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Kendrick Lamar bei den Grammys
Straight outta Compton

Hip-Hop- und Rap-Künstler Kendrick Lamar war mit fünf Auszeichnungen einer der Abräumer bei den Grammy-Verleihungen. Wichtiger aber war: sein politischer Auftritt, bei dem er nicht vergaß, zu zeigen, woher er kommt: aus Compton, der Stadt, in der er zwischen Polizeibrutalität und Gangkriminalität aufgewachsen war.

Von Kerstin Zilm | 16.02.2016
    Rapper Kendrick Lamar bei seinem Auftritt bei den 58. Grammys am 15.2.2016 in Los Angeles.
    In blauem Häftlings-Outfit, in Handschellen und Ketten rappte Kendrick Lamar zwischen Gefängnis-Zellen in dem Song "The Blacker The Berry" darüber, was es bedeutet, Afroamerikaner zu sein in den USA. (ROBYN BECK / AFP)
    Es war die perfekte Staffelübergabe, als Ice Cube den Gewinner der Kategorie "Bestes Rap Album" verkündete:
    "And the Grammy goes to ... "To Pimp a Butterfly, Kendrick Lamar..."
    Kendrick Lamar wuchs auf in Compton, zwischen den Gangs und der Polizeibrutalität, von der Ice Cube und N.W.A. in ihrem Album "Straight Outta Compton" vor fast 30 Jahren rappten.
    In seinem Album "To Pimp A Butterfly" kanalisiert Lamar Wut, Trauer und Hoffnung, die das Leben in dieser Stadt auslösen. Und all das brachte der Künstler auch auf die Grammy-Bühne. Es war einer der stärksten Auftritte der Nacht.
    In blauem Häftlings-Outfit, in Handschellen und Ketten rappte Kendrick Lamar zwischen Gefängnis-Zellen in dem Song "The Blacker The Berry" darüber, was es bedeutet, Afroamerikaner zu sein in den USA: Vorurteilen ausgesetzt, in Politik und Kultur an den Rand gedrängt, provoziert und versklavt. Auf der Grammy-Bühne befreite er sich aus den Ketten und ging über zum Song "Alright". Den hat diesen Sommer die Black Lives Matter- Bewegung zu ihrer Hymne gemacht.
    Auch dieser Song beschreibt eine düstere Gegenwart für Schwarze in den USA. Er beinhaltet auch eine Hoffnungsbotschaft: Trotz Polizeibrutalität, Ganggewalt und Verdrängung wird alles gut für uns werden!
    Am Ende von Lamars Auftritt leuchtete der Bühnenhintergrund: die Silhouette von Afrika, darauf der Schriftzug: Compton.
    "Ich vermisse mein Zuhause"
    Kendrick Lamar reist durch die Welt, in seinem Herzen trägt er sein Compton, eine 100.000-Einwohner-Stadt südlich von Los Angeles. Hier hat er Familie und seine besten Freunde. Doch mit Compton verbindet er auch schlechte Erinnerungen. Lamar war erst fünf Jahre alt, als er zum ersten Mal sah, wie ein Mensch erschossen wird. Wenn er auf Tournee vor ausverkauften Stadien singt, denkt Lamar an Compton und fühlt sich manchmal wie ein großer Heuchler. Auch davon singt er. Er erklärte es in einem Radiointerview:
    "Das Gefühl war: Ich vermisse mein zu Hause. Ich sollte bei meiner Familie sein, wenn dauernd Freunde von mir sterben. Stattdessen bin ich unterwegs. Wie kann es sein, dass ich so viele Menschen von der Bühne aus beeinflusse, aber machtlos bin, wenn es um die geht, die zu Hause sind."
    Compton ist nicht mehr die Stadt, von der Ice Cube und N.W.A damals rappten. Die Stadt hat eine neue, junge Bürgermeisterin: Aja Braun. Sie bringt neue Ideen und Unternehmer nach Compton. Lamar ist regelmäßiger Gast im Rathaus. Er unterstützt Schul- und Kunstprojekte. Letzten Dezember leitete der Rapper die Compton-Weihnachtsparade über die Hauptstraße. Zum Dank überreichte Bürgermeisterin Aja Brown dem berühmtesten Sohn der Stadt am Wochenende vor den Grammys den Schlüssel der Stadt:
    "Kendrick Lamar verkörpert die Werte Comptons: Einfallsreichtum, Stolz und Erfolg!"
    Dank an Menschen aus Compton
    Kendricks Lamars Engagement für Mentorprogramme brachte ihm sogar eine Einladung ins Weiße Haus. Präsident Barack Obama ist ein Fan. Er spricht offen über seine Bewunderung für Kendrick Lamars gesellschaftlich relevante Lyrik:
    "Kendrick ist der Beste! Er ist mehr als ein Entertainer. Sein letztes Album war hervorragend!"
    Fotos vom Treffen zeigen, wie sich die beiden lachend im Oval Office umarmen.
    "Ich habe Präsident Barack Obama getroffen. Uns liegen dieselben Themen am Herzen: Probleme in US-Städten, Lösungen, Unterstützung für unsere Jugendlichen. Wir sind überzeugt: Mentoren können Leben retten."
    Kendrick Lamar will durch seine Musik ein Vorbild sein. In seiner Dankesrede auf der Grammy-Bühne bedankte er sich bei den Menschen aus Compton, die ihm auf seinem Weg zur Seite standen:
    "Meine Basis, meine Wurzeln für den Erfolg auf der Bühne sind meine Eltern. Sie haben mir Verantwortung übertragen und das Wissen vermittelt, dass mit dem Guten auch das Schlechte im Leben kommt. Dank an meine Plattenfirma Top Dawg, die uns Kids aus Comptons Sozialwohnungen geholt, hier auf die Bühne gebracht hat! Das hier ist für Hip-Hop! Wir werden ewig leben, glaubt es mir!"