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Keine Rücksicht auf die Natur

Rund 600 Euro kostet eine Feinunze Gold zurzeit. Dieser hohe Preis macht die Förderung auch in Minen mit geringen Goldkonzentrationen attraktiv, selbst Abraumhalden werden wieder durchsucht. Die Gewinnung von Gold ist allerdings oft eine umweltschädliche Angelegenheit. In Bulgarien ist deshalb nicht jeder froh darüber, dass die Goldförderung ausgebaut werden soll.

Von Ralph Ahrens |
    Zwei Musiker spielen in Sofias Innenstadt. Es ist kalt, sie sind warm angezogen und hoffen auf kleine Gaben. Nicht weit davon entfernt sitzt Adrian Goldstone in einem gut beheizten Büro. Er ist Vizepräsident der kanadischen Firma Dundee Precious Metals und wartet seit 2006 auf eine Genehmigung.

    "Wir sind eine Bergbaufirma, und in Bulgarien, mit seiner langen Bergbautradition, haben wird 2003 die Goldmine bei Chelopech übernommen - 75 Kilometer östlich von Sofia. Dort wollen wir jetzt die jährliche Ausbeute an Gold verdoppeln, dann, wenn wir dafür die Genehmigung bekommen."

    Die kanadische Firma will das Edelmetall mit Natriumzyanid, einem Salz der Blausäure, aus dem Gestein laugen. Diese sogenannte Zyanidlaugerei hat in Osteuropa einen schlechten Ruf: Im Jahr 2000 brach in Baia Mare in Nordrumänien der Damm eines Rückhaltebeckens: Eine zyanidhaltige Giftbrühe verseuchte den Fluss Theiß. Die Umweltbewegung Zyanidfreies Bulgarien will eine derartige Umweltkatastrophe in Bulgarien verhindern, Daniel Popov:

    "Wir sind gegen das Zyanid, da es sehr giftig ist. Doch noch wichtiger ist: Selbst wenn Unternehmen behaupten, alles im Griff zu haben: Leckagen passieren immer wieder."

    Adrian Goldstone jedoch glaubt, eine Katastrophe wie in Rumänien kann sich nicht wiederholen. Dundee Precious Metals will die beste Technik einsetzen und alle Vorgaben der EU erfüllen.

    "Die Anlagen sind so geplant, dass Störfälle sehr unwahrscheinlich sind. Das schlimmste denkbare Unglück ist meiner Meinung nach der Unfall eines LKWs, der Zyanide geladen hat. Doch die Zyanide sollen in fester Form in Stahlcontainern transportiert werden. Und die Container werden auch bei einem Unfall kaum aufbrechen."

    Daniel Popov bleibt skeptisch. Er warnt unter anderem vor unerwartet heftigen Regenfällen. Auch Erdbeben seien nicht auszuschließen.

    "Und die Firma konnte mich nicht davon überzeugen, dass die Einfuhr von vielen tausend Tonnen Zyaniden gut für die Umwelt ist. Die beste Vorsichtsmaßnahme ist doch: Das Gift gar nicht erst einzusetzen."

    Zurzeit scheint die bulgarische Regierung die Zyanidlaugerei genehmigen zu wollen. Kurz vor Ostern hat sie sich mit der kanadischen Firma darauf geeinigt, wie viel des Gewinns in den Staatshaushalt fließen soll. Damit hätte das Warten von Adrian Goldstone ein Ende. Doch Daniel Popov warnt vor einem Dominoeffekt:

    "In Bulgarien kursiert eine etwa 30 Jahre alte Liste mit 35 ertragreichen Goldfundstellen. Diese Liste wird an Firmen verkauft. Die Firmen können dann so tun, als ob sie das Gold entdeckt hätten, und können eine Konzession erhalten - ohne öffentliche Ausschreibung."

    Um mehr Gold zu fördern, kann das Land also bald überdeckt sein mit Rückhaltebecken, die giftiges Abwasser zurückhalten. Dieses Szenario ist durchaus realistisch. So kündigte Dundee Precious Metals bereits an, im Süden Bulgariens an der Grenze zu Griechenland Gold abbauen zu wollen - im Tagebau mit Zyaniden. Das würde eine einzigartige Landschaft zerstören, Daniel Popov:

    "Dort liegen zwei Naturschutzgebiete mit reichhaltiger Fauna und Flora. Dort lebt etwa eine seltene Schildkröte. Hinzu kommt: Die meisten Menschen dort wollen nicht umgesiedelt werden. Und gibt es eine Alternative: Biologische Landwirtschaft und Ökotourismus."

    Ob diese Öko-Vision jedoch den Goldabbau verhindern kann, muss abgewartet werden. Daniel Popov will weiterkämpfen und blickt ins Ausland: Die Tschechische Republik hat den Einsatz von Zyaniden im Bergbau bereits verboten. Und das rumänische Parlament berät zurzeit über einen solchen Bann.