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Kircheneinsturz in Rom
Viele italienische Denkmäler in schlechtem Zustand

Glücklicherweise ist niemand zu Schaden gekommen, als ganz in der Nähe des Forum Romanum ein Kirchendach einstürzte. Es war erst 2015 restauriert worden. Wie bei der Brücke in Genua steht nun der Vorwurf der schlampigen Instandhaltung im Raum. Dabei heißt die Kirche nach dem Schutzpatron der Schreiner.

Von Jan-Christoph Kitzler |
    Blick auf das eingestürzte Dach der Kirche San Giuseppe dei Falegnami und die umliegenden Gebäude.
    Das eingestürzte Dach der Kirche San Giuseppe dei Falegnami in Rom. (imago stock&people / IPA Roma)
    Für Don Danilo Libanoni, den Pfarrer der Kirche, war es ein böses Erwachen:
    "Ich habe gerade meinen Mittagsschlaf gemacht – und um 14.50 habe ich einen großen Schlag gehört, fast wie ein leichtes Erdbeben."
    Im Dach der Kirche San Giuseppe dei Falegnami klafft seitdem ein großes Loch. Ein großer Teil des Gebälks der Kirche ist eingestürzt. Und man kann von Glück reden, dass niemand zu Schaden gekommen ist, sagt ein Polizist, der schnell vor Ort war:
    "Ich habe dieses gewaltige Donnern gehört, und dann dieser ganze rötliche Staub. Erschreckend. Wir sind schnell zur Kirche gerannt und haben alle, die da waren, in Sicherheit gebracht."
    Kerker aus der Frühzeit des Christentums ist Touristenattraktion
    Die Kirche liegt nicht irgendwo in der Peripherie, sondern direkt am Forum Romanum, einem der touristischen Hotspots von Rom. Zehntausende kommen hier täglich vorbei auf dem Weg vom Kapitolshügel zu den Ausgrabungen oder umgekehrt. In die Kirche selbst kommt man normalerweise nur, wenn dort eine Messe oder eine Hochzeit gefeiert wird. Doch unter der Kirche ist ein Ort, den viele sehen wollen: der Marmertinische Kerker, das Staatsgefängnis des antiken Rom. Der Apostel Petrus soll hier eingesessen haben, der Gallierfürst Vercingetorix wurde hier wahrscheinlich erdrosselt. Dieser Kerker, tief unter der Kirche, der über einen seitlichen Eingang zugänglich ist, wurde nicht beschädigt, aber trotzdem ist der Schaden in San Giuseppe enorm, sagt der Chef der Kulturverwaltung der Stadt Rom, Francesco Prosperetti:
    "Der größte Verlust ist eine Holzdecke von außerordentlicher Qualität aus der Zeit um 1700. Die Frage ist nun, ob wir unter den Trümmern so viele Teile davon finden, dass wir sie rekonstruieren können."
    Schlampige Instandhaltung?
    Und während die Aufräumarbeiten laufen, ermittelt schon die Staatsanwaltschaft – auch gegen Francesco Prosperi. Denn das Dach und die Fassade der 1663 vollendeten Kirche waren erst 2015 restauriert worden. Wurden die Arbeiten schlampig ausgeführt? Viele erinnert das nicht nur an den beklagenswerten Zustand vieler Denkmäler in Italien, sondern auch an die Morandi-Brücke in Genua, bei deren Einsturz Mitte August 43 Menschen ums Leben gekommen waren. Auch hier steht der Vorwurf der schlampigen Instanthaltung im Raum.
    Doch diesmal ist auch Bistum Rom. Dort heißt es der Einsturz sei plötzlich und unvorhersehbar erfolgt. Aber dass nun ausgerechnet in der Kirche des Schutzpatrons der Schreiner der Dachstuhl einbricht, wirft Fragen auf.
    In den nächsten Tagen wird heftiger Regen in Rom erwartet – deshalb versucht die Feuerwehr zusammen mit Experten zu retten, was zu retten ist, sagt der Kommandant:
    "Das Dringendste für uns ist, jetzt alles abzusichern – soweit es geht ohne die Szenerie zu stören. Wir müssen verstehen, was die Folgen sind. Und wir haben nur wenig Zeit, keine Eile, weil wir aufmerksam vorgehen müssen. Das wichtigste ist: Schadensbegrenzung, bei einem Denkmal, das so gut wie möglich geschützt werden muss."
    An diesem Wochenende wäre die Kirche eigentlich offen gewesen – eine Hochzeit war geplant mit 150 Gästen. So gesehen ist der Einsturz gerade noch rechtzeitig passiert, meint der Bräutigam. Vielleicht hatten wir Glück, sagt er noch, und eigentlich sei ihm das auch egal – denn die Braut hätte er ohnehin geheiratet. Auch wenn er sich jetzt schnell eine neue Kirche suchen musste. Bis zur nächsten Hochzeit in San Giuseppe dei Falegnami wird wohl noch einige Zeit vergehen.