Vernet: Guten Tag.
Meurer: Was glaubt man denn in Frankreich, wie der Zeitplan in den nächsten Wochen und Monaten in Sachen Irak sein wird?
Vernet: Ich muss zugeben, dass in Frankreich niemand mehr weiß als in Deutschland oder anderswo und vielleicht nicht viel mehr als in den Vereinigten Staaten. Und ich glaube, dass die offizielle Haltung der französischen Regierung, des französischen Präsidenten noch immer ist, dass der Krieg vermieden werden kann und darauf arbeitet die französische Regierung noch zu.
Meurer: Ist es auch ein Ziel von Paris, erst einmal Zeit zu gewinnen?
Vernet: Sicher, aber man geht auch davon aus, dass die Inspektoren ihre Arbeit beenden müssen, um eine klare Sicht der Situation, der Lage im Irak zu haben und erst danach könnte man eine Entscheidung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen treffen.
Meurer: Nun ist ja Frankreich der Meinung, dass es unbedingt einer zweiten Resolution im Sicherheitsrat bedarf.
Vernet: Frankreich ist für eine zweite Resolution, das ist auch die Interpretation, die Frankreich von der Resolution 1441 gibt und die französische Regierung und der französische Präsident haben immer gesagt, dass der Sicherheitsrat über Krieg oder Frieden entscheiden muss.
Meurer: Nun hat der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen davon gesprochen, eine zweite Resolution sei nicht erforderlich, dann wurde er von Bundeskanzler Schröder dafür zurückgepfiffen. Ist man in Paris sicher, dass Berlin in dieser Frage mit Paris übereinstimmt?
Vernet: Ich glaube schon und ich glaube auch, dass die Bundesregierung ein Interesse hat, mit Frankreich in dieser Sache zusammenzuarbeiten, weil sonst die Bundesrepublik Deutschland sozusagen isoliert sein könnte mit ihrer Haltung seit dem Wahlkampf, wo der Bundeskanzler ganz klar nein zu einem Krieg im Irak gesagt hat. Ich glaube, das Interesse Deutschlands ist eine enge Zusammenarbeit, enge Abstimmung mit Frankreich über den Irak.
Meurer: Herr Vernet, können Sie sich vorstellen, dass im Fall der Fälle die Bundesregierung einer Resolution nicht zustimmen wird, die die USA zum Krieg ermächtigen würde?
Vernet: Ja, das kann ich mir vorstellen, aber es wäre sehr peinlich und ein großer Misserfolg der gemeinsamen europäischen Außenpolitik, wenn Deutschland alleine gegen eine solche Resolution stimmen würde. Ich glaube, dass die Europäer eine gemeinsame Linie definieren müssen, sonst wäre es ein Rückschlag für die europäische Integration und deren weitere Entwicklung und besonders für eine günstige gemeinsame Außenpolitik.
Meurer: Normalerweise sind es ja die Deutschen, die besonders, sagen wir mal amerikafreundlich, sind. Wie sehr hat das in Paris überrascht, dass die Bundesregierung und der Bundeskanzler so deutlich einen Kurs gefahren hat: auf keinen Fall eine Kriegsbeteiligung im Irak.
Vernet: Einigermaßen ja, Sie haben recht, Frankreich war immer kritischer gegenüber den Vereinigten Staaten im Vergleich zu Deutschland, aber vielleicht ist das erste Mal in der jüngsten Geschichte Paris näher bei Washington als Berlin und Paris könnte in diesem Sinne eine Vermittlerrolle spielen.
Meurer: Glauben Sie, dass das nur mit dem Wahlkampf letztes Jahr in Deutschland zu tun hatte oder glauben Sie, dass es eine grundsätzliche Trendwende in der deutschen Außenpolitik ist?
Vernet: Ich würde sagen, ich glaube, dass es mit dem Wahlkampf verknüpft ist, aber es könnte langfristige Konsequenzen auch für die Politik Deutschlands haben und ich glaube, dass man diesen Sichtpunkt sehr genau berücksichtigen sollte.
Meurer: Ist es insgesamt doch ein Prozess, der in Frankreich wohlwollend betrachtet wird?
Vernet: Das könnte sein, wenn sozusagen die Bundesrepublik Deutschland sich eigentlich von den Vereinigten Staaten emanzipiert. Das könnte zugunsten einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik sein.
Meurer: Vielleicht noch die ein oder andere Frage zur französischen Haltung, Herr Vernet. Ist Paris bereit, notfalls an einem Angriff gegen den Irak teilzunehmen?
Vernet: Die Antwort lautet: Ja, wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Resolution gebilligt hat für eine Intervention gegen den Irak, wenn Saddam Hussein also einem offenen Bruch der Regelungen und Prinzipien gemacht hat.
Meurer: Also: Voraussetzung sind klare Beweise gegen Saddam Hussein?
Vernet: Klare Beweise und eine Entscheidung des Sicherheitsrates sind die Voraussetzungen für eine französische Beteiligung.
Meurer: Das war Daniel Vernet, Deutschlandexperte der Tageszeitung Le Monde. Herr Vernet, ich bedanke mich herzlich für das Gespräch und auf Wiederhören.
Vernet: Wiederhören.
Meurer: Was glaubt man denn in Frankreich, wie der Zeitplan in den nächsten Wochen und Monaten in Sachen Irak sein wird?
Vernet: Ich muss zugeben, dass in Frankreich niemand mehr weiß als in Deutschland oder anderswo und vielleicht nicht viel mehr als in den Vereinigten Staaten. Und ich glaube, dass die offizielle Haltung der französischen Regierung, des französischen Präsidenten noch immer ist, dass der Krieg vermieden werden kann und darauf arbeitet die französische Regierung noch zu.
Meurer: Ist es auch ein Ziel von Paris, erst einmal Zeit zu gewinnen?
Vernet: Sicher, aber man geht auch davon aus, dass die Inspektoren ihre Arbeit beenden müssen, um eine klare Sicht der Situation, der Lage im Irak zu haben und erst danach könnte man eine Entscheidung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen treffen.
Meurer: Nun ist ja Frankreich der Meinung, dass es unbedingt einer zweiten Resolution im Sicherheitsrat bedarf.
Vernet: Frankreich ist für eine zweite Resolution, das ist auch die Interpretation, die Frankreich von der Resolution 1441 gibt und die französische Regierung und der französische Präsident haben immer gesagt, dass der Sicherheitsrat über Krieg oder Frieden entscheiden muss.
Meurer: Nun hat der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen davon gesprochen, eine zweite Resolution sei nicht erforderlich, dann wurde er von Bundeskanzler Schröder dafür zurückgepfiffen. Ist man in Paris sicher, dass Berlin in dieser Frage mit Paris übereinstimmt?
Vernet: Ich glaube schon und ich glaube auch, dass die Bundesregierung ein Interesse hat, mit Frankreich in dieser Sache zusammenzuarbeiten, weil sonst die Bundesrepublik Deutschland sozusagen isoliert sein könnte mit ihrer Haltung seit dem Wahlkampf, wo der Bundeskanzler ganz klar nein zu einem Krieg im Irak gesagt hat. Ich glaube, das Interesse Deutschlands ist eine enge Zusammenarbeit, enge Abstimmung mit Frankreich über den Irak.
Meurer: Herr Vernet, können Sie sich vorstellen, dass im Fall der Fälle die Bundesregierung einer Resolution nicht zustimmen wird, die die USA zum Krieg ermächtigen würde?
Vernet: Ja, das kann ich mir vorstellen, aber es wäre sehr peinlich und ein großer Misserfolg der gemeinsamen europäischen Außenpolitik, wenn Deutschland alleine gegen eine solche Resolution stimmen würde. Ich glaube, dass die Europäer eine gemeinsame Linie definieren müssen, sonst wäre es ein Rückschlag für die europäische Integration und deren weitere Entwicklung und besonders für eine günstige gemeinsame Außenpolitik.
Meurer: Normalerweise sind es ja die Deutschen, die besonders, sagen wir mal amerikafreundlich, sind. Wie sehr hat das in Paris überrascht, dass die Bundesregierung und der Bundeskanzler so deutlich einen Kurs gefahren hat: auf keinen Fall eine Kriegsbeteiligung im Irak.
Vernet: Einigermaßen ja, Sie haben recht, Frankreich war immer kritischer gegenüber den Vereinigten Staaten im Vergleich zu Deutschland, aber vielleicht ist das erste Mal in der jüngsten Geschichte Paris näher bei Washington als Berlin und Paris könnte in diesem Sinne eine Vermittlerrolle spielen.
Meurer: Glauben Sie, dass das nur mit dem Wahlkampf letztes Jahr in Deutschland zu tun hatte oder glauben Sie, dass es eine grundsätzliche Trendwende in der deutschen Außenpolitik ist?
Vernet: Ich würde sagen, ich glaube, dass es mit dem Wahlkampf verknüpft ist, aber es könnte langfristige Konsequenzen auch für die Politik Deutschlands haben und ich glaube, dass man diesen Sichtpunkt sehr genau berücksichtigen sollte.
Meurer: Ist es insgesamt doch ein Prozess, der in Frankreich wohlwollend betrachtet wird?
Vernet: Das könnte sein, wenn sozusagen die Bundesrepublik Deutschland sich eigentlich von den Vereinigten Staaten emanzipiert. Das könnte zugunsten einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik sein.
Meurer: Vielleicht noch die ein oder andere Frage zur französischen Haltung, Herr Vernet. Ist Paris bereit, notfalls an einem Angriff gegen den Irak teilzunehmen?
Vernet: Die Antwort lautet: Ja, wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Resolution gebilligt hat für eine Intervention gegen den Irak, wenn Saddam Hussein also einem offenen Bruch der Regelungen und Prinzipien gemacht hat.
Meurer: Also: Voraussetzung sind klare Beweise gegen Saddam Hussein?
Vernet: Klare Beweise und eine Entscheidung des Sicherheitsrates sind die Voraussetzungen für eine französische Beteiligung.
Meurer: Das war Daniel Vernet, Deutschlandexperte der Tageszeitung Le Monde. Herr Vernet, ich bedanke mich herzlich für das Gespräch und auf Wiederhören.
Vernet: Wiederhören.
