"Lunchbox": Empfehlenswert
"Auntie, die Lunchbox ist zurück.
Und? Erzähl schon!
Sie ist vollkommen leer.
Habe ich dir nicht gesagt, dass das neue Rezept Wunder bewirken wird?"
Nur nicht bei demjenigen, für den das Essen in der Lunchbox eigentlich bestimmt war. Denn nicht der eigene Ehemann, sondern ein Fremder ist in den Genuss von Ilas Kochkünsten gekommen, da die Lunchbox mit dem Essen vertauscht worden ist.
Der indische Filmemacher Ritesh Batra lässt damit in seiner Geschichte etwas geschehen, was in der Realität nahezu ausgeschlossen werden kann. In der Millionenmetropole Mumbai bringen 5.000 Zusteller, die sogenannten Dabbawala, täglich bis zu 200.000 Mittagessen zu den Arbeitsplätzen in den Büros und Fabriken. Dass die Lunchboxen dabei immer den Richtigen erreichen, gleicht einem logistischen Wunder.
Statistisch gesehen passiert ein Fehler nur bei einer von 16 Millionen Essenslieferungen. Dieser eine Fehler ist bei Ritesh Batra Ausgangspunkt für ein Märchen, in dessen Verlauf zwei Menschen zueinander finden werden, deren Wege sich sonst wohl nie gekreuzt hätten. Da ist Ila, eine junge Ehefrau und Mutter, die sich von ihrem Ehemann vernachlässigt fühlt. Und da ist Saajan, ein verschlossener Witwer, der vorzeitig in Rente gehen will. Ilas Essen landet ab jetzt täglich bei Saajan und die Beiden beginnen sich Nachrichten zu schreiben, die sie jeweils in die Lunchbox stecken.
"Ihr Mann scheint sehr beschäftigt. Das Leben ist hektisch geworden. Es gibt zu viele Menschen. Und jeder will, was der Andere hat. Finden Sie es nicht merkwürdig, dass wir solche Briefe wechseln? In einem Brief kann man alles schreiben. Es ist ganz einfach. Aber viel lieber würde ich Ihnen all das persönlich erzählen."
Man ahnt schnell, wie diese Geschichte nur weitergehen kann und vor allem wie sie enden wird. Ohnehin denkt man, dass schon zu viele Filme die Redensart von der Liebe, die durch den Magen geht, thematisiert haben. Umso überraschter wird man von Ritesh Batras Geschichte sein. Unaufdringlich und warmherzig, mal sentimental, mal humorvoll liegt diesem filmischen Leckerbissen über Alltagstrott, Sehnsüchte und Erinnerungen ein anderes Rezept zugrunde.
"Ich und Du": Zwiespältig
"Lorenzo, was treibst du denn hier im Keller? Ach eigentlich nichts. Ich habe da nur was gesucht."
Lorenzo hat nichts gesucht. Er hat sich im Keller versteckt. Während seine Eltern glauben, er sei auf Klassenfahrt, nimmt sich Lorenzo eine Auszeit. Nicht eingeplant hat der 14-jährige dabei die Gesellschaft von Olivia, seiner älteren Halbschwester, die er kaum kennt. Ein verschlossener Teenager und eine extrovertierte junge Frau treffen aufeinander.
"Nein, du haust auf der Stelle ab von hier.
Spionierst du mir etwa nach, du kleines Arschloch?
Ich mache hier immer noch, was ich will.
Hast du das von Papa gelernt, Andere rumzukommandieren, ein richtiges Arschloch zu sein?"
Olivia ist heroinsüchtig und pleite und braucht Lorenzos Hilfe. "Ich und Du" ist ein Spätwerk von Bernardo Bertolucci. Fast zehn Jahre nach seiner letzten Regiearbeit "Die Träumer" hat Bertolucci erneut einen Film über die Probleme des Erwachsenwerdens gedreht. Während "Die Träumer" das Paris der Studentenrevolten in den 1960er-Jahren zum Schauplatz hatte, ist es jetzt hauptsächlich ein dunkler Kellerraum. "Ich und Du" ist ein Kammerspiel und über weite Strecken ein sperriges Zwei-Personen-Stück, das vom Spiel der beiden Jungdarsteller getragen wird, einen aber kalt lässt.
"Scherbenpark": Enttäuschend
Seinen Platz im Leben finden. Auch "Scherbenpark", der erste Spielfilm von Bettina Blümner, beleuchtet das Erwachsenwerden unter schwierigen Bedingungen. Sascha ist 17, ihre Mutter ist tot. Ermordet vom Stiefvater, der im Gefängnis sitzt. In der Hochhaussiedlung im Problembezirk hat sie gelernt sich durchzusetzen. Wenn sie die Gelegenheit bekäme, würde sie ihren Stiefvater töten. Als in der Tageszeitung ein Artikel erscheint, in dem ihr Vater als reumütiger Mann dargestellt wird, macht sich Sascha wutentbrannt auf den Weg in die Redaktion.
"Ich habe das gelesen. – Sie kommen wegen dem Artikel Frau Mahler. Wie finden Sie ihn?
Beschissen. ...Haben Sie vergessen, was dieser Analfistel meiner Familie angetan hat?"
Aus unerfindlichen Gründen wird der von Ulrich Noethen gespielte Chefredakteur das Mädchen unter seine Fittiche nehmen. Wie überhaupt die Motivation der Figuren in Bettina Blümners Film unerklärlich und wenig zwingend ist. Die wenig authentischen Dialoge geben dem bemühten Jugenddrama den Rest.
"Die Tribute von Panem – Catching Fire": Empfehlenswert
"Ladies und Gentlemen, die Gewinner der 74. Hungerspiele: Katniss Everdeen und Peeta Mellark. ..."
Wo Teenager-Romanze auf Fantasy-Geschichte trifft, ist Vorsicht geboten. Spätestens seit der nicht enden wollenden "Twilight"-Schmonzette nach den Romanen von Stephenie Meyer. "Die Tribute von Panem"-Trilogie in dieselbe Schublade zu stecken, wäre allerdings ein Fehler. Denn die literarische Vorlage von Suzanne Collins bietet eine vielschichtige Dystopie, deren politischer und sozialer Subtext beklemmende Bezüge zu unserer Zeit hat. Da nimmt man dann sogar das eine oder andere Liebesgesäusel billigend in Kauf.