schätzen an ihm unter anderem die hohe Zielgenauigkeit auf – in der neuesten Version – bis zu sechs Kilometer Entfernung. Erst im April hatte das Emirat Katar mit Krauss-Maffei Wegmann einen Vertrag über fast zwei Milliarden Euro geschlossen, der unter anderem 62 Kampfpanzer Leopard 2 umfasste.

    Da in Europa die Staaten zum Sparen gezwungen sind, suche sich die Rüstungsindustrie andere Märkte, vor allem im Export, sagt der Branchenbeobachter Stefan Schöppner von der Commerzbank:

    "Das ist im Moment das Wachstumsfeld in der Verteidigungsbranche, um das sich alle bemühen."

    "Auch im Nahen Osten?"

    "Auch im Nahen Osten."

    Dass nun ein auf fünf Milliarden Euro geschätztes Geschäft zu platzen scheint, ist auch an der Börse angekommen. Die Aktie des M-DAX-Mitgliedes Rheinmetall ist trotz freundlichen Gesamtmarktes unter Druck. Man weiß, dass von Aufträgen für Krauss-Maffei Wegmann viel für Rheinmetall abfällt. Markus Turnwald:

    "Am Leopard 2 hat Rheinmetall ungefähr einen Wertschöpfungsanteil von knapp 30 Prozent. Das heißt: Wenn wir hier über einen möglichen Fünf-Milliarden-Auftrag sprechen, dann wäre das für Rheinmetall ein Auftrag schon von über einer Milliarde Euro gewesen."

    Große Not entsteht bei Rheinmetall nun aber nicht. Dieser und die anderen Rüstungsbetriebe könnten, so Turnwald, auch ohne den saudischen Auftrag leben:

    "Die Auftragslage ist, wenn man jetzt Rheinmetall anguckt, doch sehr gut. Man hat im Moment ein Rekord-Auftragsbuch von knapp fünf Milliarden Euro. Dementsprechend wäre eine Milliarde noch on top gekommen. Das heißt, das Auftragsbuch hätte sich noch vergrößert. Die Boommärkte sind der Nahe Osten und das Exportgeschäft, weil Europa und auch der Heimatmarkt eher schwächeln."

    Die Berliner Oppositionsparteien lehnen die Lieferung von Kampfpanzern an Saudi-Arabien ab. Sie verweisen auf die Menschenrechtsverstöße in dem Land. Profitieren würde der amerikanische Konzern General Dynamics. Der, so wird berichtet, verfüge in der Region über die Infrastruktur, um nach Lieferung die Besatzungen auszubilden und die Panzer zu warten. Das müssten die Deutschen erst aufbauen.