Freitag, 19. April 2024

Archiv

Kinderbetreuung in der Coronakrise
Länder ringen um Wege zu Kita-Öffnungen

Die Bundesländer sind wegen der Coronakrise von einem Regelbetrieb in den Kitas noch weit entfernt. Kita-Kinder bis August einfach zu Hause zu lassen, ist für die zuständige Bundesministerin Giffey aber auch keine gute Lösung im Kampf gegen das Virus. Wissenschaftler fordern mehr Förderung.

Von Katharina Hamberger | 20.04.2020
Ein leerer Aufenthaltsraum in einer geschlossenen Kita in Bremen
Zumindest die Notfallbetreuung in Kitas soll ausgebaut werden (dpa / Sina Schuldt)
Eltern von Kita- oder Kindergartenkindern werden wohl weiter Geduld haben müssen – denn noch ist nicht in Sicht, wann es für ihre Kinder wieder losgeht.
Beispiel Bayern: "Grundschulen und Kitas bleiben vorläufig zu", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder heute in seiner Regierungserklärung. Und Berlin beispielsweise nennt als Datum, für den Kita-Regelbetrieb den 1. August – also noch mehr als drei Monate, in denen viele Eltern Homeofffice und Kinderbetreuung unter einen Hut kriegen müssen.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Für viele belastend, für einige ganz besonders, zum Beispiel Alleinerziehende, die sich, wenn sie arbeiten müssen, jetzt wo Oma und Opa wegfallen, um eine Betreuung kümmern müssen. Die "Neue Osnabrücker Zeitung"! berichtet, dass laut statistischem Bundesamt 1,7 Millionen von ihnen erwerbstätig sind, darunter 1,5 Millionen Mütter. Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung verweist in einer Analyse darauf, dass eine Schließung der Kitas bis zu den Sommerferien sich negativ auf die Gleichstellung der Geschlechter auswirken kann, da eben vor allem die Mütter mehr Zeit mit ihren Kindern verbrächten, wenn die Kita geschlossen ist.
Gleichzeitig wird nur ein Bruchteil der Zeit der Eltern darauf verwendet, sich aktiv mit dem Kind zu beschäftigen, weil sie zum Beispiel im Homeoffice arbeiten müssen. Dies könne die Entwicklung der Kinder, die sonst mit anderen Kindern in einer Kita zusammen wären, beeinflussen. Welcher Natur diese Veränderungen seien, werde sich insbesondere in der Zeit nach der Krise zeigen, so das DIW in einer Analyse. Das Institut kritisiert deshalb das Vorgehen von Bund und Ländern.
Bundesministerin scheinbar nicht ganz zufrieden
"Denn sowohl aus der Perspektive der Kinder, aber insbesondere aus der Perspektive der Eltern, gibt es hier ja überhaupt keine Perspektive, wann die Kitas und auch die Schulen für die allermeisten Kinder wieder öffnen sollen", sagt Katharina Wrohlich vom DIW. Das Institut fordert unter anderem ein spezielles Elterngeld für diese Zeit, für Eltern die aufgrund der Corona-Krise in Teilzeit gehen. Zudem rege man an, Konzepte zu erarbeiten, wie Kitas schrittweise wieder öffnen könnten.
Wrohlich: "Da ist eben denkbar, dass man Kleingruppen bildet, die immer gleich bleiben, wo man eben sagt, Kinder sollten eben tagesweise, vielleicht auch halbtageweise wieder die Möglichkeit bekommen, in die Kita zu gehen."
Das sollte, so Wrohlich, nicht an den Erwerbsstatus der Eltern gebunden sein. Auch die deutsche Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin übt Kritik an dem langen Schließ-Zeitraum für Kitas. Man befürchte langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit der nachwachsenden Generation, wenn die Einschränkungen in dieser Strenge lange fortbestünden.
Franziska Giffey (SPD), Bundesfamilienministerin, spricht bei der 150. Sitzung des Bundestages. 
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) (dpa/Jörg Carstensen)
Auch die Familienministerin scheint nicht ganz zufrieden mit den momentan getroffenen Entscheidungen. Franziska Giffey sagte heute: "Für uns ist es nicht die abschließende Lösung zu sagen, bis zum August bleiben die Kitas einfach zu. Sondern das ist ja ein Weg, der viele Eltern in zusätzlichen Stress und nahezu Panik versetzt. Und deshalb geht es schon darum, die Frage zu stellen, wie das Kita-Jahr bis zum Sommer gestaltet werden kann."
Keine Garantie zu Beitragsfreiheit
Gleichzeitig hält sich Giffey bedeckt, wenn es um ganz konkrete Empfehlungen an die Länder geht, in deren Zuständigkeit die Entscheidung liegt. Sie wollen in dieser Woche mit dem Bund in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Leitlinien für ein mögliches schrittweises Öffnen der Kitas erarbeiten. Was schon klar ist, ist, dass die Länder die Notfallbetreuung ausbauen wollen, so dass mehr Berufe in die sogenannte Ein-Eltern-Regelung aufgenommen werden sollen. Und Giffey reget heute auch eine Debatte über eine teilweise Öffnung der Spielplätze unter bestimmten Voraussetzungen an.
Unterschiedliche Regelungen gibt es nach wie vor auch noch bei den Kita-Gebühren, ein wichtiger finanzieller Faktor für viele Eltern. So verkündete Bayerns Ministerpräsident Söder erst heute: Eine Schließung, die von Seiten des Staates angeordnet wird, darf nicht dauerhaft finanziell zu Lasten der Eltern gehen. Deswegen springt Bayern an der Stelle ein. Auf jeden Fall für die nächsten drei Monate."
Nordrhein-Westfalen hingegen entlastet die Eltern schon länger, kündigte aber heute an, zunächst nicht garantieren zu wollen, dass es weitere Monate geben soll, in denen die Kitas beitragsfrei sind.