Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Keine Macht dem Bund?

Am kommenden Montag werden zwei Dutzend hochrangige Bildungsvertreter im Bundestag ihre Meinung zur Föderalismusreform mitteilen. Hintergrund ist der Kompetenzstreit zwischen Bund und Ländern im Bereich Bildung. So soll der Bund künftig die Verantwortung für die Rahmengesetzgebung verlieren; nur noch bei der Hochschulzulassung und den Studienabschlüssen bleibt ihm Gestaltungsspielraum.

Von Ulrike Burgwinkel | 26.05.2006
    Am nächsten Montag werden zwei Dutzend Vertreter der Kultusministerkonferenz, des Wissenschaftsrates, des DAAD, der Universitäten, Gewerkschaften und Schulen im Bundestag sprechen. Es geht um ihre Meinung zur Föderalismusreform. Anlass ist die gefühlte Bevormundung der Länder vom Bund, dessen Befugnisse beschnitten werden sollen. Die Regierungs-Koalition sieht auch im Bildungsbereich tief greifende Verfassungsänderungen vor. Der Bund soll künftig seine Rahmengesetzgebungs-Kompetenz verlieren; nur noch Hochschulzulassung und Studienabschlüsse behalten ihren Gestaltungsspielraum. Reicht dies aus?

    "Die Stimmung in Deutschland ist, dass die jetzige Regierungskoalition, die ja nur noch in Trippelschrittchen - was die Reformen angeht - vorankommt, irgendeinen Erfolg jetzt braucht. Insofern setz ich doch Hoffnung darauf, dass die Koalitionspartner am Ende diesen Wurf, der nicht ein ganz großer Wurf ist, aber ein beachtlicher Wurf ist, durchbringen."

    Erhardt unterstützt den Plan, dem Bund seine bisherige Rahmen-Kompetenz für die Bildung wegzunehmen. So sollen die Länder in Zukunft selbst bestimmen können, wie viel sie ihren Uni-Professoren zahlen wollen. Der Experte plädiert ebenfalls für ein Eindampfen der so genannten Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern. Laut Erhardt sollten auf diese Weise auch die mischfinanzierten Hochschulsonderprogramme gestrichen werden - Programme, die bislang etwa der Tutoren- oder Frauenförderung dienten.

    "Im Grunde genommen waren ja schon die so genannten Hochschulsonderprogramme eine finanzielle Angebotsdiktatur des Bundes, damit die Länder aufgrund ihrer Finanzschwäche annehmen, was der Bund gerne hätte. Jedes Land soll von sich aus Modelle und Beispiele entwickeln, wie Schulen und Hochschulen besonders qualitätstüchtig und leistungsstark gemacht werden können."

    Professor Hans Meyer schüttelt darüber den Kopf. Der Staatsrechtler der Humboldt-Universität steht auf der Contra-Seite; er ist überzeugt, dass die Föderalismusreform den Ländern viele Nachteile bringt. Nicht nur wegen der wegfallenden Sonderprogramme. Meyer kritisiert, dass der Bund den Ländern generell keine Hilfe mehr leisten darf - auch nicht in Notfällen.

    "Es gibt ein Finanzhilfeverbot für alle Bereiche, bei denen die Länder eine ausschließliche Gesetzgebung haben. Und das heißt für Hochschulen, für Schulen, auch für Polizei übrigens. Und kein Mensch kann heute wissen, ob nicht irgendwann die Notwendigkeit ist, dass ad hoc mal den Ländern geholfen werden muss. Es ist dem Bund verboten und natürlich dem Land verboten, das anzunehmen. Selbst wenn es das will."

    Auch beim Hochschulbau sollen gemeinsame Bund-Länder-Finanzierungen verboten werden. Die Ausnahme: Forschungsbauten. Die Bildungsexperten sind sich allerdings weitgehend einig, dass dies nicht ausreicht. Denn in einigen Jahren werden die Studentenzahlen - aus demographischen Gründen - stark ansteigen. Die Fachleute sind sich sicher, dass viele Länder den Ansturm nicht allein bewältigen können. Ausbildungshilfen vom Bund wären nötig - doch der Bund darf dafür keinen Cent ausgeben. Finanztricks sind deshalb gefragt.

    "Und jetzt wird schon überlegt, ob der Bund nicht den Ländern Forschungsgelder gibt, aber mit dem Versprechen der Länder ihrerseits ihre Forschungsgelder in den Ausbildungssektor zu stecken - also eine kleine Gaunerei. Und es ist eigentlich unsinnig, dass man eine Verfassung macht, die einen zwingt, solche Gaunereien zu unternehmen."

    Der Reform-Kritiker prognostiziert, dass die Universitäten zudem versuchen werden, durch Mauscheleien an den Forschungsbau-Topf des Bundes zu kommen, da ja der Hochschulbau-Topf gestrichen werden soll.

    "Und die Folge wird sein, dass also eine Universität sich überlegen muss, ob sie nicht einen Bau als Forschungsbau anmeldet, ihn auch als solchen plant, und nachher die Verwaltung einziehen lässt. Was geschieht dann? Also es werden solche krummen Dinge mit Sicherheit betrieben werden."

    Die Pro-Fraktion um Manfred Erhardt glaubt dagegen nicht, dass die Hochschulen den Bund hinters Licht führen können.

    "Ich meine: Behaupten kann ich viel. Aber der Bund ist ja nicht doof!"

    Ob es um Sonderprogramme, Forschungsbauten oder um das Finanzierungsverbot geht - die Experten zeigen sich optimistisch, die Politiker durch ihren Rat beeinflussen zu können. Anders als Reformbefürworter Erhardt hofft Reformkritiker Meyer allerdings auf Änderungen beim Gesetzespaket.

    "Also es ist ja so, dass vor allem die Bildungspolitiker vor allem in der SPD, das ist ja auch durch die Gazetten gegangen, höchst unzufrieden sind damit. Und wenn die mit anderen Unzufriedenen sagen, also so akzeptieren wir das nicht, dann bekommen die Fraktionsführungen natürlich gewisse Ängste. Also ich halt's nicht für ausgeschlossen, dass grad in dem Bereich - jedenfalls der Bundestag - gewisse Änderungen vornehmen wird."