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Kernverschmelzung mit Zündkerze

Physik. - In Orlando, Florida findet derzeit die Plasmaphysiktagung der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft statt. Eines der Themen ist wie stets die Energieerzeugung mit Hilfe der Kernfusion. Vorgestellt wurden bemerkenswerte Ergebnisse eines Alternativexperiments zum milliardenschweren internationalen Fusionsexperiment ITER.

    Von Frank Grotelüschen

    Wie bringt man ein kleines, gefrorenes Wasserstoffkügelchen zur Kernfusion? Die Antwort: Man muss es überaus stark zusammenpressen und auf viele Millionen Grad erhitzen. Ein solches Extremexperiment steht in Albuquerque im US-Bundesstaat Neu Mexiko, an den Sandia National Laboratories - die Z-Maschine. Sandia Physiker Tom Mehlhorn:

    Unsere Z-Maschine erzeugt ungeheuer starke Röntgenblitze. Mit diesen Röntgenpulsen pressen wir winzige Kapseln aus Deuterium und Tritium zusammen und bringen sie zum Implodieren. Das Prinzip ähnelt dem des Automotors: Man verdichtet und erhitzt den Treibstoff, bis er zündet und verbrennt.

    Im Motor genügt eine Verdichtung um das Zehnfache und eine Temperatur von einigen hundert Grad, um die Verbrennung in Gang zu bringen. Die Brennstoffpille für die Kernfusion müssen die Forscher um das 1000fache komprimieren und auf 100 Millionen Grad aufheizen, um es zu zünden. Um sich solchen Extremwerten zumindest anzunähern, braucht es riesige Apparate - wie die Z-Maschine bei Sandia. Mehlhorn:

    Sie ist die stärkste Röntgenquelle der Erde, erklärt Mehlhorn. Ein riesiger Zylinder, 32 Meter Durchmesser und sechs Meter hoch. In ihren großen Kondensatoren speichert sie 12 Megajoule an elektrischer Energie. Im Inneren sitzt dann der Z-Pinch, eine Anordnung aus lauter extrem dünnen Wolframdrähten. Auf ihn wird die ganze Energie schlagartig konzentriert. Dadurch schmelzen die Drähte zu einem Plasma, und dieses Plasma sendet einen sehr intensiven Röntgenpuls aus.

    Der hochintensive Röntgenpuls trifft auf das Brennstoffkügelchen, presst es zusammen und heizt es dabei auf. Mehlhorn:

    Wir konnten nun die Kapseln auf ein Sechstel ihres ursprünglichen Durchmessers komprimieren. Ihre Dichte ging dabei auf das 200fache hoch. Außerdem heizten sich die Kügelchen auf eine Temperatur von mehr als 100 Millionen Grad auf - heißer noch als das Innere der Sonne.

    Zwar herrschten diese Extrembedingungen gerade mal für eine Milliardstel Sekunde. Das aber war lang genug, um einige der Wasserstoffkerne verschmelzen zu lassen, was die Forscher an den freigesetzten Neutronen festmachten. Eine Weltpremiere für das Z-Pinch-Konzept. Aber, so Mehlhorn:

    Das ist nur ein erster Schritt. Von einer Zündung, bei der mehr Energie herauskommt als man hineinsteckt, sind wir noch weit entfernt. Aber wir sind optimistisch, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass die Sache Zukunft hat.

    Die Konkurrenz allerdings hat einen deutlichen Vorsprung - und zwar sowohl diejenigen Forscher, die die Brennstoffpillen mit Laserstrahlen zünden wollen als auch die Physiker, die ein heißes Brennstoffplasma in riesigen Magnetkäfigen verschmelzen möchten. Doch Mehlhorn und Co. hoffen, dass sie diesen Vorsprung in absehbarer Zeit aufholen können und planen deshalb eine größere Z-Maschine. Sie soll fünf Mal höhere Temperaturen und Dichten erreichen als das jetzige Modell und damit der Zündung ein gutes Stück näherkommen. Und auch für die fernere Zukunft haben die Sandia-Forscher bereits eine Idee: Sie wollen der Kernfusion ein wenig auf die Sprünge helfen -mit einem superstarken Zündfunken. Mehlhorn:

    Der Weg, den wir zurzeit beschreiten, entspricht einem Dieselmotor, also einem Selbstzünder. Der Treibstoff wird so stark komprimiert und erhitzt, dass er sich von selbst entzündet. Weitaus effektiver könnte aber das Prinzip des Benziners sein, bei dem das Treibstoffgemisch durch einen Funken gezündet wird. Und bei der Fusion könnte als Zündkerze ein ultrastarker Laserblitz dienen.