Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


"Kinderparken" verboten

Eltern, die in Leichlingen ihre Kinder verspätet aus der Kita abholen, müssen seit zwei Monaten zehn Euro pro Viertelstunde Strafe zahlen. Seitdem hat sind die Eltern pünktlicher. Ihr Problem mit den starren Betreuungszeiten ist jedoch geblieben.

Von Katrin Sanders | 30.01.2012
    "Ich habe halt zweimal bis jetzt vergessen, dass ich diesen Monat den Tag nicht gebucht hatte. Ich war fest davon ausgegangen, die bleibt im Kindergarten und als mich dann der Anruf. Gut dann bin ich halt hingefahren und hab sie geholt. Ist natürlich blöd, wenn man dann zu spät kommt, sitzt das Kind alleine da."

    Als Kundenbetreuerin muss Bianca Wehler im Job flexibel sein. Einmal in der Woche bis 17 Uhr oder auch ein paar Minuten länger arbeiten, das erwartet ihr Arbeitgeber. Ihr Kindergarten erwartet, dass sie Punkt 17 Uhr das Kind abholt. Zubuchen wäre an so einem Tag eine gute Variante. Besser jedenfalls als Strafe fürs zu Spätkommen, findet die Mutter zweier Kinder.

    "Ich weiß nicht, ob es ne Möglichkeit gibt, zu sagen, ähnlich wie bei einer Zeiterfassung, zu sagen, ich buche 35 Stunden und hab wie ne Chipkarte und zieh die durch, dass man das eben auch mal flexibel umändern kann. Man weiß es ja in der Regel eine Woche vorher. Ich denk, dann ist es auch für Kindergärten möglich darauf zu reagieren, wenn se das entsprechende Personal haben."


    Bislang schaffen das eher die privaten Elterninitiativen oder Kita GmbHs. Kurzfristig und flexibel einspringen, bevor Eltern im Beruf Stress bekommen, davon sind städtische Kitas weit entfernt. In Leichlingen etwa haben sie von 7-17 Uhr geöffnet. Eltern buchen in Nordrhein-Westfalen ein Stundenbudget zwischen 25-50 Stunden. Sie sind dann aber an die Öffnungszeiten zwischen 7-17 Uhr gebunden. Früher oder später geht nicht, auch wenn in Einzelfällen danach gefragt werde, sagt Dagmar Janokowiak vom Jugendamt der Stadt Leichlingen:

    "Es ist ein Spagat zwischen dem Bedarf und dem, was dann auch an Personal benötigt würde, um diese Öffnungszeiten sicherzustellen. Ist glaub ich die besser Lösung dann zu sehen, wo kann ich ne Tagesmutter in Anspruch nehmen, die dann vielleicht auch ein bisschen flexibler ist und auch mal von 18-19 Uhr das Kind betreut."

    Bis die Eltern von der Arbeit zurück sind. Probleme gibt es grundsätzlich eher in den Randzeiten. Früh morgens, nachts oder am Wochenende arbeiten. Der Job macht die Vorgaben, das weiß auch Hubert Knops, Leiter des Jugendamtes in Leichlingen:

    "Natürlich ist es so, dass sich der Arbeitsmarkt relativ stark verändert hat und dass die Anforderungen auch brutal sind. Aber für eine Kindertagesstätte ist es schwer dem immer nachzukommen. Wir sind da noch auf nem weiten Weg, der uns auch, so notwendig wie er ist, sehr viel Geld kostet."

    Weil die Kita-Förderung in den meisten Bundesländern aufs einzelne Kind bezogen ist, geht die Rechnung nur dann auf, wenn die Gruppe zusammen ist. Eltern aber brauchen aber mehr Handlungs- und Planungsspielraum. Das belegt ein Forschungsbericht des Deutschen Jugendinstituts zur Kita-Nutzung und den Öffnungszeiten aus 2008. Die Regelöffnung sei bundesweit zu starr, unflexibel und einfach zu kurz, heißt es da.
    Dabei kennt man den wirklichen Bedarf von Eltern genau. Im Dezember schon müssen Eltern in NRW angeben, wie ihr Kind ab August kommenden Jahres betreut werden soll. Dieser lange Vorlauf ist für Bianca Wehlers nur ein Ärgernis:

    "Man kriegt ne Bedarfsanfrage, schreibt darein, wie der Bedarf ist, und kriegt den Zettel zurück: Das können wir hier nicht abdecken. Also passt man seinen Bedarf den Öffnungszeiten an. Das ist aber für mich keine Bedarfsanfrage: Die wäre, wenn man fragt, was brauchen die Eltern."

    Flexibel geht anders. Deshalb springt am langen Arbeitstag der Mutter eine Freundin oder die Oma ein. Berufstätige Eltern bleiben auf viel Zuarbeit und guten Willen angewiesen.

    Ihren Stress sieht man in Leichlingen sehr wohl und bemüht sich um Lösungen im Einzelfall. Zur Strafgebühr fürs Zuspätkommen steht der Amtsleiter dennoch.

    "Wir stellen ja kein "Parken verboten Schild" auf, um Geld zu kassieren, sondern damit da niemand parkt. Es geht hier um zehn Euro für 15 Minuten bei der Verspätung. Die letzten Monate zeigen mir, dass das Signal richtig und wichtig und angekommen ist, weil wir haben diesen Betrag nie kassieren müssen. Wir sind verstanden worden."

    Die Kinderladenschlusszeiten müssen eingehalten werden. Zwischen dem, was Eltern brauchen und dem, was städtische Kitas anbieten können, bleibt eine Lücke.