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Kindle und seine Tücken

Digitale Lesegräte sind in den USA sehr beliebt - zum Beispiel Kindle, das Gerät des Internetversandhändlers Amazon. Nun will Amazon den Kindle auch an deutsche Kunden verkaufen. Doch das Angebot hat viele Haken.

Von Stefan Römermann |
    Das Gerät ist kleiner als ein Taschenbuch – und hat doch Platz für eine komplette Bibliothek. Knapp 1500 Bücher passen angeblich auf den Amazon Kindle. Wem das nicht reicht, der kann über das eingebaute Mobilfunk-Modul jederzeit Nachschub kaufen. Dazu tippt man einfach mit der kleinen Tastatur unter dem Bildschirm den Titel des Buches ein, erklärt Amazon-Sprecher Ian Freed.

    "Sie denken an irgendein Buch, und können es innerhalb von 60 Sekunden auf ihren Kindle herunterladen, ohne das Gerät irgendwo einzustöpseln. Egal ob sie gerade in Europa sind, oder im Urlaub in Asien oder irgendwo anders in der Welt sind. Tatsächlich funktioniert das in über 100 Ländern."

    Diese Mobilfunk-Anbindung ist dabei das besondere am Amazon Kindle. Bei anderen E-Book-Readern müssen die Inhalte nämlich erst auf den PC heruntergeladen und anschließend umständlich per Kabel auf das Lesegerät kopiert werden. Solche Zwischenschritte gibt es beim Kindel nicht, erklärt Achim Barczok vom Computermagazin 'ct.

    "Und dadurch eignet sich das Gerät natürlich auch ausgezeichnet für Zeitungsabos. Weil ich hier eben nicht jeden Morgen an den Rechner quasi das Gerät anschließen muss. Ich schalte das Gerät ein und es holt sich von selbst quasi die aktuelle Zeitungsausgabe."

    Für die meisten Leser hierzulande ist das Angebot trotzdem uninteressant. Denn deutschsprachige Bücher für das Gerät, gibt es im Amazon-Shop bisher nicht zu kaufen. Und E-Books von anderen Online-Shops lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht auf den Kindle kopieren, da Amazon auf ein spezielles kopiergeschütztes Dateiformat setzt, erklärt Achim Barczok vom Computermagazin 'ct.

    "Kopiergeschütze Inhalte in anderen Formaten als dem Format von Amazon kann ich auf dem Kindle nicht lesen. Das heißt: All die deutschsprachigen Bestseller, die hier auf dem Markt sind kann ich nicht konvertieren, das verhindert eben der Kopierschutz. Und damit kann ich sie auch nicht auf den Kindle bringen."

    Außerdem hat Amazon über die Internetverbindung das Gerät komplett unter Kontrolle. Was das in der Praxis bedeutet, konnten amerikanische Kindle-Benutzer vor ein paar Monaten erleben: Weil offenbar ein E-Book-Verlag nicht alle Rechte zur Veröffentlichung abgesichert hatte, löschte Amazon die entsprechenden Titel damals nachträglich und ohne Rücksprache mit den Kunden von deren Lesegeräten – obwohl die Bücher ganz legal gekauft waren.

    "Das zeigt halt letztendlich: So eine geschlossene Plattform, da begibt man sich natürlich völlig in die Hände eines Herstellers. Das ist bei anderen Lesegeräten, die auf das offene Format EPUB setzen, nicht so."

    Außerdem könne Amazon zumindest theoretisch über die Internet-Verbindung auch das Leseverhalten der Nutzer genau überwachen und auswerten, warnen Verbraucherschützer. Problematisch sei auch, dass die Geräte über den amerikanischen Amazon-Shop bestellt werden müssen. Deshalb gelte beim Kauf amerikanisches Verbraucherrecht. Amazon verspricht zwar bei Reklamationen kundenfreundliche Lösungen zu finden. Carola Elbrecht vom Verbraucherzentrale Bundesverband rät trotzdem zur Vorsicht:

    "Wenn eben Gewährleistungsfälle eintreten, kommen möglicherweise hohe Kosten auf die Verbraucher zu. Auch wenn man sich gerichtlich auseinandersetzen muss, weil man irgendwelche Ansprüche geltend machen muss, dann ist dann der Gerichtsstand in den Staaten."

    Solange die Bestellungen nur über den amerikanischen Amazon-Shop möglich sind, sollten Verbraucher deshalb genau überlegen, ob sie dieses Risiko wirklich eingehen wollen.