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Kita-Forscherpreis
Früh übt sich

Forschung ist nur was für Erwachsene? Stimmt nicht, beweist der Wettbewerb "Forschergeist", der Forschungsprojekte von Kitas auszeichnet. Über 500 Projekte wurden in diesem Jahr eingereicht. Dabei geht es immer um Alltägliches rund um Naturwissenschaften, Mathematik oder Technik.

Von Verena Kemna | 20.05.2014
    Das weltweit größte komplette Saurierskelett eines Brachiosaurus ist 150 Millionen Jahre alt und die Attraktion im Berliner Naturkundemuseum. Fast immer ist der Saurier, dessen Halswirbelsäule bis unter die Decke reicht, von Kindern umringt. Je früher deren Neugierde und Forscherdrang gefördert wird, desto besser, weiß Generaldirektor Johannes Vogel.
    "Damit sie früh lernen, dass eigentlich jeder forschen kann, dass das nicht etwas ist, was nur Männer in weißen Kitteln mit Bärten machen, sondern, dass das wirklich etwas ist, wozu wir alle fähig sind. Und dass sich hier die Erzieherinnen und Erzieher dafür einsetzen, das ist etwas ganz Tolles."
    An diesem Abend bieten die gigantischen Saurierknochen eine passende Kulisse für die feierliche Preisverleihung "Forschergeist 2014". Es ist Deutschlands größter Kita-Wettbewerb. Aus allen Bundesländern sind Erzieherinnen und Erzieher angereist. Sie erleben täglich, dass schon die Kleinsten in ihrer nächsten Umgebung vieles entdecken und erforschen möchten, etwa den Lebensraum des Apfels oder die Geheimnisse alter Kirchenmauern. Aus dieser Neugierde heraus sind mehr als 500 Projekte entstanden. Dabei geht es immer um Alltägliches rund um Naturwissenschaften, Mathematik oder Technik, gefördert unter anderem von der Stiftung "Haus der kleinen Forscher". Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, CDU, ist Schirmherrin der Initiative:
    "Wir haben mittlerweile 232 lokale Netzwerke und damit erreichen wir über 27.000 Krippen, Kitas, Horte und Grundschulen in allen Bundesländern. Es ist schon jetzt die größte Qualifizierungsinitiative in der frühkindlichen Bildung, die wir in Deutschland haben."
    Forschungsobjekt Dorfkirche
    Als Bundesbildungsministerin möchte sie durchsetzen, dass sich 80 Prozent aller Kindertagesstätten besonders um frühkindliche Bildung im Bereich der Naturwissenschaften bemühen und sich künftig "Haus der kleinen Forscher" nennen dürfen. Die evangelische Kindertagesstätte "Unterm Regenbogen" aus dem niedersächsischen Apen ist bereits ein solches "Haus der kleinen Forscher". Im Kurzfilm ist eine Dorfkirche zu sehen. "Hinter alten Kirchenmauern unterwegs", so heißt der Wettbewerbsbeitrag der Kita aus Apen.
    "Jung und alt gingen gemeinsam auf Entdeckungsreise in die Dorfkirche, dabei fanden sie auch heraus, wie viel Naturwissenschaft sich hinter den alten Mauern verbirgt. Sie maßen die Höhe der Kirche mit einem Gasluftballon und einem Faden und erforschten das räumliche Denken."
    Donnernder Applaus, als Bundesbildungsministerin Johanna Wanka das Projekt als einen von fünf Bundessiegern auszeichnet. Der Lohn sind eine Urkunde und 5.000 Euro Preisgeld. Kita-Leiterin Margrit zur Brügge und ihre beiden Kolleginnen können ihr Glück kaum fassen. Margrit zur Brügge erzählt, wie aus dem Interesse für die Dorfkirche ein Forschungsprojekt wurde.
    "Die Kinder sind jeden Tag mit Maßbändern unterwegs und mit Zeichenheften, haben Inschriften gesammelt, goldene Buchstaben gesucht, sich Wohlfühlorte in der Kirche gesucht, haben den Altar vermessen, Bänke gezählt, Gesangbücher gezählt."
    Ob Mathematik, Physik oder Geschichte, die Kirchenmauern sind für die Kita-Kinder aus Apen ein nachhaltiges Forschungsobjekt.
    Nächstes Projekt: Insektenhotel
    Auch Margus Deckel, der als Erzieher in Berlin-Mitte mit hörgeschädigten Kindern arbeitet, hält stolz eine Urkunde in der Hand, die Auszeichnung als einer von zwölf Landessiegern für das Projekt Postkasten. Im Kurzfilm klingt das so:
    "Gemeinsam wurden Briefe an Verwandte im Ausland geschickt und mit Spannung auf Antwort gewartet. Briefmarken und Briefpapier wurden selbst gestaltet und ein Dosentelefon ausprobiert. Außerdem erfuhren die Jungen und Mädchen, wie man auch ohne Sprache miteinander sprechen kann."
    Nach der Auszeichnung ist wieder Alltag in der Kita in Berlin-Mitte. Draußen am Eingang hängt das Schild "Haus der kleinen Forscher", ein Platz für die Urkunde ist noch nicht gefunden. Erzieher Margus Deckel prüft gerade, ob das selbst gebaute Insektenhotel schon bewohnt ist.
    "Das war ein Projekt vor einem Jahr, mit Studenten gebaut, aber in diesem Jahr haben wir noch keine Insekten drin. Das Hotel ist fertig, aber die Insekten sind noch nicht da!"
    Sie werden kommen, beobachtet und erforscht werden. Da ist sich Margus Deckel sicher. Und vielleicht liefert das Insektenhotel wieder einen Beitrag für einen Forscherwettbewerb.