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Keine Quarantäne für Falken

Unter all den toten Vögeln, die auf der Insel Rügen gefunden wurden, sollten zwei die Umweltministerien eigentlich besonders aufgeschreckt haben: und zwar ein Bussard und ein Habicht. Lange herrschte der Glauben vor, Greifvögel hätten eine gewisse Resistenz gegen Vogelgrippe. Nun ist das Gegenteil bewiesen. Doch viele Falkner lassen ihre Bussarde, Adler, Habichte und Falken immer noch frei fliegen, ganz legal.

Von Heike Braun |
    Der Habicht Harry ist nicht in bester Stimmung. Seit Anfang der Woche hat er Flugverbot. Vorsichtshalber. Sein Besitzer, Gregor Klein ist Vorsitzender vom Orden Deutscher Falkoniere, dem bundesweit zweitgrößten Falknerorden. Er geht mit gutem Beispiel voran und lässt keinen seiner sechs Greifvögel mehr fliegen.

    "Wir Falkner fliegen die Vögel überwiegend zurzeit nicht mehr. Aber in einigen Flugschauen, wie sie ja zum Beispiel in Burgen noch abgehalten werden, werden die die Vögel auch noch weiterhin fliegen. Könnte ich mir mindestens vorstellen. Denn das sind ja Betriebe, die teilweise auch davon leben, dass die Vögel fliegen."

    Wer also nicht will, der muss seine zahmen Greifvögel nicht im Stall lassen. Und wer möchte, der darf mit seinen Tieren nach wie vor auf Jagd gehen. Zwar nicht auf Hasen oder Kaninchen. Denn die haben Schonzeit. Aber die so genannte Federspieljagd – bei der die Tiere an einer Attrappe üben - ist weiterhin erlaubt.

    "Wir haben rechtlich kein Instrumentarium, um die Greifvögel zu erfassen. Denn sie unterliegen nicht der Geflügelpest-Schutzverordnung. Die erfasst nur das Nutzgeflügel, nicht aber das Wildgeflügel. Deshalb haben wir keine Chance, ein verbindliches Verbot bezüglich der Greifvögel auszusprechen."

    Professor Heiner David ist Leiter der Verbraucherschutzabteilung im
    nordrhein-westfälischen Umweltministerium. Er hofft auf die Vernunft der Falkner. Denn die zahmen Greifvögel sind ganz offensichtlich vom Gesetzgeber vergessen worden. Keine Gesetze, keine Verbote, keine Stallpflicht. Ganz im Gegenteil: Wenn die Falkner ihre Tiere einsperren, verstoßen sie gegen die Tierschutzverordnung.

    Gregor Klein: "Wir haben die Vögel draußen. Es ist eine Haltebestimmung, dass wir die Vögel Wind und Wetter aussetzen müssen. Das heißt, die Volieren dürfen nur zu einem Drittel überdacht sein."

    Ganze Herrschaaren von Veterinären sind momentan im Land unterwegs, um überall zu überprüfen, dass kein Wildvogel mit domestizierten Vögeln in Kontakt kommt. In Zoos wurden sogar Zelte zum Schutz der Tiere aufgebaut. Nur an die Falknereien hat niemand gedacht. Dass die Vogelgrippe an Deutschland vorbei zieht, hat eigentlich niemand wirklich geglaubt. Jetzt ist sie da. Und es gibt keine Verordnung, für den Umgang mit zahmen Greifvögeln.

    Heiner David: "Wir können nur die Empfehlung geben, die Tiere zurzeit nicht fliegen zu lassen, solange wir nicht wissen, wie sich die Vogelgrippe in Deutschland verbreitet."

    Doch noch nicht einmal diese Empfehlung ist bislang offiziell von den
    Umweltministerien der Länder erlassen worden. Auch nicht von Mecklenburg-Vorpommern. Zum Glück kommen die Tiere bald in die Mauser.
    Dann können sie wenigstens nicht mehr fliegen. Die Natur entschärft also dieses Problem. Aber nur vorübergehend.