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Kieler Pisa-Forscher bereiten Studie 2006 vor

Bis eine Pisa-Studie auf dem Tisch liegt, gibt es viele Aufgaben zu bewältigen. Die Fragen werden zentral in Australien ausgearbeitet, die deutschen Mitarbeiter in Kiel müssen sie dann aus dem Englischen übersetzen und sortieren, die Antworten schließlich auswerten. Momentan laufen die Vorbereitung für die Studie 2006 auf Hochtouren. Viel zu tun für die sieben Mitarbeiter am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften.

Von Jens Wellhöner |
    "Hi! Na, was machst du?"

    "Na, das Übliche halt...mit Skalenhandbüchern und Endnote arbeiten."

    "Mmm, das klingt ja wieder sehr spannend. Wie lange musst du hier noch sitzen?"

    "Ein halbes Stündchen, dann habe ich Vorlesung."

    "Na, das ist doch O.K."

    Nicht jede Arbeit an der Pisa-Studie ist spannend. Psychologiestudentin Charlotte Nesselrode sitzt vor ihrem Computer und liest Hunderte von Textseiten Korrektur. Sie ist HiWi, also Wissenschaftliche Hilfskraft beim Pisa-Projekt am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel. Genauso wie ihre Kommilitonin Uta Krafft. Die freut sich schon eher über ihre Aufgaben. In letzter Zeit hat sie am Fragenkatalog für die nächste Runde der Studie im kommenden Jahr gearbeitet. Schwerpunkt bei Pisa 2006 sind die Naturwissenschaften:

    " Da habe ich daran gearbeitet, die Fragen zu kategorisieren. Also zum Beispiel: Gibt es ein spezielles Interesse an Biologie, gibt es ein spezielles Interesse an Genetik. Also, wie kann man die Fragen zusammenfassen, zu bestimmten Themen."

    Die Inhalte der Fragen sind in allen Staaten, die am Pisa-Projekt teilnehmen, zwar gleich. Sie wurden in Australien ausgearbeitet, am zentralen Institut der Studie. Die deutschen Mitarbeiter in Kiel müssen sie aber noch aus dem Englischen übersetzen und sortieren. Und jeder Durchgang der Studie produziert einen gewaltigen Berg an Fragen. Und Antworten. Die werden im Hauptbüro des Kieler Teams ausgewertet, hier arbeiten die fest angestellten Mitarbeiter. Unter ihnen ist auch Margit Stein:

    "Wir haben über 60.000 Schüler. Und dazu kommen noch die Eltern der Schüler, Lehrer und Schulleitungen. Oft muss der Computer über Nacht rechnen. Da ist dann ein Zettel dran: Bitte nicht ausschalten, bis morgen früh rechnen lassen!"

    Die Auswertung der letzten Studie ist mittlerweile abgeschlossen. Die Vorbereitungen für Pisa 2006 laufen aber jetzt auf Hochtouren. 7 Mitarbeiter gehören zum Team. Neben den Fragen, die in allen Staaten gleich sind, müssen sie auch noch eine zusätzliche Studie vorbereiten. Speziell zugeschnitten auf das dreigliedrige deutsche Schulsystem. Barbara Drexel, wissenschaftliche Koordinatorin des deutschen Pisa-Projekts:

    "Das ist etwas, was im internationalen Niveau nicht ausgewertet wird. Weil es in anderen Ländern ja Gesamtschulsysteme gibt, wo es diese Form der Differenzierung gar nicht gibt. Und das ist das, was hier berechnet wird. Die Auswertung für die verschiedenen Schularten."

    Studentin Charlotte Nesselrode ist inzwischen fast fertig mit dem Korrekturlesen. So eintönig ihre Arbeit manchmal auch ist: Eines fasziniert sie immer wieder. Sie hat jetzt schon Zugriff auf alle Fragen und auch Antworten der nächsten Pisa-Studie, die Zehntausende von Schülern in ganz Deutschland erst noch beantworten müssen:

    "Also, manchmal komme ich nach Hause und würde gerne mit meinem Mitbewohner darüber sprechen und ihm sagen: Oh, ich hab’ eine Frage gehabt, die kannte ich noch nicht. Oder wüsstest du das. Und da muss ich mir auf die Zunge beißen oder mit Uta darüber sprechen."

    Die beiden Studentinnen sind schon ein bisschen stolz, dass sie beim Pisa-Projekt mitwirken können. Ihre Mitarbeit wird später natürlich auch auf ihrem Lebenslauf auftauchen. Gibt es da nicht etwas Neid von anderen Studierenden? Uta Krafft:

    " Ja, manchmal kommen schon so große Augen, die einen anschauen und sagen: Oh, das ist die Pisa-Studie! – Ich meine, wir sind hier ja HiWis, wie gesagt. Und sind hier zwar schon ein wenig mit inhaltlichen Dingen beschäftigt. Machen aber auch genau solche Arbeiten wie Literatur eingeben oder kopieren, Blätter in den Schredder werfen. Und das machen andere HiWis auch. Also, ich glaube, deswegen ist der Neidfaktor nicht so hoch."

    Der Papierschredder steht direkt neben den PCs der beiden Studentinnen. An langweiligen Tagen wird er für sie zum Seelentröster:

    "Ja, Schreddern ist sehr gut zum Aggressionsabbau"

    Noch mindestens ein Jahr arbeiten die Kieler Psychologie-Studentinnen für das Pisa-Projekt. Bis dahin haben sie noch viel zum Korrekturlesen, Sortieren und....Schreddern.