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Kinderkopfschmerz

Chronische Kopfschmerzen führen bei Kindern zu gravierenden Problemen. Die Fehlzeiten in der Schule steigen, außerdem haben sie Schwierigkeiten, Kontakte zu Freunden aufrecht zu erhalten. Bis die richtige Behandlung gefunden ist, dauert es oft länger.

Von Mirko Smiljanic | 14.08.2012
    Die Wege schmerzkranker Kinder und Jugendlicher – 70 Prozent leiden unter Kopfschmerzen – zu einer effizienten Behandlung sind in Deutschland weit. Bis zu 28 Ärzte sehen manche, bevor ihnen endlich geholfen wird – so die Zahlen einer Studie des Deutschen Kinderschmerzzentrums Datteln. Ein Ergebnis, das Dr. Stefani Harmsen, Ärztin an der Kinderklinik der Universität Düsseldorf und Mitarbeiterin des Sozialpädiatrischen Zentrums, aus ihrer täglichen Arbeit mit kopfschmerzkranken Kindern bestätigen kann.

    "Oftmals viele Arztbesuche beim Niedergelassenen Kinderarzt, die vorausgegangen sind, vielfach haben die auch schon Medikamente ausprobiert, im Handel erhältliche Schmerzmittel, und die kommen dann zu uns meist über die Notaufnahme, weil die Kopfschmerzen so heftig geworden sind, dass sie es zu Hause nicht mehr aushalten und managen können."

    Häufig sei das zu spät, je früher Schmerzen behandelt werden, desto erfolgversprechender ist die Therapie. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Kinderärzte. Üblicherweise ist es ein niedergelassener Pädiater, der schmerzkranke Kinder zuerst sieht,...

    "Nur der sollte nicht zu lange warten, um die Kinder weiterzuschicken."

    Weiterschicken sollte er die jungen Patienten etwa in ein Kinderschmerzzentrum. In diesen Zentren klären Ärzte zunächst ab, ob es konkrete Ursachen für den Kopfschmerz gibt. Wenn eine andere Krankheit den Schmerz verursacht, sprechen Ärzte von einem Sekundären Kopfschmerz. Wenn der Schmerz selbst das Leiden ist, liegt ein Primärer Kopfschmerzen vor und die Kinder werden in Kopfschmerzgruppen aufgenommen.

    "Diese Kinder werden dann gemeinsam durch die Kinderklinik und der Schmerzambulanz von den Anästhesisten betreut, und auch Psychologen sind in diesem Team integriert, und die Kinder treffen sich über einen Zeitraum von meinetwegen zehn Wochen einmal pro Woche und machen dort Übungen, lernen ganz viel über mögliche Ursachen von Kopfschmerzen, erlernen Entspannungstechniken und sollen für sich Wege kennenlernen, mit dem Schmerz besser umzugehen."

    Für Schmerzspitzen halten Kinderärzte natürlich auch Medikamente bereit, wobei das A und O die richtige Dosierung ist, sagt Dr. Michael Karenfort, Oberarzt an der Kinderklinik der Universität Düsseldorf und Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums.

    "Also, ein häufiger Fehler ist, ein Medikament unterzudosieren, wenn man ein Schmerzmedikament einsetzt, dann muss man es auch in der richtigen Dosis geben. Es kommen schon als Hauptschmerzmedikamente die allen geläufigen Ibuprofen- und Paracetamolpräparate zum Einsatz, das sind nach wie vor Medikamente der ersten Wahl"

    Ohne fachärztliche Beratung sollte kein Kind Schmerzmittel über längere Zeit einnehmen, zumal die Fehleinnahme verheerende Folgen haben kann: Bestimmte Schmerzformen werden durch Medikamente noch verstärkt. Dieser "medikamenteninduzierte Kopfschmerz" verschärft die vorhandenen Probleme noch weiter.

    "Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass, wenn Kinder eine solche Gruppe besuchen, durchaus viele Schmerzmedikamente eingespart werden und man andere Techniken erlernt, mit denen man Kopfschmerzen behandeln kann und die Kopfschmerzen lindern kann."

    Die Zahl der Kinder mit Primären Kopfschmerzen steigt übrigens kontinuierlich. Ein Grund für diese Entwicklung, sagt Michael Karenfort von der Uniklinik Düsseldorf, sei das gesellschaftliche Umfeld der Kinder.

    "Wir sehen ein großes Problem darin, dass der Schulstoff immer weiter komprimiert wird, in kürzerer Zeit erlernt werden muss und dass nebenbei auch noch nachmittags den Kindern ein enormes Programm zugemutet wird in ihrer Freizeit. Alles zusammen führt dann einfach zu so einer Belastung, die dann in Kopfschmerzen und anderen Schmerzen sich äußern kann."