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Keine Vorbilder

Deutsche Spitzenpolitiker legen nach Erhebungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wenig Wert auf umweltschonende Autos. Viele Bundesminister und Ministerpräsidenten ließen sich in Dienstwagen kutschieren, die deutlich über dem von der EU geforderten Kohlendioxidausstoß liegen, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

Von Dieter Nürnberger | 08.05.2008
    Diese Frage berührt natürlich einen wunden Punkt, denn längst nicht alle, die um Auskunft gebeten wurden, haben reagiert. Gefragt wurden die meisten Bundesminister, besser gesagt, deren Pressestellen, ebenso die Länder-Ministerpräsidenten und die Umweltminister in den Bundesländern. Von ihnen allen wollte die Deutsche Umwelthilfe wissen, welche Dienstfahrzeuge sie benutzen und auch welche Verbrauchswerte diese haben. Und einige Spitzenpolitiker haben die Auskunft verweigert - mit Sicherheitsargumenten. Im Falle der Bundeskanzlerin, des Außen-, Innen- und Verteidigungsministers hat dies die Umwelthilfe auch akzeptiert. Bei den anderen Bundesministern immerhin gab es die höchste Antwortquote. Dies ist sicherlich erfreulich, aber unter Umweltaspekten ist Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der DUH, nicht zufrieden. Im Vergleich zu den Zahlen für 2007 habe sich zu wenig verändert:

    "Die Bundesministerin Annette Schavan, das ist besonders dreist, hat sich auch einen neuen Wagen besorgt. Sie ist vom Mercedes-Benz S350 mit 272 PS auf den besser ausgestatteten S450 mit 340 PS umgestiegen. Dafür hat sie einen höheren Wert beim CO2-Ausstoß, der ist um zehn Prozent gestiegen. Ein solches Verhalten passt natürlich zu ihrem Heimatland Baden-Württemberg, dieses Land und die Politiker wehren sich ja auch meistens gegen strengere Grenzwerte in Europa. Vier Minister immerhin haben sich verbessert: Umweltminister Sigmar Gabriel hat sich hier mit seinem Fahrzeug auf den zweiten Platz hochgearbeitet."

    Für Sigmar Gabriel wurde nun eine Limousine mit Erdgasantrieb angeschafft, und somit hat sich auch der CO2-Ausstoß verringert. Führend auf der Liste der Bundesminister ist übrigens Heidemarie Wieczorek-Zeul, die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die schlechtesten Verbrauchswerte hat übrigens das Fahrzeug von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt.

    Die meisten Auskunftsverweigerer gab es bei den Ministerpräsidenten der Länder. Nur 4 von 16 wollten die Daten zur Verfügung stellen. Auch hier der Verweis auf die Sicherheit der Politiker. Doch dass vier überhaupt geantwortet haben, so die Umwelthilfe, zeige eben, dass es auch geht:

    "Der Regierungschef von Bremen fährt einen Mercedes Benz mit einem CO2-Ausstoß von 167 Gramm pro Kilometer. Im Gegensatz dazu liegt Dieter Althaus aus Thüringen am anderen Ende der Tabelle. Er hat im Schnitt mit seinem Fahrzeug den höchsten Spritverbrauch - 16,9 Liter auf 100 Kilometer im Stadtverkehr. Das entspricht 271 Gramm CO2 pro Kilometer."

    Diese Liste der Dienstwagenflotte der Ministerpräsidenten ist somit recht unvollständig. Und die Deutsche Umwelthilfe will nun die noch fehlenden Daten auf dem Klageweg beschaffen, juristisch beruft man sich auf das Umweltinformationsgesetz.

    Nicht unbedingt besser schneiden viele Umweltminister in den Ländern ab. Hier flossen zwar die Auskünfte bereitwilliger, doch gerade bei diesen Ministerposten mit einer unterstellten besonderen Vorbildfunktion fällt eigentlich nur Berlins Umweltsenatorin Katrin Lompscher von der Linkspartei besonders positiv auf, sie lässt sich nämlich in einem Hybridfahrzeug fahren mit einem CO2-Ausstoß von 104 Gramm pro Kilometer.

    Der Deutschen Umwelthilfe geht es natürlich um die Vorbildfunktion der Politiker. Man möchte aber ebenso die deutschen Automobilhersteller zwingen, bessere Modelle auch in solchen Autoklassen auf den Markt zu bringen. Dieser Prozess des Umdenkens habe aber gerade erst begonnen, so Jürgen Resch:

    "Mittlerweile sind ja diese Fahrzeuge mit unter 140 Gramm CO2 pro Kilometer von vielen Herstellern angekündigt. Und ich wage die Prognose: Wenn sich die Bundesregierung zum Umstieg entscheiden sollte, mit Fahrzeugen, die den EU-Grenzwert von 140 Gramm einhalten, dann würden noch mehr Hersteller mitziehen. BMW hat es schon vorgemacht. Die anderen sind leider noch in der Ankündigungsphase. Wir möchten erreichen, dass die Automobilindustrie genötigt wird, umweltfreundlichere Fahrzeuge zu verkaufen."

    Und somit hofft die Deutsche Umwelthilfe auf bessere Ergebnisse im nächsten Jahr, dann soll eine solche Umfrage wiederholt werden.