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Kirchliche Hochschulen, Teil 2
Die Theologen-Ausbildung der Baptisten in Elstal

Die Theologische Hochschule Elstal ist klein. Doch sie ist die zentrale Ausbildungsstätte der Baptisten. Anders als in den USA gibt es hierzulande nur rund 800 Baptisten-Gemeinden mit weniger als 100.000 Mitgliedern. Auch die Zahl der Studierenden an der Baptisten-Hochschule Elstal hält sich in Grenzen. Sie hat die Hürde von 100 Studenten noch nie genommen.

Von Thomas Klatt |
    Hände in den Himmel gestreckt
    An der Baptisten-Hochschule im Elstal gehört das Gebet einfach dazu (picture alliance / dpa / Altaf Zargar)
    Musik und Gebet gehören hier einfach dazu. Auch Sitzgruppen. Tee und Kaffee stehen allzeit bereit. Die Bibliothek ist rund um die Uhr geöffnet. Die Theologische Hochschule Elstal strahlt den Charme einer modernen Jugendbildungsstätte aus. Doch trotz aller Gemütlichkeit: Hier werden genau dieselben Fächer gelehrt wie an einer staatlichen theologischen Fakultät: Altes und Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische und Praktische Theologie. Derzeit lernen hier knapp 70 Studierende. Betreut werden sie von acht Professoren. Ideale Bedingungen also, zumal die Anforderungen nicht ganz so hoch sind wie etwa an einer staatlichen Fakultät, wie dieser Student im ersten Semester berichtet.
    "Für mich war der springende Punkt, dass man hier kein Latein lernen muss. Normal muss man, um Theologie zu lernen, alle drei toten Sprachen lernen - aber hier nur Griechisch und Hebräisch. Ich finde die Atmosphäre einfach schön. Man ist hier mit wenigen Studenten in einem Raum und man hat eine relativ nahe Beziehung zu den Dozenten und so. Die Dozenten kümmern sich um einen."
    Die besondere baptistische Prägung
    Elstal ist ein richtiger Campus mit eigener Mensa, aber auch mit viel Grün und Platz zum Grillen oder Volleyball spielen. Hier residieren auch die Kirchenleitung, das baptistische Jugendwerk sowie ein Gästehaus und ein Seniorenzentrum. Zentral aber ist die eigene Theologische Hochschule. Kostengünstiger wäre es, sich etwa mit der großen Berliner Humboldt-Universität zusammenzutun. Vielleicht sogar effektiver. Rektor Michael Kißkalt hat auch schon darüber nachgedacht - aber:
    "Wir haben als Baptisten eine besondere Prägung, eine besondere Geschichte, Religionsfreiheit ist uns wichtig und Glaubensengagement. Und wir brauchen einen eigenen Raum, um das zu entwickeln. Wir haben uns schon Gedanken gemacht, ob wir uns auflösen und an die Unis gehen. Aber wir sind eine wichtige Stimme im Protestantismus weltweit und das wollen wir nicht untergehen lassen. Die evangelischen Landeskirchen sind auch in der Situation, dass sie die theologischen Fakultäten prägen können mit ihren Professoren und ihrer Theologie, aber wir als Freikirchen kommen in diesem System nicht vor. Wir müssen unsere eigenen Strukturen bilden."
    Auf dem ehemaligen Kasernengelände unweit des historischen Olympischen Dorfes von 1936 lernen und leben die Studenten in kleinen Wohngruppen zusammen. Ob das zu eng werden kann, auch geistig - das hat sich diese Studentin immer wieder gefragt.
    "Ich hab das sehr lange abgewogen, hier zu studieren oder nicht. Das ist hier ein Ort, der relativ klein ist, was mich sehr gestört hat am Anfang, weil es so das Gefühl von 'Wir sind alle im gleichen Boot' vermittelt. Also es hatte praktische Gründe, weil gleich eine Wohnung da ist - und Gemeinschaft. Und die Humboldt-Universität war mir doch zu groß."
    Das deutsche Tor zur baptistischen Welt
    Nach fünf Jahren kann man in Elstal seinen Master in evangelischer Theologie oder Freikirchlicher Diakonie machen. Jetzt, da die Theologische Hochschule durch das Land Brandenburg unbefristet anerkannt wurde, haben auch die Elstaler Abschlüsse überall Gültigkeit. Die Studierenden könnten anschließend also auch in andere Berufe gehen, ins Personalmanagement etwa. Aber die meisten hier wollen ins Pfarramt. Silas Hunneck zum Beispiel.
    "Ich möchte Pastor sein mit Leib und Seele, aber ich denke, dass ich neben Pastor sein auch eine öffentliche Person sein möchte, die sich als ehrenamtlicher Bürger sich engagiert. Ich glaube, jedes Berufsbild muss sich weiterbilden, dass viele Pastoren sich noch weiterbilden, in therapeutischer oder Beratungsrichtung. Und das wird auch erwünscht im Bund, weil die Stellen von Pastoren selten 100 Prozent sind, meistens 50 Prozent und wir uns neue Rollenbilder von Pastoren überlegen müssen. Was das heißt, wenn man zu 50 Prozent noch an der Baumarktkasse sitzt, wenn man nicht zu 100 Prozent Pastor ist."
    Mit der Aufwertung zur Hochschule hofft man nun auf mehr Studenten - auch auf solche, die nicht der baptistischen Freikirche angehören. Schon jetzt kämen vereinzelt Gasthörer von außerhalb. Rektor Michael Kißkalt sieht darin eine große Chance. Denn:
    "Außerhalb Deutschlands und Europas findet man in der protestantischen Welt sehr viele Baptisten. Hier in Deutschland sind wir wenige, weltweit sind wir sehr viele. Und wenn Sie international im Gespräch bleiben wollen, müssen Sie auch mit baptistischen Denken vertraut sein und dazu sind wir hier in Deutschland eben auch Gesprächspartner."
    Und so soll Elstal zu etwas werden wie das deutsche Tor zur baptistischen Welt.