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Kieler Koalition gegen Kooperationsverbot bei Bildung

Im Geleitzug mit den übrigen Bundesländern wollen Regierung und Parlament in Kiel das sogenannte Kooperationsverbot in der Bildungspolitik kippen. Per Bundesratinitiative soll so der Weg freigemacht werden, um künftig Schule, Forschung und Lehre wieder problemlos auch aus dem Bundeshaushalt finanzieren zu lassen.

Von Uwe Nieber |
    So viel Eintracht ist selten bei Schleswig-Holsteins Landespolitikern. Gerade im aufziehenden Wahlkampf zwischen Nord- und Ostsee. Doch der Blick in die klamme Landeskasse erleichtert den Schulterschluss der Regierungsparteien CDU und FDP mit der Opposition aus SPD, Grünen und dänisch-orientiertem SSW. Das Kooperationsverbot hat sich - wie schon vor seiner Etablierung im Norden befürchtet - als Verlustbringer erwiesen.

    "Wie stellen zunächst einmal fest, dass wir real Geld verloren haben durch die Beschlüsse von 2006. Wir bekommen in Schleswig-Holstein 17,75 Millionen Euro vom Bund für Hochschulbauten. Früher waren es 25 Millionen. Insofern - spitz gerechnet - kann man schon sagen, dass es uns schadet. Auf der anderen Seite geht es darum, dass wird deutlich machen wollen: die gesamtstaatliche Aufgabe Bildung muss auch gesamtstaatlich finanziert werden"."

    Sagt der Kieler Wissenschaftsminister Jost de Jager. Noch ist diese Position in Deutschland nicht mehrheitsfähig, doch die Zahl der Verbotskritiker steigt. Und sie gehen in die politische Offensive. Nach dem entsprechenden Impuls des neuen Präsidenten der Kultusministerkonferenz, Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe, bietet die Bundesratsinitiative der Schleswig-Holsteiner sich als gemeinsame Grundlage für die Abkehr vom Kooperationsverbot an. Dabei wissen die Akteure Bundesbildungsministerin Annette Schavan an ihrer Seite.

    "Frau Schavan denkt in die gleiche Richtung. Wir werden jetzt abwarten müssen, wie schnell es jetzt auch zu Festlegungen kommt in der Bundesregierung. Frau Schavan ist ja in Berlin nicht allein auf der Welt, dort gibt es ja noch eine Fraktion, mehrere Fraktionen.

    Insofern muss das abgestimmt werden. Aber uns ging es darum, das jetzt in Gang zu setzen und einfach mit einem Aufschlag dafür zu sorgen, dass das Thema auf der Tagesordnung ist und auch so schnell nicht von der Tagesordnung verschwinden kann". Die Kieler Initiative ist alles andere als ein politischer Selbstläufer. Bei den finanzschwachen Bundesländern sowie den Fachpolitikern in den Bundestagsfraktionen findet sie ungeteilten Rückhalt. Doch im reichen Bayern und in Hessen haben die Befürworter des Kooperationsverbots weiter die Oberhand. Und so wird es vorerst absehbar schwierig bleiben, für dringend be-nötigte Reformprojekte gerade an Schulen Mittel des Bundes in die Länder zu transferieren.

    "Es war mal eine Zeit lang so, dass doch gerade etwa nach den ersten Pisa-Studien, die Notwendigkeit, mehr in Bildung zu investieren, eigentlich unbestritten war. Natürlich hatten die Länder im unterschiedlichen Maß die Möglichkeit dazu, das dann auch umzusetzen. Aber tatsächlich hat es ja dann durchaus Anschübe in Richtung etwa auf neue Bildungsangebote in dieser Zeit gegeben. Und das ist momentan nicht so leicht zu schaffen"."

    Sagt der Kieler Bildungsminister Ekkehard Klug, der das gerade schmerzlich erfahren muss. Unter dem Spardruck der sogenannten Schuldenbremse regiert auch in seinem Ressort der Rotstift. Die Mittel für Ganztagsinitiativen an den Schulen des Landes sind begrenzt, auch die für eine gezielte Sprachförderung von Migrantenkindern und den weiteren Abbau des Unterrichtsausfalls. Stattdessen zerbricht sich Klug den Kopf darüber, wie er den geplanten Personalabbau von rund 3600 Lehrerstellen in den nächsten acht Jahren bewältigt. Eine Zielvorgabe, errechnet auf Grundlage von Prognosen zum demografischen Wandel. Maßgeblicher Beitrag zum Konsolidierungskurs des Kieler Regierungsbündnis. Doch unter dem Eindruck anhaltender Proteste von Eltern, Lehrern und Schülern erwägt Klug nun, 450 Plan stellen weniger als vorgesehen zu streichen. Dafür riskiert er sogar den Koalitionsfrieden der Regierungspartner CDU und FDP.

    ""Wir haben uns grundsätzlich verabredet, dass alle strukturellen Möglichkeiten, durch Minderausgaben in anderen Bereichen Ressourcen für die Bildung frei zubekommen, genutzt werden sollen. Darüber muss man eben jetzt sprechen. Wir haben zurzeit auch noch eine sehr günstige Zinssituation, also das Land gibt deutlich weniger aus für den Schuldendienst als das mal vor zwei Jahren geplant war. Und zusammen mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung muss man sich dann über Spielräume auch noch mal unterhalten können."

    "Wunschdenken" nennen das selbst Parteifreunde von Klug. Doch der lässt sich vorerst nicht beirren. Das letzte Wort in dieser Sache hat der Koalitionsausschuss in gut drei Wochen.