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Kitas im Büro

Eltern, die ohne Weiteres zurück in ihren Job wollen, brauchen eine Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder. Ansonsten droht der Karriereknick. Viele Betriebe habe das Problem erkannt und bieten eigene Kitas an.

Von Stephanie Kowalewski | 01.08.2013
    Zwei Erzieherinnen und zehn Kleinkinder - alle sind jünger als drei Jahre - sitzen eng beieinander im Kreis auf dem Boden. Einer von ihnen ist Vincent, der seit ein paar Monaten zu den "Barminis" geht. Das ist die betriebseigene Kita der Barmenia Versicherung in Wuppertal.

    "Er ist schon Wiederholungstäter. Meine Tochter war auch schon hier."

    Vincents Mutter, Verena Wanner, sieht nur Vorteile darin, dass ihre Kinder im betriebseigenen Kindergarten betreut werden, während sie nur ein paar Meter entfernt arbeitet.

    "Es ist die liebevolle und wertschätzende Betreuung, zum Zweiten die geographische Nähe, die einfach unschlagbar ist, dass, wenn mal was sein sollte, bin ich in einer Minute hier. Die Barminizeiten kann ich flexibel an die Arbeitszeiten anpassen. Wenn es da mal länger dauert, kann ich anrufen und sagen, ich brauch noch ein Stündchen. Das ist natürlich sensationell."

    Doch noch keinesfalls üblich, sagt Tim Seidel, der mit seiner Firma Kita-Cancept seit sieben Jahren Unternehmen bei der Planung und Umsetzung der betriebseigenen Kinderbetreuung berät und begleitet.

    "Es sind noch deutlich zu wenige. Bei den DAX-Konzernen sieht es vielleicht anders aus. 80 Prozent der großen Konzerne haben sowas, aber gerade bei den ganzen Unternehmen im Mittelstand, ich sag mal so zwischen 500 und 2000 Mitarbeitern, da ist noch Aufholbedarf."

    Aber man sei auf dem richtigen Weg, betont er. Das deckt sich mit den Zahlen des Statischen Bundesamtes. 2006 wurden hier 307 Betriebskitas gezählt. Im vergangenen Jahr waren es immerhin schon 586 Einrichtungen, in denen fast 26.500 Kinder betreut wurden. Doch den Bedarf deckt das bei Weitem nicht, sagt Tim Seidel, der Firmen in mehreren Bundesländern berät. Dabei müssen die Unternehmen ihre Kitas gar nicht komplett aus eigener Tasche finanzieren. Die Bundesregierung fördert einen Konzernkitaplatz mit 400 Euro pro Monat und es gibt spezielle Förderprogramme in den einzelnen Bundesländern, die aber sehr unterschiedlich sind. Dabei gilt: Je besser die Förderung, desto mehr Betriebskitas gibt es.

    "NRW holt gerade ziemlich auf, aber bundesweit ganz vorne sind wir leider nicht. Hessen und Baden-Würtemberg, die sind sehr weit in den alten Bundesländern und generell ist in den neuen Bundesländern die Versorgung vielleicht sogar noch am besten."

    Und das Engagement der Firmen lohnt sich. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums ist für 91 Prozent der befragten Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf genauso wichtig wie das Gehalt. Ulrike Rüß, die bei der Barmenia Referentin für Beruf und Familie ist, kann das bestätigen.

    "Das sind Dinge, die in den Bewerbungsgesprächen auch immer wieder nachgefragt werden. Ich sehe da schon einen großen Vorteil für die Barmenia."

    Das scheint sich rumzusprechen, beobachtet Kita-Berater Tim Seidel.

    "Der Konkurrenzdruck steigt natürlich auch, wenn man sieht im Umfeld da haben zwei, drei sowas oder beschäftigen sich damit, dann steigt auch gerade im Kampf um die besten Fachkräfte die Idee in die Köpfe."

    Denn angesichts des wachsenden Fachkräftemangels kann die betriebliche Kinderbetreuung samt längeren Öffnungszeiten und einer oft sehr guten Ausstattung das entscheidende Argument für eine Zusage sein, meint Ulrike Rüß. Außerdem seien die Mitarbeiter meist enstpannter.

    Weil sie ihre Kinder gut versorgt wissen. Das steigere die Zufriedenheit der Mitarbeiter, binde sie ans Unternehmen und poliert das Image in der Öffentlichkeit.