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Klage abgewiesen

2008 hat Hannover als eine der ersten Städte eine Umweltzone gegen die Feinstaubbelastung eingeführt. Doch der Sinn der Maßnahme bleibt umstritten und beschäftigt weiterhin die Gerichte. Gerade hat das OVG Lüneburg die Hannoveraner Umweltzone bestätigt.

Susanne Schrammar im Gespräch mit Jule Reimer | 13.05.2011
    Jule Reimer: Feinstaub gefährdet ernsthaft die Gesundheit. Deshalb schreibt die Europäische Union ihren Mitgliedsstaaten vor, die Feinstaubbelastung in den Städten abzusenken. Auch sollten Fahrer von Dieselautos in diese Partikelfilter einbauen. Von diesen Filtern hängt auch ab, wer in die in vielen Städten eingerichteten Umweltzonen darf. Mit roten, gelben oder grünen Plaketten ist dann geregelt, welche Autos mit welchen Abgasstandards in den Innenstädten fahren können. Besonders viel Gezerre gab es um die Umweltzone in Hannover, doch gestern hat das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zwei Klagen gegen die Umweltzone in Hannover abgewiesen und den Luftreinhalteplan der Stadt als rechtmäßig bestätigt.

    Frage an unsere Landeskorrespondentin in Niedersachsen, Susanne Schrammar: Wer hat denn da gegen wen geklagt und worum ging es ganz genau?

    Susanne Schrammar: Geklagt haben zwei Hannoveraner Bürger, unterstützt vom ADAC. Das war so eine Art Musterverfahren. Einmal war es die Besitzerin eines 18 Jahre alten Autos, die hatte argumentiert, dass die Umweltzone nicht geeignet sei, Schadstoffe in der Luft zu verringern. Außerdem hat ein Unternehmer geklagt, der fühlte sich benachteiligt, weil ein Großteil seines Fuhrparks rote und gelbe Plaketten hat und deshalb eben nicht mehr in die Umweltzone hineinfahren durfte. Beide waren jetzt vor dem Verwaltungsgericht schon in Hannover gescheitert und sind in die Berufung gegangen vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, und das OVG hat die Hannoversche Umweltzone endgültig für rechtmäßig erklärt und auch eine Revision nicht zugelassen. Das Gericht hält also die Umweltzone für geeignet, erforderlich und angemessen, so hat es gestern argumentiert.

    Reimer: Sagen Sie uns noch mal: Wie wirkt sich so eine Umweltzone auf die Feinstaubentwicklung aus?

    Schrammar: 2008 ist die Umweltzone in der geringsten Stufe eingeführt worden, 2010 gilt die höchste, die grüne Stufe. Aber Fakt ist, dass Hannover eigentlich trotz dieser Umweltzone im vergangenen Jahr in Niedersachsen Spitzenreiter war bei der Feinstaubbelastung. Grenzwerte wurden überschritten an 33 Tagen im Jahr, das ist nur knapp unter der Höchstmarke der EU, die sagt, 35 Tage im Jahr dürfen nur überschritten werden. Noch interessanter ist: Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich die Luftverschmutzung in Hannover sogar drastisch erhöht.

    Reimer: Aber liegt das an Autos? Weiß man, woran das liegt?

    Schrammar: Woran das liegt, das kann man eigentlich nicht so ganz genau erklären. 2009 war es so, dass diese Grenzwerte nur an sieben Tagen überschritten wurden. Aber man kann zumindest sagen, die Umweltzone hat jetzt möglicherweise nicht unbedingt dazu beigetragen, das Ganze zu verringern. Aber 2015 müssen die Grenzwerte für die Stickoxide und Feinstaubbelastung verbindlich eingehalten werden, das sagt die EU, und deshalb hat sich die Stadt Hannover eben auf die Umweltvorgaben der EU berufen, und darum müssen auch alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, selbst wenn die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückliegen, und das hat jetzt auch das Gericht so gesehen.

    Reimer: Was heißt das? Wie geht es jetzt weiter?

    Schrammar: Der Hannoversche Oberbürgermeister Stephan Weil von der SPD, der hält den Streit über die Umweltzone jetzt für erledigt. Aber ob man das Ganze jetzt auch als Präzedenzfall ansehen kann für die anderen Umweltzonen in Deutschland, das ist nicht ganz klar. Das zuständige OVG sagt, es gilt dieses Urteil nur für den Fall Hannover, denn die 50 deutschen Umweltzonen, die es inzwischen gibt, die fußen zum Teil auf sehr unterschiedlichen Regelungen. Allerdings kann man sagen, dass die Zonen in Berlin und in Leipzig ähnlich streng sind wie in Hannover. Zumindest kann man da vielleicht von einer leichten Signalwirkung ausgehen.
    Einer hingegen kann es nicht lassen mit der Kritik, das ist der niedersächsische Umweltminister Sander. Der ist erklärter Gegner der Umweltzone. Da gab es auch im Frühjahr einen Streit zwischen Sander und der Stadt Hannover. Da gab es auch so eine Art Burgfrieden, die Stadt Hannover hatte sich bereit erklärt zu prüfen, ob denn vielleicht auch eine grüne Welle zur Senkung der Feinstaubbelastung ausgebaut werden könnte, und darauf drängt Sander auch jetzt nach dem Urteil noch immer.

    Reimer: Ganz kurz: Wie ist die Stimmung unter der Bevölkerung?

    Schrammar: Ich habe den Eindruck, dass sich die meisten Hannoveraner tatsächlich an die Umweltzone gewöhnt haben. Vor drei Jahren, als es los ging, da gab es sehr viele Diskussionen, aber inzwischen hat sich das eigentlich mehr oder weniger erledigt.

    Reimer: Die Umweltzone der Stadt Hannover ist rechtens. Informationen von Susanne Schrammar.